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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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einen Kaffee?«
    »Nein, danke.«
    »Dann Tee, vielleicht?« Kim hielt zwei Beutel hoch. »Orange Pekoe? Jasmin?«
    »Danke, ich brauche nichts.«
    Sie legte die Beutel auf die Arbeitsplatte. »Dabei fällt mir ein – warst du nicht mit Finian Shaw zusammen, dem Typ mit dem berühmten Garten, Broomfield oder …«

    »Brookfield. Ich habe vor ein paar Monaten mit ihm Schluss gemacht. Zu der Zeit, als mein Vater starb.«
    »Gibt es seitdem jemanden in deinem Leben?«
    »Na ja, gewissermaßen … Ich habe etwa zur selben Zeit diesen Südafrikaner kennengelernt. Peter ist Pathologe, er sollte der Polizei bei der Aufklärung eines vermeintlichen Ritualmords helfen. Wir haben uns nur über einige Tage hinweg gesehen, es war also keine Zeit, eine intime Beziehung zu entwickeln. Aber wir sind in Kontakt geblieben.«
    »In Kontakt geblieben? Das klingt nach Brieffreundschaft.«
    »Manchmal fühlt es sich auch so an.«
    »Du hast ihn nicht besucht?«
    »Noch nicht.«
    »Noch nicht«, flüsterte sie für sich und sah aus dem Fenster. Nachdem sie eine Weile über etwas nachgedacht hatte, kam sie wieder an den Tisch. Die Katze beschloss, dass es Zeit war zu gehen, und sprang auf den Boden.
    Kim beugte sich vor und schloss beide Hände um meine Hand. »Jamie und ich haben die Gründung einer Familie immer vor uns hergeschoben. Noch nicht, sagten wir, als wir Anfang dreißig waren, noch nicht. Und dann … war Jamie tot.« Sie holte tief Luft, um sich zu sammeln, und drückte gleichzeitig meine Hand. »Ich hatte nicht Kinder haben wollen, nur damit ich sie hatte. Ich hatte sie mit ihm haben wollen.« Sie sah mich durch ihre Tränen durchdringend an. »Aber jetzt ist es zu spät. Der Punkt ist, Illaun, wir leben oft, als würden wir nur für das echte Leben üben. Aber das Leben ist nicht etwas, das nächste Woche anfängt, es spielt sich jetzt ab, in jeder Minute, die wir auf der Welt sind. Lass nicht zu, dass ›Noch nicht‹ zu deiner Grabinschrift wird.«
    Sie ließ meine Hand los und rieb heftig mit den Handflächen um ihre Augen herum. Dann schluchzte sie kurz und
sagte lächelnd: »Du bist früher getaucht, als wir noch auf dem College waren. Warst du schon beim Tauchen, seit du hier bist?«
    »Nein«, sagte ich mit Nachdruck. »Ich tauche nicht mehr. Hey – ich würde gern etwas von deinen Arbeiten sehen.« Ich verstand es ebenfalls, das Thema zu wechseln.
    In ihrem Atelier auf der andern Seite des Hofs – einem umgewandelten Schuppen, in dem früher Torf gelagert wurde – zeigte mir Kim eine Auswahl an Briefbeschwerern und erklärte mir, wie sie hergestellt wurden. Ehe ich ging, bat ich sie, einen als Geschenk für meine Freundin Fran anzufertigen, und sie machte sich Notizen, während wir den Entwurf besprachen.
    Danach unternahmen wir eine kleine Wanderung auf einer Landstraße in der Nähe, pflückten unterwegs Brombeeren und saßen dann fast eine Stunde lang auf einer niedrigen Mauer, um Brachvögel und Austernfischer zu beobachten, die in einem bei Ebbe trockenen Wasserlauf herumstocherten.
    »Ich verstehe, wieso es dir hier gefällt«, sagte ich. Nicht ein einziges Fahrzeug war auf der Straße vorbeigekommen, während wir auf der Mauer saßen. Es wehte kaum eine Brise, und man hörte nichts als die Rufe der Stelzvögel.
    »Es kann manchmal etwas einsam sein«, sagte sie und blickte in die Ferne. »Besonders im Winter. In den langen, dunklen Nächten wird einem die Entfernung zwischen dir und dem nächsten Haus bewusster.«
    »Machst du dir gelegentlich um deine persönliche Sicherheit Sorgen?«
    Sie lachte. »Nur wenn ich befürchte, dass der Wind das Haus flachlegt. Man fühlt sich hier in der Gegend nicht persönlich bedroht. Es sei denn … Na ja, eine junge Frau, die ich kannte, ist vor ein paar Jahren verschwunden. Es hieß, sie habe Selbstmord begangen, aber …« Sie schien kurz zu erschaudern. »Ich
war mir da nicht so sicher.« Sie glitt von der Mauer. »Lass uns über Carrigaholt zurückgehen. Vielleicht kehren wir im Long Dock noch auf einen Drink ein.«
    »Wunderbar«, sagte ich. »Ich habe keine Eile.«

    Ich sah Mahon aus der Polizeistation kommen. Der Regen hatte aufgehört, und nach Westen hin klarte der Himmel auf.
    »Herrgott im Himmel«, fluchte er und ließ sich schwer in den Sitz fallen. »Von wegen kurz reinschauen und weiterfahren. Ich dachte, ich komme da nie mehr raus. Ich hätte Sie zuerst zu Ihrem Hotel fahren lassen sollen.« Das Ocean Cove war nur drei Minuten zu Fuß

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