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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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sie so betrachten, dann ist es wirklich eine entsetzliche und beunruhigende Geschichte. Aber es gab andere, die sich nicht so sicher waren, ob Mr. Claringbull völlig bei Verstand war.« Er beugte sich zu mir herüber und flüsterte: »Wenn Sie die Aufzeichnungen des Küsters lesen und wenn Sie die Begabung haben, zwischen den Zeilen zu lesen, dann könnte man sehr wohl zu dem Schluss kommen, dass Mr. Claringbull gar nicht von Mr. Billings'jungem weiblichen Schützling abgestoßen wurde, sondern sich vielmehr so sehr zu ihr hingezogen fühlte, dass seine heftige körperliche Reaktion durch seine eigenen Scham-und Schuldgefühle ausgelöst wurde. Mr. Claringbull war verheiratet, aber nach allen Berichten über seine Frau zu urteilen, litt sie ewig unter Rückenschmerzen. Das führte zwangsläufig dazu, dass Mr. Claringbull weit weniger ... ähem, eheliche Gefälligkeiten erhielt, als er sich gewünscht hätte.«
    Danny drehte sich plötzlich um und lächelte ihn freundlich an. Dennis Pickering war peinlich berührt und lief rot an, während er das Lächeln erwiderte.
    »Schon gut«, beschwichtigte ich. »Sie müssen nicht in Rätseln sprechen. Danny weiß bereits alles über das Paarungsverhalten von Amöben, Seegurken und Wüstenrennmäusen. Glauben Sie mir, das, was erwachsene Menschen machen, wird ihn nicht wirklich verderben. Wahrscheinlich würde es ihn nicht mal interessieren.«
    »Ja, ich glaube, Sie haben Recht«, stimmte Pickering mir zu und lehnte sich zurück. »Nehmen Sie Schnupftabak?«
    »Noch nie probiert.«
    »Gut, das sollten Sie auch nicht.«
    Er holte eine kleine Schnupftabaksdose hervor und begann - von Danny völlig fasziniert beobachtet - mit jedem Nasenloch ein wenig Pulver zu inhalieren und anschließend zu niesen. Dann saß er da, während seine Augen zu tränen begannen.
    Während er einen erneuten Niesreiz zu unterdrücken versuchte, sagte ich: »Mrs. Kemble vom Strandcafé hat mir gesagt, dass der alte Mr. Billings schließlich getötet wurde.«
    »Oh, Mrs. Kemble! Sie hat am Fortyfoot House einen Narren gefressen. Warum, weiß ich allerdings nicht. Einmal bat sie mich, das Gartentor zu segnen, erklärte mir aber nicht den Grund dafür. Sonderbare Frau. Ihr Mann war eine Art Kriegsheld, er fiel in Dieppe. Sie betreibt ein ziemlich gutes Café.«
    »Sie wissen nicht, wie der alte Mr. Billings starb?«
    Pickering schnäuzte seine Nase in drei Tonlagen und hörte sich dabei an wie die Hupe eines Maserati. »So wie bei allem, was Fortyfoot House angeht, gibt es viele verschiedene Geschichten. Ich glaube, die am weitesten verbreitete besagt, dass der alte Mr. Billings von einem Blitz getroffen wurde. Das ereignete sich aber erst lange nach der Fertigstellung des Waisenhauses, zu einer Zeit, als sein Sohn ihm bereits half. Das nächste Mal tauchte der Name Billings in den Aufzeichnungen der Pfarrei auf, als der junge Mr. Billings Mr. Claringbull bat, ihn mit dieser jungen Frau zu vermählen. Das war auch das erste Mal, dass ihr Name irgendwo Erwäh-nung fand: Kezia Mason. Mr. Claringbull musste einen langen Brief schreiben, um der Diözese zu erklären, dass Kezia Masons gottloses Verhalten eine kirchliche Trauung zu einem Ding der Unmöglichkeit machte. Daneben gab es Gerüchte im Dorf, der junge Mr. Billings sei selbst in irgendeinen gottlosen Geheimbund verwickelt und die Kapelle im Fortyfoot House werde für Tieropfer und schwarze Messen benutzt. Diese Gerüchte wurden ohne Zweifel durch die merkwürdigen Gestalten geschürt, die sich im Fortyfoot House aufhielten, nachdem der junge Mr. Billings die Leitung übernommen hatte. »Gesuchte Mörder und zweifelhafte Charaktere<, hatte Mr. Claringbull sie genannt.«
    Pickering warf Danny einen kurzen Blick zu. »Mr. Claringbull behauptete in seinem Brief, der junge Mr. Billings verfüge über magische Kräfte. Einmal soll er ihn klar und deutlich an einem Fenster des Fortyfoot House gesehen haben, und keine halbe Minute später habe er auf dem Weg hinunter zur Küste vor ihm gestanden. Dieser Brief an den Bischof besiegelte Mr. Claringbulls Schicksal. Verständlicherweise glaubte man, er sei verrückt geworden. Er wurde als Vikar von St. Michael's abberufen - zunächst wurde er zwangsbeurlaubt und dann nach Parkhurst als Assistent des Gefängnisgeistlichen versetzt. Nach nur einem Jahr wurde er von einem Gefangenen erstochen, der sagte, er sei der Teufel, dessen Augen in der Dunkelheit rot glühten.«
    »Mein Gott«, sagte ich wieder.
    »Ja ... Es

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