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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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gesehen haben?«
    Danny stand am Fenster und streichelte die Katze. »Ich bin nicht sicher, was ich gesehen habe«, antwortete ich dem Vikar. »Mit im Haus lebt zurzeit eine junge Frau. Sie hat sich fast einreden können, dass es Hausbesetzer sind, die sich auf dem Dachboden verstecken und die versuchen, uns Angst einzujagen.«
    »Aber Sie glauben das nicht«, sagte der Vikar und strich sein weniges Haar zurück.
    »Ich muss sagen, dass es mir schwer fällt, das zu glauben.«
    »Sie haben Stimmen gehört? Sie haben grelle, unerklärliche Lichter gesehen?«
    »Mehr noch. Ich habe etwas gesehen, das wie eine Ratte aussieht, aber keine Ratte ist. Und ich habe ein Mädchen in einem Nachthemd gesehen, das den Eindruck machte, als sei es tot. Und ich habe jemanden gesehen, der Billings sein könnte; ich bin sogar sicher, dass er es ist. Das Problem ist, das alles wirkt wie eine Halluzination. Es ist immer im gleichen Augenblick wieder vorbei, und ich bin mir nie sicher, ob ich wirklich etwas gesehen oder gehört habe oder ob ich ...«
    »... verrückt werde«, führte der Vikar den Satz für mich zu Ende.
    »Ja. Ich meine, mein Sohn hat Billings ebenfalls gesehen. Und auch das Mädchen mit dem Nachthemd. Liz ebenfalls. Aber ... ich weiß nicht...«
    »Glauben Sie, dass Sie alle die gleichen Halluzinationen haben könnten? Eine Art kollektive Wahnvorstellung?«, fragte der Vikar.
    »Ich schätze schon. Ich kenne mich nicht sehr gut mit übernatürlichen Dingen aus oder mit dem Leben nach dem Tod.«
    »Tja, so geht es uns allen«, räumte der Vikar ein. »Ach, übrigens, ich heiße Dennis Pickering, aber nennen Sie mich bitte Dennis. Das macht jeder hier. Möchten Sie einen Tee? Meine Frau macht einen schrecklich guten Kümmelkuchen. Und Ihr Sohn ... möchte er vielleicht einen Orangensaft?«
    Danny rümpfte die Nase. Für einen Jungen, der mit Pepsi Light und Lucozade Sport groß geworden war, hatte die Vorstellung eines lauwarmen Orangensafts etwas äußerst Unappetitliches.
    »Vielleicht möchtest du lieber einen Joghurt?«, schlug Dennis Pickering vor.
    Dannys Gesichtsausdruck wechselte von leicht angewidert zu etwas, das an den Glöckner von Notre Dame erinnerte.
    »Er hat gerade gegessen«, erklärte ich.
    Pickering räumte einen Stapel Papiere und Bücher zur Seite, und wir nahmen Knie an Knie auf dem Rand des verstaubten braunen Ledersofas Platz.
    »Da ist noch etwas«, sagte ich ihm. »Etwas, das nur ich gesehen habe und das mich an der Theorie der Massenhysterie zweifeln lässt. Letzte Nacht so gegen zwei Uhr sah ich etwas in einer Ecke an der Decke in meinem Schlafzimmer. Es war zuerst nur ein verschwommenes Licht, aber dann veränderte es sich langsam zu einer Ordensschwester oder einer Nonne. Es war nicht richtig klar zu sehen. Es hat mich zu Tode erschreckt, um ehrlich zu sein. Ich schrie dieses ... dieses Etwas an, und dann verschwand es.«
    Pickering nickte nachdenklich. Er legte seine knochigen Hände aneinander, als wolle er beten. Und lange Zeit sagte er gar nichts.
    »Sie glauben mir doch, oder?«, fragte ich und lachte nervös. Mit einem Mal kam mir der Gedanke, dass er mir womöglich nicht glaubte und nur überlegte, ob er die Polizei oder die nächste Klapsmühle anrufen sollte.
    »Guter Mann!« Er schlug seine Hand auf mein Knie, zog sie dann aber schnell zurück, als er erkannte, dass seine Geste falsch ausgelegt werden könnte. »Ja ... ja, ich glaube Ihnen. Alle meine Vorgänger wussten davon, dass es im Fortyfoot House etwas gibt, was man als »spirituelle Unregelmäßigkeiten bezeichnen könnte. Ich habe lediglich überlegt, was ich Ihnen raten kann und was ich eigentlich tun kann.«
    »Gibt es überhaupt irgendetwas, was Sie tun können? Könnte man Fortyfoot House beschwören? Oder können all diese Geister ruhig gestellt werden? In den Filmen geht so was immer.«
    Pickering seufzte und sagte: »Ja, in den Filmen geht das immer. Aber das hier ist die Wirklichkeit, Mr. Williams. Die Rastlosen und die, die tot sein sollten, sind in der Realität nicht so einfach zu besänftigen wie in der Fantasie.«
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, was diese Störungen verursacht?«, fragte ich ihn.
    Er schüttelte fast bedauernd seinen Kopf. »Ich kenne die Geschichte des Fortyfoot House sehr gut. Und ich habe auch Lichter gesehen und Geräusche gehört, die man übernatürlichen Einflüssen zuschreiben könnte. Aber was sie genau sind und was sie wollen ... tja, da habe ich absolut keine Vorstellung.

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