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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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umschlang ihn mit aller Kraft und drückte ihr Gesicht in seinen weichen Gambeson. Der dick gepolsterte Waffenrock roch nach Schweiß und vergossenem Met. Er roch nach einem Menschen! Es war gut, nicht mehr allein mit den Albenkindern zu sein.
    Die Flöte, die unter ihrem Hemd verborgen war, piekste Gishild in die Brust. Und die Prinzessin erinnerte sich mit Schrecken, was man sich noch über die Elfen erzählte. Man sollte auch keine Geschenke von ihnen annehmen. Auch das brachte Menschen nur Unglück.

DIE HONIGKAMMER

    Luc erreichte das Seil, das vom Giebelfenster der Honigkammer herabhing. Er umklammerte es mit beiden Händen und zog sich hoch. Dass ihn seine Beine trotz der Schmerzen noch trugen, überraschte ihn.
    Hand über Hand kletterte er am Seil hoch. Statt zu schluchzen, fluchte er jetzt bei jeder Bewegung. Das passte besser zu einem Jungen.
    Endlich zog er sich durch das enge Fenster. Vorsichtshalber holte er das Seil ein. Wölfe sollten zwar nicht an Seilen hochklettern können, aber Luc war sich nicht sicher, ob man von Grauauge erwarten durfte, dass er sich daran hielt, was Wölfe können sollten und was nicht.
    Sein Verfolger hatte es erneut hinauf auf die Remise geschafft. Grauauge hatte sich auf die Hinterbeine niedergelassen und starrte hinauf zum Giebelfenster.
    Luc atmete auf. Er schien gerettet. »Du kannst dir ein anderes Abendessen suchen. Und nimm dich in Acht! Beim nächsten Mal lass ich dich nicht mit einer blutigen Schnauze davonkommen. Ich bin Luc, Sohn des Waffenmeisters Pierre von Lanzac. Und das hier ist das Haus des ehrenwerten Grafen Poul Lannes de Lanzac. Glaubst du, das ist ein Ort, an dem Wölfe Kinder fressen? In diesem Haus herrschen Ruhm und Gerechtigkeit. Komm nur herein, und ich ziehe dir das Fell vom Leib. Die Anderen haben hier keine Macht. Die Lannes de Lanzac sind seit Generationen Ritter der Kirche. Das hier ist heiliger Boden. Er wird dir die Pfoten verbrennen!«
    Grauauge ließ die Reden ungerührt über sich ergehen. Er hockte auf dem Dach und leckte sich die blutige Schnauze.
Luc lächelte. Blödes Vieh! Sollte er dort hocken bleiben, bis er schwarz wurde!
    Luc blickte wehmütig über das verlassene Dorf. Auf den Lehmstraßen wuchs das Gras. Seit Wochen war kein Fremder mehr hierhergekommen. Selbst die Pilger, die sonst zum Mons Bellesattes reisten, um in den Bergen die verfallene Burg zu besuchen, in der einst der heilige Michel Sarti geboren worden war, blieben aus.
    Im rotgoldenen Licht der letzten Tagesstunde sah Lanzac wunderschön aus. Die einfachen, festen Häuser waren aus Bruchstein errichtet, den man mit gelbem Lehm verputzt hatte. Sie drängten sich an enge Gassen, die einen Hügel hinaufkrochen, auf dessen Gipfel das Herrenhaus der Lannes de Lanzac lag. Vom Giebelfenster aus hatte man einen prächtigen Blick über den Flickenteppich aus schiefergrauen und blassroten Dächern bis hinüber zum Fluss. An seinem Ufer lag der weiß getünchte Tempelturm, dessen Bleiglasfenster im Abendlicht in allen Regenbogenfarben schimmerten.
    Jenseits des Flusses erstreckte sich die Hochebene. Es war ein karges, staubiges Land. Nur entlang des Flusslaufs gab es ein paar Felder. Weiter draußen auf der Ebene konnte man bloß Disteln und Steine ernten. Der Heidenkopf war als ein blassblauer Umriss in der Ferne zu erkennen. Der große Hügel lag etwa vier Meilen südlich von Lanzac, und seine gestuften Hänge waren mit unkrautüberwucherten Ruinen bedeckt. Angeblich hausten dort die Anderen. Mutter hatte ihm stets eingeschärft, dass er den Heidenkopf meiden solle. Sein Vater war da weniger streng gewesen. Er hatte gewusst, dass Luc oft mit der Herde dorthin wanderte, wenn er an der Reihe war, die Ziegen des Grafen zu hüten. Die alten Steine hatten Luc nie Angst gemacht. Der Heidenkopf lag nahe der Straße, die nach Norden zum goldenen Aniscans führte.

    Gerne hatte Luc in den Ruinen im verborgenen Rosengarten zu Füßen der nackten, weißen Frau gesessen. Es war ein guter Platz zum Träumen. Und oft fand man dort etwas zu essen, denn einige Bewohner des Dorfes brachten der weißen Frau immer noch Geschenke, obwohl die Priester solchen heidnischen Aberglauben streng bestraften. Es hieß, sie sei einst eine Heilerin gewesen.
    Luc schluckte. In der Nacht, in der seine Mutter mit dem Tod gerungen hatte, hatte er hier aus der Vorratskammer des Grafen einen Topf mit Honig gestohlen und heimlich der weißen Frau gebracht. Geholfen hatte es nicht. Seitdem fragte er sich, ob

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