Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
sehr begabter Zauberer, aber er spürte ihre Macht. Ein falsches Wort …
»Ich bitte dich, Yulivee, erkläre mir, was mit Fenryl ist. Ich verstehe dich nicht.«
Er blickte zu dem Fürsten. Der sah so aus, als sei er friedlich eingeschlummert. Ein erschöpfter Wanderer, der auf einer verborgenen Lichtung eine Rast einlegt.
»Er ist nicht tot«, sagte die Elfe mit rauer Stimme. »Du siehst doch, dass er atmet.«
»Aber wenn ihn nichts mehr mit dem Vogel verbindet … Winterauge muss dann doch tot sein. Und wenn der Vogel stirbt, dann stirbt auch Fenryl mit ihm. Auch wenn sein Körper noch atmet …« Der Fürst suchte nach Worten, die sie nicht verletzen würden. »Dieser Leib ist nur noch ein leeres Gefäß. Du hältst Totenwache …«
»Nein!«
»Dann erklär mir bitte …«
»Er ist einer der großen Helden Albenmarks. Ein Held stirbt nicht so. Nicht auf diese Art … Er kann nicht einfach so gehen. So still. Wie im Schlaf …« Sie schaffte es nicht länger, die Tränen zurückzuhalten. »Das kann nicht sein! Ich weiß
das!« Trotzig ballte sie die Fäuste. »Geh jetzt! Deine Anwesenheit schadet ihm. Ich weiß, er wird bald zurückkehren. Und ich rate dir, halte dich an seine Befehle! Sorge dich lieber um die gefangenen Ritter als um ihn. Ihm geht es gut.«
ZWEI GOTTESGESCHENKE
Hunderte Schmetterlinge tanzten über dem Wasser. Sie mussten auf jedem trockenen Flecken gesessen haben. Verzaubert sah Luc den Tieren zu. Wie ein Sturm aus Farben wogten sie auf und nieder. Sie mieden den breiten Wasserstrahl, der aus dem Maul der steinernen Fratze, die ihn so sehr erschreckt hatte, in die Höhle sprudelte. Das Licht am Grund des kleinen Sees schien sie anzuziehen.
Der Junge hob die Feldflasche auf und beugte sich über den Rand des Fußwegs, um besser ins Wasser sehen zu können. Zwischen den Kieseln lag ein Stein, von dem ein sanftes Licht ausging, das durch die bewegte Wasseroberfläche gebrochen wurde und in hellen Flecken über die Decke der Höhle wirbelte.
Langsam erstarb der Tanz der Schmetterlinge. Sie ließen sich wieder auf den Wänden der Höhle nieder.
Vorsichtig stieg Luc ins Wasser. Es war eisig! Er hielt den Atem an. Seine Füße waren ganz taub. Er biss die Zähne zusammen. Dann ließ er sich ganz ins Wasser gleiten und tauchte zu dem Stein hinab.
Die Kälte war mörderisch, sie schnitt ihm bis ins Mark.
Seine Bewegungen wurden langsamer. Der leuchtende Stein war nur noch eine Handbreit entfernt. Es kostete ihn all seine Willenskraft, mit Armen und Beinen rudernd noch das letzte, kleine Stück tiefer zu tauchen. Dann schlossen sich seine Finger um den Stein. Das Licht verlosch. Dunkelheit brach auf ihn hernieder.
Ein Krampf stach in seine Wade wie ein glühendes Messer. Luc stieß sich vom Boden des Sees ab. Er öffnete die Hand mit dem Stein. Blasses Licht brach zwischen seinen Fingern hervor.
Prustend kam er an die Wasseroberfläche. Schmetterlingsflügel streiften sein Gesicht. Vor Schmerz wimmernd, zog er sich auf das befestigte Ufer zurück. Die Luft war erfüllt vom Schwirren zarter Flügel. Er konnte fast nichts mehr sehen.
Luc tastete nach der Feldflasche. Er füllte sie nur zur Hälfte. Dann begann er zu laufen, verfolgt von den Schmetterlingen. Oder besser gesagt, er hinkte, denn der reißende Schmerz des Krampfes war noch nicht verklungen. Der Verband an seinem Arm hatte sich halb gelöst. Lange Leinenbinden hingen auf den Boden hinab.
Ihm klapperten die Zähne. Die Kälte wollte nicht aus seinen Gliedern weichen. Von den Schmetterlingen geblendet, floh er dem Ende des Tunnels entgegen.
Tastende Beine krochen über seine Lippen. Den schwirrenden Flügeln haftete der Duft von Sommerblüten an. Luc hütete sich, nach den Tieren zu schlagen. Er malte sich aus, dass etwas Schreckliches geschehen würde, wenn er auch nur einen einzigen dieser Schmetterlinge tötete, und sei es aus Versehen.
Deutlich spürte er die unsichtbare Barriere, kurz bevor er ins Freie trat. Dann endlich ließen die bunt geflügelten Blütenheger von ihm ab und verteilten sich im geheimen Garten.
Die Sonne war wie Balsam. Langsam wie ein Eiszapfen im Winterlicht schmolz die Kälte aus seinen Gliedern.
Seine Füße schmatzten bei jedem Schritt in den wassergefüllten Stiefeln. Ein plötzliches Hochgefühl ergriff Luc. Er hatte Lanzac verlassen und sein erstes Abenteuer bestanden. Stolz betrachtete er den Stein. Im hellen Sonnenschein war sein Licht verblasst. Er war von warmer Honigfarbe und ganz
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