Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
war ein scharf umrissener Himmelsfleck inmitten der Dunkelheit. Hinter ihm war niemand. Jedenfalls niemand, den Menschenaugen zu sehen vermochten. Er hätte doch zu der Quelle bei dem verfallenen Brunnen gehen sollen, dachte er reumütig.
Er zögerte, hörte das fließende Wasser ganz deutlich. Es konnte nicht weiter als ein paar Schritt entfernt sein. Geblendet vom Blick in den hellen Himmelsfleck, spähte er den Tunnel hinab und konnte nichts entdecken. Was immer ihn berührt haben mochte, es hatte sich sehr zart und zerbrechlich angefühlt. Es könnte ihm gewiss nichts anhaben. Er sollte sich nicht so anstellen! Vorsichtig ging er weiter.
Nach drei Schritten machte der Gang einen scharfen Knick. Luc trat in eine kleine Höhle, die von einem merkwürdigen Licht erfüllt war. Seine Augen brauchten einige Herzschläge, um sich daran zu gewöhnen. Dann grinste ihn ein Ungeheuer mit weit aufgerissenem Maul an.
Die Feldflasche entglitt ihm und fiel Luc vor die Füße. Auf das klatschende Geräusch hin füllte sich die Höhle mit flatternden Schatten.
DAS DURCHTRENNTE BAND
»Wir können nicht einfach hier sitzen und nichts tun!«
»Ich kann mich nicht erinnern, dir erlaubt zu haben, für mich zu sprechen«, entgegnete die Magierin streitlustig.
Der Elfenfürst wusste, dass sie ihn nicht leiden konnte. Schon als sie einander das erste Mal begegnet waren, hatte er es gewusst. Ganz gleich, wie mächtig und alt sie sein mochte, für ihn war Yulivee nur ein launisches, unreifes Mädchen. Aber gerade deshalb empfahl es sich, freundlich zu ihr zu sein.
»Ich glaube, du hast mich missverstanden …«
»Was ist an wir misszuverstehen, Tiranu? Du erlaubst dir, Entscheidungen für mich zu treffen. Und ich kann dir versichern, dass ich das nicht dulden werde.« Sie setzte das Messer ab, mit dem sie an einer dünnen Weidenrute geschnitzt hatte. »Ich werde hier noch tagelang sitzen, wenn es notwendig ist.«
»Er kommt nicht mehr zurück, Yulivee.«
»Woher willst du das wissen?«
»Er war nie so lange fort. Und du weißt, je länger er mit dem Adlerbussard fliegt, desto schwerer wird es für ihn, sich von ihm zu lösen. Wenn du mich fragst, ist er geflohen. Er ist des Kampfes müde geworden. Er hat aufgegeben.«
»Nein!«
Sie war an der Grenze, die Beherrschung zu verlieren. Tiranu war einen Augenblick lang versucht, sie noch weiter zu provozieren. Aber dann dachte er daran, wie sie die Galeasse zerstört hatte.
»Lass ihn uns mitnehmen«, lenkte er ein.
»Winterauge wird ihn nicht finden können, wenn wir ihn mitnehmen. Fenryl muss hier auf der Lichtung bleiben.«
»Und unsere Truppen? Und all die Gefangenen? Wie soll ich sie versorgen, wenn wir hierbleiben? Es geht nicht, Yulivee. «
»Ach, hast du dich entschieden, die Ritter nicht an Eichen zu nageln?«
»Du hast uns zugehört?«
Die Zauberin blieb ihm eine Antwort schuldig. Stattdessen schnitzte sie wieder an der Weidenrute.
»Ich werde den Rest des Tages damit verbringen, ein verborgenes Grab für König Gunnar zu errichten. Morgen Früh werden wir den See verlassen, Yulivee. Mit oder ohne euch.«
»Was, glaubst du, wird Fürst Ollowain davon halten, wenn du Fenryl im Stich lässt? Soweit ich weiß, sind die beiden seit der Schlacht um Phylangan befreundet.«
»Er wird es verstehen«, entgegnete Tiranu eisig, obwohl er sich dessen nicht sicher war. »Er ist der Kriegsmeister Albenmarks. Er wird wissen, warum ich so handeln musste. Was er nicht verstehen wird, ist dein Verhalten. Du bist eine Zauberin. Suche Fenryl! Da muss es doch ein Band zwischen ihm und dem Vogel geben. Kannst du dem nicht nachspüren und mir sagen, wo er sich befindet?«
Yulivee rutschte mit dem Messer ab und schnitt sich in die Hand. Sie nahm den Finger in den Mund und leckte das Blut ab.
Wie konnte ein tollpatschiges Mädchen nur solche Kräfte besitzen, dachte Tiranu zornig. Wenn er ihre Macht hätte, dann würde dieser Krieg einen ganz anderen Verlauf nehmen!
»Was ist nun? Warum suchst du nicht nach Fenryl?«
»Ich kann es nicht.« Sie sagte das ungewöhnlich kleinlaut.
»Warum?«
»Weil das Band zwischen ihm und Winterauge zerrissen ist. Ich kann ihn nicht finden.«
Tiranu traute seinen Ohren nicht. »Das heißt, er ist tot!«
»Nein!« Yulivee sprang auf. Blut troff ihr von den Fingern. Der Schnitt war tief. »Rede so nie wieder! Hörst du? Nie wieder!«
Drohend streckte sie ihm den blutigen Finger entgegen.
Tiranu wich einen Schritt vor ihr zurück. Er war kein
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