Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
glatt.
»Luc!« Die Ritterin hatte sich in der Mauernische aufgesetzt, ihre Decke zurückgeschlagen und wärmte sich in der Sonne.
Verlegen mied es der Junge, sie anzusehen.
»Was für ein Wunder ist das nun wieder, König des Gartens? «
Luc wusste nicht, wovon sie sprach. Er trat vor sie. Es ließ sich nicht vermeiden, dass er ihre nackten Beine sah. Verlegen hielt er ihr die Wasserflasche hin. »Ich habe dir zu trinken geholt …«
Sie berührte sanft sein Haar, und plötzlich waren überall wieder Schmetterlinge.
»Eine lebende Krone …«, sagte sie ergriffen. »Bist du denn ein Heiliger? Was hast du mit mir getan? Ich sollte tot sein. Ich weiß es … So viele habe ich sterben sehen. Was für ein Kind bist du?«
Sie sprach in ehrfurchtsvoller Scheu.
»Sieh dir meine Wunde an! Wie ist das möglich? Und jetzt die Schmetterlinge.«
Die schwarzen Flecken waren von ihrer Haut verschwunden. Dort, wo er in die Pestbeule geschnitten hatte, war nur noch eine schmale, verschorfte Wunde zu sehen.
Luc fühlte sich unendlich erleichtert. Sie würde bei ihm bleiben. Der Schatten des Todes war von ihr gewichen. Sie
hatten die Pest besiegt. Dankbar blickte er zur Statue der weißen Frau.
»Du warst sehr allein, gestern Nacht«, sagte Michelle feierlich. »Tjured schenkte dir heilende Hände und hat in seiner grenzenlosen Gnade beschlossen, dich zu seinem Werkzeug zu machen. Zu meinem Retter. Mein Leben war verwirkt. Wir nennen die Pest deshalb den Schwarzen Tod, weil niemand überlebt, bei dem die schwarzen Male auf der Haut erscheinen. Du hast ein Wunder gewirkt, Luc. Wie ein Heiliger. «
Einen Herzschlag lang wollte Luc ihr sagen, dass er seine Pistolen der weißen Frau geopfert hatte und er alles andere als ein Heiliger war. Er war ein verdammenswerter Heide! Aber er wollte ihr gefallen, mehr als er je etwas anderes in seinem Leben gewollt hatte. Die Pistolen lagen jetzt gut versteckt in einer Nische hinter dem Sockel des Standbilds. Michelle würde sie nicht finden, solange er ihr das Versteck nicht verriet. Wenn er ihr sagte, zu wem er in der letzten Nacht gebetet hatte, dann müsste sie ihn verstoßen. Sie war eine Ordensritterin. Ihr Leben war dem Kampf gegen das Heidentum geweiht.
»Deine Bescheidenheit lässt dich schweigen«, sagte sie lächelnd. »Ich bin stolz auf dich.«
Das konnte er nicht ertragen. Er wollte so sehr, dass sie ihn mochte. Aber er würde ihre Ehre besudeln, wenn er ihr nicht die Wahrheit sagte.
»Herrin, nenne mich nicht einen Heiligen. Ich habe gestern Nacht zu Tjured gebetet, ja … Aber auch zu der weißen Frau. Und ich habe ihr meine Radschlosspistolen geschenkt, damit sie dich heilt.«
Er wäre am liebsten im Boden versunken. Zugleich war er aber auch glücklich, dass es heraus war. Er duckte sich in
Erwartung dessen, was nun kommen musste. Sie würde ihn davonjagen. Oder Schlimmeres …
Schweigen. Ein dicker Wassertropfen fiel aus seinem Haar auf den gepflasterten Weg. Die Sonne brannte in seinen Nacken. Schließlich hielt er die Ungewissheit nicht mehr aus und blickte zu ihr auf. Sie lächelte noch immer.
»Du musst sehr einsam gewesen sein, letzte Nacht«, sagte sie milde. »Und sehr verzweifelt. Und du bist mutig. Ich kenne nur wenige, die der Versuchung der Lüge widerstanden hätten. Vielleicht bist du kein Heiliger … Aber du bist tapfer und ehrenwert. Tjured wird dir deine Schwäche vergeben. Er hat es schon getan, denn sonst wäre ich nicht genesen. Die Götter der Heiden haben keine Macht, musst du wissen. Über Jahrhunderte haben unsere Priester das immer wieder bewiesen. Gott vergibt dir. Er hat dich mit Schmetterlingen gekrönt. An dir wurde seine Wundermacht offenbar.«
Luc räusperte sich verlegen. Dann erzählte er ihr von der verborgenen Quelle und dem leuchtenden Stein, den er dort gefunden hatte.
Michelle nahm den Stein an sich und betrachtete ihn von allen Seiten.
»Ein Licht in der Dunkelheit«, sagte sie schließlich, »auch darin offenbart sich das Wirken Gottes. Tjured hat dir diesen Stein zum Geschenk gemacht, damit du dich an ihn erinnerst, wenn die Finsternis des Gotteszweifels nach deinem Herzen greift. In allem, was heute geschehen ist, zeigt sich die wundertätige Gnade des einzigen Gottes. Du bist ein Auserwählter, Luc, nur wenigen Menschen zeigt Gott so deutlich seine Gnade. Und nie hörte ich von einem, den er mit einer Schmetterlingskrone schmückte.«
Michelle packte ihn bei den Schultern.
»Sieh dir meine Wunde an! Sie hat sich
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