Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
nicht beruhigen und setzte sich die Flasche erneut an den Hals.
Rammar und Balbok konnten nur vermuten, was sich in der Flasche befand: Menschen und Zwerge haben die eigenartige Angewohnheit, sich mit vergorenen Essenzen aus Pflanzen zu betrinken – Alkohol nennen sie das. Orks hingegen pflegen zu Blutbier zu greifen, wenn sie sich besaufen wollen, und nichts, was der Alkohol hervorruft, ist auch nur annähernd mit einem ausgewachsenen Blutrausch zu vergleichen.
Bei Corwyn hingegen zeigte der Inhalt der Flasche bereits Wirkung. Sein Blick wurde glasig, und allmählich beruhigte er sich. Sein irrsinniges Gelächter verstummte, und Schweigen kehrte ein. Schließlich setzte sich Alannah zu ihm und bedachte ihn mit einem langen prüfenden Blick.
»Alles in Ordnung?«, wollte sie wissen.
»Natürlich«, entgegnete er, die Zunge schwer vom Alkohol. »Ich weiß jetzt, wer Ihr in Wirklichkeit seid. Warum sollte das nicht in Ordnung sein?«
»Verzeiht, dass ich Euch über meine Herkunft im Unklaren gelassen habe. Meinem Befreier gegenüber hätte ich ehrlich sein sollen.«
»Euer Befreier …!« Der Kopfgeldjäger schnaubte verächtlich und nahm noch einen Schluck. »Denkt nicht zu hoch von mir, Elfenpriesterin.«
»Keine Sorge, das …«, begann Alannah, stockte dann aber, legte die Stirn in Falten und fragte: »Woher kennt Ihr das Geheimnis von Shakara? Nur wenige Sterbliche wissen davon.«
Corwyn schnaubte erneut. Wieder wollte er die Pulle ansetzen, doch Alannahs zarte Hand hielt ihn mit sanfter Gewalt davon ab. »Also schön«, knurrte er, »ich werde es Euch erzählen. Ihr habt ein Anrecht darauf, es zu erfahren.«
»Und was ist mit uns?«, rief Rammar dazwischen.
»Ja, was ist mit uns?«, wiederholte Balbok.
»Was soll mit euch sein?«
»Wenn wir dich nicht darauf gebracht hätten, dass die Elfin dich belogen hat, wüsstest du noch immer nicht, wer sie ist«, antwortete Rammar. »Du könntest uns die Fesseln abnehmen und uns einen Platz am Feuer anbieten.«
»Jawohl, einen Platz am Feuer könntest du uns anbieten!«
»Ihr haltet das Maul!«, schnauzte Corwyn barsch. »Am liebsten würde ich euch einen Platz im Feuer anbieten, also seid verdammt noch mal still. Andernfalls werde ich eure Skalpe an diesen Speer dort hängen!«
»Dann kriegst du keine Belohnung mehr für uns«, konterte Rammar. »Lebend sind wir mehr wert als tot, vergiss das nicht.«
»Wer sagt, dass ich euch töten werde, ehe ich euch skalpiere?«, fragte Corwyn mit einem Grinsen, das Rammar ganz und gar nicht gefiel. So beschloss er, dass es besser war zu schweigen und zuzuhören. Der Ork spitzte also die Ohren, denn im Gegensatz zu seinem Geruchssinn funktionierte sein Gehör ganz ausgezeichnet …
»Ihr müsst wissen, ich bin nicht immer Kopfgeldjäger gewesen«, erklärte Corwyn an Alannah gewandt, die ebenfalls aufmerksam zuhörte. »Schon viele Berufe habe ich ausgeübt, die meisten davon mit dem Schwert in der Hand.«
»Ihr wart ein Söldner?«
»Die meiste Zeit über. Meine Klinge gehörte dem, der mich am besten bezahlte, ob Fürst oder Stadt, das war mir gleich. In vielen Kriegen kämpfte ich, bis ich schließlich sie traf.«
»Wen?«
»Marena«, antwortete Corwyn mit zitternder, leiser Stimme. »Ihr Haar war rot wie die untergehende Sonne, und ein Blick ihrer Augen genügte, um einen Mann um den Verstand zu bringen. Bei einer mörderischen Schlacht begegneten wir uns. Wir kämpften für verschiedene Seiten. Im dichten Wald trafen wir aufeinander, fernab vom eigentlichen Kampfgeschehen. Nachdem wir eine Weile miteinander gefochten hatten, wurde uns klar, dass es sinnlose Verschwendung wäre, würde einer von uns fallen. Also haben wir an Ort und Stelle Frieden geschlossen – und wie!« Die Erinnerung zauberte ein lüsternes Grinsen auf Corwyns Züge, das erst verschwand, als er Alannahs tadelnden Blick bemerkte.
»Schon gut«, murmelte er, »ist nicht wichtig. Jedenfalls waren wir von diesem Tag an unzertrennlich. Wir quittierten unsere Dienste als Söldner und verdingten uns fortan als Kopfgeldjäger. Die Lords im Osten bezahlten in jenen Tagen gut für einen Orkskalp, und so hatten wir jede Menge Geld und lebten ohne Sorge – bis wir dem Ork begegneten.«
»Dem Ork? Welchem Ork?«, wollte Alannah wissen, und auch Rammar und Balbok lauschten voller Neugier.
»Er trieb sich allein im Wald herum, und wir fingen ihn. Um seine Haut zu retten, erzählte er uns allerlei wirres Zeug – von einer geheimnisvollen
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