Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
sehr gelegen. Du hattest schon seit geraumer Zeit vor zu fliehen, und wir beide waren für dich nur Mittel zum Zweck. Ist es nicht so?«
»Und wenn?« Alannah lachte silberhell auf. »Mir kommen gleich die Tränen, Ork. Wie schaffen Kreaturen wie du es nur immer wieder, Täter zu sein und sich trotzdem als Opfer zu fühlen?« Sie wandte sich wieder an den Menschen. »Glaubt ihnen kein Wort, Corwyn. Der Dicke ist ebenso verlogen, wie er feige ist, und ich kann nicht … Corwyn?«
Alannah unterbrach sich, als sie sah, wie der Kopfgeldjäger sie anstarrte.
»Was ist?«, wollte sie wissen.
»Tempelwachen?«, fragte Corwyn. »Priesterin? Kann es sein, dass Ihr vergessen habt, mir etwas zu erzählen?«
»Nun, ich …«, stammelte Alannah und verstummte, weil ihr so schnell keine glaubhafte Ausrede einfallen wollte.
»Aha!«, rief Rammar triumphierend. »Sie hat also auch dich getäuscht, Kopfgeldjäger. Betrogen hat sie dich, genau wie uns.«
»Genau wie uns«, echote Balbok zur Bekräftigung.
»Wer seid Ihr?«, wollte Corwyn von der Priesterin wissen.
»Ich bin eine Elfin, und mein Name ist Alannah«, erwiderte sie. »Ich habe Euch nicht belogen.«
»Aber Ihr habt mir auch nicht die ganze Wahrheit gesagt, oder? Ich frage Euch noch einmal: Wer seid Ihr, verdammt? Und warum haben diese Orks Euch entführt?«
»Ich sagte schon, dass ich es nicht weiß. Mit einer Abordnung meines Volkes habe ich die Berge überquert, als wir von Trollen angegriffen wurden. Mir blieb nur die Flucht, und ich irrte tagelang durch die Wildnis, ehe ich diesen beiden Unholden in die Hände fiel. Anstatt mir zu helfen, verschleppten sie mich.«
»Das Weib lügt wie in Stein gemeißelt!« {*} , ereiferte sich Rammar. »Jedes einzelne Wort von ihr ist Lüge!«
»Jedes einzelne Wort«, bekräftigte Balbok.
»Ihr Name ist Alannah«, fuhr Rammar fort, »aber sie ist nicht, was sie zu sein vorgibt, sondern die Hohepriesterin des Elfentempels von Shakara.«
»Von Shakara«, wiederholte Balbok.
»Von dort und von nirgendwo sonst haben mein Bruder und ich sie geraubt!«, rief Rammar. »Das schwöre ich bei Kuruls Flamme!«
»Bei Kuruls Flamme.«
»Schweigt, nichtswürdige Orks!« Alannah lachte spöttisch. »Wem, meint ihr, wird Corwyn wohl Glauben schenken – zwei hergelaufenen Wilden oder einer schönen Frau, die noch dazu Spross eines alten Elfengeschlechts ist?«
Siegesgewiss wandte sie sich zu Corwyn um. Als sie jedoch seinen grimmigen Blick gewahrte, bröckelte das Lächeln auf ihrem bleichen Gesicht.
»W-was?«, fragte sie verunsichert. »Glaubt Ihr diesen grässlichen Kreaturen dort etwa mehr als mir? Habt Ihr vergessen, was ich Euch als Belohnung in Aussicht gestellt habe, wenn Ihr mich wohlbehalten nach Tirgas Dun bringt?«
»Nein«, antwortete Corwyn mit rauer Stimme. »Aber ich frage mich, was Euer Versprechen wert ist, wenn es zu Euren Gepflogenheiten gehört, die Unwahrheit zu sprechen. Also – zum letzten Mal: Wer seid Ihr und woher kommt Ihr?«
Die Elfin hielt seinem prüfenden Blick eine Weile stand. Dann ließ sie resignierend den Kopf sinken, denn sie sah ein, dass es keinen Zweck hatte, ihre Herkunft weiterhin zu leugnen. »Nun gut«, gestand sie leise, »es stimmt: Ich bin – oder besser: war – die Hohepriesterin von Shakara, bis diese beiden mich aus dem Tempel verschleppten.«
»Dann kennt Ihr das Geheimnis der Karte«, sagte Corwyn, und er sagte es so rasch und bestimmt, dass Alannah vor Schreck zusammenzuckte.
»Ihr – Ihr wisst um die Karte von Shakara?«, fragte sie erstaunt.
»Beantwortet meine Frage. Kennt Ihr die Karte – ja oder nein?«
»Nun, äh … ja«, bestätigte Alannah. »Sie ist der Grund, weshalb diese beiden Unholde mich entführt haben. Sie stehen im Dienste irgendeines Scharlatans, der davon träumt, sich alter elfischer Geheimnisse zu bemächtigen, die zu erfassen sein Verstand kaum in der Lage sein dürfte, und ich weiß nicht, ob … Was habt Ihr?«
Corwyn antwortete nicht. Mit undeutbarem Blick starrte er Alannah an, eine endlos scheinende Weile lang – ehe er in schallendes Gelächter ausbrach. Die Elfin und die Orks glaubten, er hätte den Verstand verloren, während er laut und ausdauernd lachte und sich schließlich wieder ans Feuer niederließ.
»Das muss gefeiert werden!«, rief er und griff nach seinem Beutel, kramte eine tönerne Flasche daraus hervor und entkorkte sie mit den Zähnen. Er nahm einige kräftige Schlucke, konnte sich daraufhin aber noch immer
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