Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
ihm auf die Schnelle einfiel, um den verräterischen Schreihals zum Schweigen zu bringen – er warf ihn kurzerhand über die Balustrade. Den gellenden Schrei noch auf den Lippen, stürzte der Elf in die Tiefe. Ein hässliches Klatschen folgte, worauf sein Geschrei die Tonart wechselte und in ein jammerndes Heulen überging. Panik brach unter den Elfen aus, und natürlich blickten die Tempelwachen empor zur Galerie, wo sie die beiden Orks gewahrten.
»Shnorsh!«, rief Rammar – dann stürmten die Wachen auch schon los, auf eine gewundene Treppe zu, die hoch zur Galerie führte.
Zum Nachdenken blieb keine Zeit. Balbok tat weiterhin das, wozu sein Instinkt ihm riet. Er sprang auf die Balustrade und setzte mit einem wagemutigen Hechtsprung hinaus in die Leere.
»Was, bei Kuruls Flamme …?« Rammar, der überzeugt war, dass sein einfältiger Bruder den Verstand verloren hatte, starrte über das Geländer – um verblüfft festzustellen, dass sich Balbok keineswegs vor Panik in den Tod gestürzt hatte. Mit seinen langen Beinen hatte er sich so kraftvoll abgestoßen, dass er den Rand des Kristallleuchters erreicht und zu fassen bekommen hatte. Verbissen klammerte er sich daran fest, während das riesige Gebilde hin- und herschwang. Einige Kristalle lösten sich, fielen in die Tiefe und zersprangen mit hellem Klirren in leuchtende Scherben.
Die Elfinnen schrien entsetzt, die Tempeldiener drohten empört mit den Fäusten. Bogenschützen waren plötzlich zur Stelle und legten auf Balbok an, aber noch ehe sie ihre Pfeile abschießen konnten, ließ der Ork den hin- und herpendelnden Lüster los, und in hohem Bogen flog er durch die Luft. Er überschlug sich dabei, vollführte einen mehr oder weniger eleganten Salto – um schließlich breitbeinig vor dem Thron zu landen, auf dem die entsetzte Elfenpriesterin saß.
Balbok, dem noch ein wenig schwindelig war von seinem waghalsigen Sprung, riss die Axt aus dem Gürtel und schlug damit um sich. Zwei Tempeldiener gingen blutüberströmt nieder, die anderen flüchteten unter panischem Geschrei. Dafür drängten die Tempelwachen mit ihren Schwertern und Schilden heran.
Schon erreichte die erste Tempelwache den Gegner und schlug zu. Balbok ging sofort zum Gegenangriff über. Die Schneide seiner Axt fraß sich in die Brust des Elfen, und das mit derartiger Wucht, dass sie dessen Rüstung mühelos durchdrang. Stöhnend brach der Elfenkrieger zusammen, und Balbok fuhr herum, gerade im rechten Augenblick. Eine gebogene Elfenklinge dürstete nach seinem Blut, und der Schaft der Axt konnte sie gerade noch abblocken, ehe sie ihm die Kehle durchschnitt, um ihren Durst zu stillen.
Balbok fletschte die Zähne und ließ ein wildes Knurren vernehmen, seine Augen rollten in den Höhlen. Er stieß den Angreifer zurück und setzte mit der Axt nach, aber der Hieb prallte wirkungslos am Schild des Tempelwächters ab. Das Gesicht unter der Helmhaube ließ weder Hass noch Abneigung erkennen, nicht einmal einen Hauch von Zorn. Der Elfenkrieger tat nur, was ihm befohlen war, wozu seine Disziplin ihn trieb und sein Kodex ihn verpflichtete.
»Sag mal«, rief Balbok ihm entgegen, »was für ein Volk seid ihr eigentlich? Warum brüllt ihr nicht, wenn es in den Kampf geht? Warum beschimpft ihr eure Gegner nicht?«
»Weil wir keine Barbaren sind, du primitive Kreatur, deshalb«, gab der Elf zurück und machte einen überraschenden Ausfall, dem Balbok blitzschnell begegnete. Indem sich der Ork zu Boden fallen ließ, entging er der Klinge, die knapp über ihn hinwegsengte. Sich herumwerfend, hieb er mit der Axt nach den Schienbeinen des Elfen, und da der Krieger keine Beinschienen trug, durchschnitt das scharfe Axtblatt Fleisch, Sehnen und Knochen. Kreischend fiel der Verstümmelte zu Boden, während Balbok blitzschnell wieder aufsprang.
»Primitive Kreaturen mögen wir sein!«, rief er auf den sich windenden Elfen hinab. »Dafür aber stehen wir mit beiden Beinen fest auf dem Boden!«
Die blutige Axt erhoben, wirbelte er herum, um sich nach neuen Gegnern umzuschauen – aber da war niemand mehr. Die Bogenschützen hatten Rammar unter Beschuss genommen, der sich daraufhin in Sicherheit gebracht hatte, und die Wachen von der anderen Seite der Halle waren noch nicht heran. Nur zwei Armlängen von Balbok entfernt saß die Hohepriesterin auf ihrem steinernen Thron und starrte ihn entsetzt an.
»Wer sagt's denn?«, meinte Balbok und zeigte breit grinsend die gelben Zähne.
Sie erwiderte etwas in
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