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Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks

Titel: Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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die Urheberinnen des Gesangs, der in höchsten Tönen schwelgte und die Gehörgänge der Orks malträtierte.
    Längst hatten Rammar und Balbok mit ihrem Gefangenen Deckung gesucht. Sie spähten durch das Geländer der Balustrade. Dabei waren ihre Gesichter zu leidvollen Grimassen verzogen; Elfengesang konnte einen Ork in den Wahnsinn treiben. Der Gesang schwoll noch an – und durch das Spalier der Steinfiguren schritt eine Frau, deren Gewand noch weißer und strahlender war als das aller anderen Elfen. Eine lange Schleppe hinter sich herziehend, deren hinterer Saum von zwei Tempeldienerinnen getragen wurde, schritt sie würdevoll zum Thron.
    Für einen kurzen Moment konnten die Orks einen Blick auf ihr Gesicht erheischen. In Rammars und Balboks Augen war die Elfin ein abgrundtief hässliches Weib – was bedeutet, dass sie für Elfen und Menschen eine geradezu überirdische Schönheit war. Glattes, fast weißes Haar umrahmte ihre ebenmäßigen Züge, deren hohe Wangen ihr ein edles Aussehen verliehen. Ihre Augen waren schmal wie bei allen Elfen, ihr Blick wach und aufmerksam. Ein selbstsicheres Lächeln spielte um ihren schmalen Mund, das Rammar als Zeichen der Überheblichkeit ihrer Rasse deutete.
    »Ist sie das?«, zischte er dem Tempeldiener zu, und als dieser nur wieder mit einem »Mmh« antwortete, nahm er ihm den Knebel aus dem Mund und wiederholte: »Ist das die Hohepriesterin?«
    »J-ja. Ihr Name ist Alannah.«
    »Ihr Name ist mir völlig schnurz. Mich interessiert nur, was sie im Kopf hat.«
    Begleitet vom schauerlichen Gesang erreichte die Prozession das Ende der Halle. Die Tempeldiener, die dort gewartet hatten, verbeugten sich tief, und die Hohepriesterin nahm auf dem Thron Platz. Natürlich tat sie das nicht einfach so – selbst wenn sie sich nur auf den asar setzten, hatten Elfen dabei ein halbes Dutzend Formalien zu beachten, wie Rammar belustigt feststellte. Endlich endete der Gesang, und die Priesterin begann mit lauter Stimme zu sprechen.
    »Was sagt sie?«, wollte Rammar von dem Gefangenen wissen.
    »Sie spricht die Worte von Farawyn dem Seher.«
    »Nie gehört. Wer ist der Armleuchter?«
    Der Elf wirkte pikiert. »Farawyn der Seher war ein großer Gelehrter und Weiser, der zur Zeit des Zweiten Krieges lebte«, erklärte er. »Von ihm stammt die Weissagung, dass einst ein neuer Herrscher kommen und Erdwelt wieder vereinen wird.«
    »Tatsächlich? Und an so einen shnorsh glaubt ihr?« Rammar ließ ein Knurren hören, das ein belustigtes Kichern sein sollte. »Vielleicht seid ihr Spitzohren ja doch nicht so schlau, wie immer behauptet wird …«
    Er riskierte wieder einen Blick durch das Geländer. Die Priesterin hatte ihre Eröffnungsrede beendet und stimmte nun ihrerseits einen schrillen Gesang an.
    »Aua«, knurrte Rammar. »Was macht das Weib denn jetzt?«
    »Sie singt die erste Strophe der Enyalie. Das ist ein meditativer Gesang, der ihr hilft, sich das Geheimnis von Shakara zu vergegenwärtigen. Während sie singt, ruft sie sich jede Einzelheit der Karte ins Gedächtnis, deren Kenntnis von Generation zu Generation weitergegeben wurde und die zurückgeht auf die Tage Farawyns des Sehers und des Königs vom …«
    Rammar winkte ab. »Schon gut, schon gut …« Elfen hatten seiner Meinung nach die nervende Angewohnheit, viel zu reden und dabei wenig zu sagen – bei Orks war es genau umgekehrt.
    Die Priesterin sang weiter, und aller Augen waren dabei auf sie gerichtet. Selbst die Tempelwachen waren ganz auf das Ritual konzentriert.
    »Jetzt oder nie«, flüsterte Rammar seinem Bruder zu. »Eine günstigere Gelegenheit als diese bekommen wir nicht.«
    »Wie fangen wir es an?«, fragte der Hagere.
    »Wir müssen einen Weg finden, dort hinunterzugelangen. Dann fallen wir in den Tempel ein, erschlagen ein paar Spitzohren, um Verwirrung zu stiften, schnappen uns die Priesterin, erschlagen noch ein paar Spitzohren nur so zum Spaß und hauen ab. Noch ehe die merken, dass wir da sind, sind wir schon wieder verschw…«
    Der Rest von dem, was er sagen wollte, blieb Rammar förmlich im Hals stecken. Denn in diesem Moment erkannte er, dass er einen schweren Fehler begangen hatte: In seiner Aufregung hatte er vergessen, den Gefangenen wieder zu knebeln – und der Elf nutzte die Gunst des Augenblicks und stieß einen gellenden Warnruf aus.
    Die Ereignisse überschlugen sich.
    Während der Gesang der Priesterin jäh abbrach und sich die Tempelwachen alarmiert umblickten, tat Balbok das Einzige, was

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