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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Die Kirchenspaltung dauert bis heute an. Immerhin wurde der wechselseitige Bann von 1054 während des Zweiten Vatikanischen Konzils am 7. Dezember 1965 zeitgleich in Rom und Istanbul in feierlicher Form »aus dem Gedächtnis und aus der Mitte der Kirche getilgt«; es solle »dem Vergessen anheimfallen«.
    Leo IX . hatte den Eklat zwischen seinen Abgesandten und Michael Kerularios nicht mehr erlebt. Im März 1054 war er todkrank aus Benevent zurück nach Rom gereist. Er ließ sich in den Petersdom tragen, wo er am 19. April 1054 am Grab des Apostels Petrus starb. Die Ereignisse in Konstantinopel schadeten seinem Ruf nicht. Der Schutzpatron der Musiker und Organisten wurde schon bald nach seinem Tod als Heiliger verehrt.

TEIL III

KAMPF UM DIE
WELTHERRSCHAFT

Gekreuzte Schwerter
    Dürfen weltliche Herrscher Bischöfe einsetzen? Im Investiturstreit ging es den Päpsten um Roms Autonomie und Würde. Könige dagegen brauchten zur Sicherung ihrer Macht Getreue in geistlichen Ämtern.
    Von Jan Puhl
    Humbert von Silva Candida war Mönch aus Überzeugung. Schon als Kind war er als Oblate dem Kloster Moyenmoutier in den Vogesen beigetreten. Früh hatte er zu schreiben begonnen: Viten der Heiligen, dass der Mensch sich daran ein Beispiel nehme. Eines seiner ersten Werke verspottete das dekadente Leben, das manche seiner Ordensbrüder im 11. Jahrhundert an den Höfen des Adels führten. Die Kirche solle sich fernhalten von weltlichem Hader, von Machtgier und Ehrgeiz. Das war seine Botschaft, und sie traf den Nerv der Zeit.
    Jahre verbrachte er in Rom als Vertrauter mehrerer Päpste, denn seine Schrift »Gegen die Simonisten« hatte ihn zum intellektuellen Wegbereiter des Investiturstreits gemacht. Es ging dabei um die Simonie, die im Mittelalter verbreitete Praxis, kirchliche Ämter zu kaufen oder auch aus Laienhand entgegenzunehmen.
    Der Stab des Bischofs, so heißt es in Humberts Kampfschrift, sei »oben zum Heranziehen und Tadeln hakenförmig gekrümmt, unten aber zum Zurückstoßen und Stechen angespitzt und bewehrt«. Der Ring symbolisiere die himmlischen Geheimnisse, die der Bischof zu verkünden verpflichtet sei. »Wer auch immer irgendjemanden mit diesen beiden Gegenständen in sein Amt einführt, der nimmt zweifellos durch diese Anmaßung die ganze Hirtengewalt für sich in Anspruch.« Humbert folgerte: Das Recht, Bischöfe einzusetzen, die Investitur, gebühre allein dem Papst.
    Nur leider mochten weder die französischen noch die englischen und schon gar nicht die deutschen Könige den Lehrsätzen Humberts folgen. Fast ein halbes Jahrhundert lang sollten die Päpste mit den Monarchen um die Frage der Investitur in Fehde liegen. Aus der Sicht des Mittelalters war es nicht weniger als ein »Kampf um die richtige Ordnung in der Welt«, wie der deutsche Historiker Gerd Tellenbach schrieb.
    Doch der Investiturstreit war kein Konflikt zwischen Monarchen mit säkularer Herrschaftsauffassung auf der einen Seite und sendungsbewussten Päpsten auf der anderen. Hier rang nicht die Kirche mit Königen oder gar Ketzern. Die Salier Heinrich III . und Heinrich IV . zum Beispiel waren hochreligiöse Menschen, sie standen der Kirchenreform nahe. Das Recht, Bischöfe einzusetzen, brauchten sie, um ihren Herrschaftsbereich zu sichern. Die Päpste dagegen wollten zwar ihrer verweltlichten Kirche eine neue spirituelle Kraft einhauchen, aber gleichzeitig waren sie auch auf den Schutz durch das Schwert der deutschen Monarchen angewiesen.
    Natürlich hatten auch nicht Humberts scharfe Schriften allein den Konflikt ausgelöst. Als Humbert dem Benediktinerorden beitrat, waren die Brüder bereits zur Avantgarde einer Klosterreformbewegung herangewachsen, die im burgundischen Cluny ihren Anfang genommen hatte.
    Am 11. September 910 beurkundete Herzog Wilhelm III . von Aquitanien die Gründung des Stiftes. Freiwillig verzichtete er auf jede Einflussnahme. Die Mönche sollten selbst in der stillen Kühle ihres Klosters entscheiden, wer ihr Abt werde und welchen Regeln sie folgen wollten. Cluny unterstand einzig dem Papst.
    Diese Exemtion und Immunität war etwas Neues. Denn eigentlich galt im Mittelalter weithin das Eigenkirchenrecht: Es waren weltliche Herrscher, Fürsten und Könige, die Kirchen und Klöster stifteten. Und selbstverständlich beanspruchten sie das Recht, dort dann Äbte und Bischöfe einzusetzen. Schließlich glaubten die Adligen, durch Gottes Gunst in ihren Stand berufen zu sein. Der König sah sich als »Gesalbter des

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