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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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abgesehen hatte. Doch es kam zu einem tiefen Zerwürfnis in der mächtigen Familie. Als Alberich, Marozias Sohn aus erster Ehe, ihren neuen Gatten Hugo als Knappe bei Tisch bediente und ihn dabei versehentlich mit Wasser begoss, verpasste ihm König Hugo eine Ohrfeige. Der gekränkte Sohn begann, Stimmung gegen den Stiefvater zu machen.
    In einer leidenschaftlichen Rede klagte Alberich, dass in Rom Huren herrschten – womit er nur seine eigene Mutter meinen konnte. Das aufgewiegelte Volk belagerte daraufhin die Engelsburg. Hugo seilte sich ab und entkam über die Stadtmauer, Marozia gelang die Flucht nicht mehr. Ihr Sohn ließ sie in den Kerker werfen.
    Alberich II . herrschte fast ein Vierteljahrhundert in Rom. Im Jahr seines Todes 954 ließ er die Adligen der Stadt am Grabe des Petrus schwören, dass sein Sohn Octavian, Marozias Enkel, zum nächsten Papst gewählt würde. So geschah es. Der nicht einmal 18 Jahre alte Heilige Vater nannte sich Johannes XII . und verwandelte den Lateranpalast in ein Bordell. Der Papst, so wird berichtet, war ein leidenschaftlicher Spieler und rief römische Götter an. Er schlief mit der Konkubine seines Vaters und deren Schwester. Er nötigte Pilgerinnen, vergewaltigte Frauen, die am Petrusgrab beten wollten, fiel aber schließlich auch seiner Wollust zum Opfer: Der Ehemann einer seiner Konkubinen ertappte Johannes XII . in flagranti und brachte ihn um.
    Was aus der schönen und mächtigen Marozia wurde, ist nicht verlässlich überliefert. Sicher ist, dass sie gefangen gehalten und ihrer Macht beraubt wurde, unwahrscheinlich, dass sie eines natürlichen Todes starb. Es gibt Quellen, nach denen sie über 50 Jahre in den Kerkern der Engelsburg dahinvegetierte. Dann soll Papst Johannes XV . sie mit einem Kissen erstickt haben lassen.

Feingeist mit Machtdrang
    Leo IX . gilt als Reformer und bedeutendster deutscher Papst des Mittelalters. Auf sein Pontifikat geht das »Morgenländische Schisma« von 1054 zurück, der Bruch Roms mit der byzantinischen Kirche.
    Von Katharina Stegelmann
    Schon die erste Synode, die Leo IX . im Jahr 1049 leitete, war für die anwesenden Bischöfe ein Schock. Sie tobten und schimpften über die Pläne des neuen Papstes, einer der Würdenträger erlitt gar einen Herzinfarkt. Mit der weitverbreiteten Simonie, dem Kauf kirchlicher Ämter, wollte der Pontifex aufräumen. Er wetterte gegen die Laieninvestitur, die Einsetzung von Klerikern durch weltliche Herrscher. Und leidenschaftlich verfocht er den Zölibat, die Verpflichtung der Priester zur Ehelosigkeit. Nicht wenige der Synodenteilnehmer waren persönlich betroffen.
    Der gebürtige Elsässer Leo IX ., ein Vetter zweiten Grades des salischen Kaisers Heinrich III ., ging als großer Reformer in die Kirchengeschichte ein. Unter den sieben Vorgängern des letzten Amtsinhabers Benedikt XVI ., die aus dem deutschen Kulturraum stammten und deren Pontifikate zwischen 996 und 1523 lagen, gilt Leo IX . als der bedeutendste.
    Heinrich III . wollte das Papsttum aus der Abhängigkeit der römischen Adelsclans befreien, die das Amt seit geraumer Zeit unter sich ausmachten. Seit 1046 hatte er daher schon zweimal Bischöfe aus Deutschland auf den Thron Petri steigen lassen. Doch beide starben nach kurzer Zeit. Erst im dritten Anlauf gelang dem Kaiser 1048 eine längerfristige Lösung. In Worms wählte ein Kreis von geistlichen und weltlichen Granden den 46-jährigen Grafen Bruno von Egisheim, der seit 1026 Bischof des lothringischen Bistums Toul war, zum Papst.
    Um der Gefahr der Isolation zu entgehen, die seine beiden Vorgänger in Rom erfahren mussten, brachte Leo IX . Berater mit, unter ihnen den Mönch Hildebrand, den späteren Papst Gregor VII ., und den scharfsinnigen Humbert aus Moyenmoutier, den er zum Bischof von Silva Candida ernannte. Diesen Freunden übertrug Leo IX . frei werdende Kardinalsstellen, die traditionell von Angehörigen des römischen Stadtadels besetzt worden waren. Er schuf damit die Grundlage des heutigen Kardinalskollegiums als kirchliches Leitungsgremium.
    Der hochgebildete Feingeist war ein begnadeter Redner und Prediger, gewandt in mehreren Sprachen und auch von hoher musischer Begabung. Einmal komponierte er auf der Durchreise in Metz auf Bitten des dortigen Abtes ein Responsorium, einen liturgischen Wechselgesang, zu Ehren des Klosterpatrons.
    Kein Papst vor Leo IX . hatte so viel Präsenz gezeigt. In seiner fünfjährigen Amtszeit überquerte er mindestens sechs Mal die Alpen, auch

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