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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Kaiserkrönung nachgeholt.
    Doch kaum war Heinrich wieder Richtung Norden unterwegs, erhöhten die Reformer ihren Druck auf den Papst. Sie sahen im kaiserlichen Mitspracherecht bei der Investitur nach wie vor eine Form der Häresie. Das Abkommen zwischen Kaiser und Papst nannten sie »Pravileg«, Schandbrief. Auf der Lateransynode 1112 widerrief Paschalis seinen Vertrag mit Heinrich und schwenkte auf die Linie seiner Vorgänger ein: »Was sie verdammt haben, verdamme ich auch.« Wenig später wurde auch Heinrich V. mit dem Kirchenbann belegt.
    Den Kaiser in seinem deutschen Reich kümmerte das zunächst wenig. Geschickt hatte er die große Mehrzahl der Bischöfe und Äbte auf seine Seite gezogen. Doch dort verharrten sie nicht auf Dauer. Wachsende Unruhe, Streit um die sächsischen Ländereien und immer mehr Adlige, die ihm die Gefolgschaft kündigten, machten Heinrich empfänglich für Kompromissangebote. 1121 verlangte die Fürstenopposition in Würzburg einen »ganz sicheren Frieden« vom Kaiser – das schloss in ihren Augen ein, sich mit dem Papst zu vertragen: »Der Herr Kaiser möge dem Apostolischen Stuhl gehorchen.«
    Auf dem saß mittlerweile Calixt II ., und der Streit zwischen den höchsten Autoritäten schwärte nun schon seit mehr als vier Jahrzehnten. Calixt war 1119 in Cluny gewählt worden. Doch anders als viele seiner Vorgänger entstammte er nicht dem Mönchstum, sondern dem Hochadel. Er galt als eindeutiger Anhänger der Kirchenreform. Seine Emissäre verhandelten mit denen Heinrichs und fanden eine Kompromissformel: Am 23. September 1122 wurde das Wormser Konkordat unterzeichnet.
    Es besteht aus zwei Urkunden: Im »Heinricianum« verpflichtete sich der Kaiser »aus Liebe zu Gott, zur heiligen römischen Kirche und zum Herrn Papst Calixt sowie zum Heil meiner Seele«, die Investitur mit Ring und Stab der Kirche zu überlassen. Im »Calixtinum« verpflichtete sich der Papst, die Wahl von Bischöfen »in Gegenwart« Heinrichs stattfinden zu lassen. Ferner heißt es dort: »Der Gewählte soll von Dir durch das Zepter die Regalien entgegennehmen.« So investierte Bischöfe wurden zudem angehalten, dem Kaiser gehorsam zu sein.
    Heinrich V . überlebte das Wormser Konkordat nur um drei Jahre. Im Alter von 39 Jahren starb er am 23. Mai 1125 kinderlos und ungeliebt. Dass er seinen Vater verraten und gar Papst Paschalis festgenommen hatte, wurde ihm übelgenommen. Mit ihm ging die Dynastie der Salier zu Ende – und auch der Investiturstreit.
    Das Wormser Konkordat, eigentlich ja ein persönliches Abkommen zwischen Heinrich und Calixt, galt im Prinzip weiter. Spätere Streitigkeiten konnten nach diesem Muster gelöst werden: Der Papst verleiht den Bischöfen die Spiritualien, Ring und Stab, und der König oder Kaiser die Regalien.
    Die nächsten Monarchen aus dem Haus der Staufer suchten andere Wege, um ihre Herrschaft abzusichern. Sie stützten sich immer mehr auf Ministeriale und Ritter, so dass die Bedeutung der Reichsbischöfe schwand.
    Doch in einem Punkt konnte Rom einen Erfolg verbuchen: Die Königsherrschaft war angeschlagen aus dem Investiturstreit hervorgegangen. Das Ungeheure, dass Könige gebannt worden waren, vergaß so rasch niemand mehr. Die sakrale Aura der Monarchen hatte schwer gelitten. Der Chronist Otto von Freising, ein Enkel Heinrichs IV ., fragte bitter, »ob die Kirche beschlossen hatte, den römischen König fortan nicht mehr als den Herrn des Erdkreises zu ehren, sondern als ein wie alle anderen Menschen aus Lehm gemachtes, tönernes Geschöpf«. Unter solchen Vorzeichen konnte das zähe Ringen um die Autorität in der Christenheit noch lange weitergehen – wie es dann ja auch geschah.

Barfuß im Schnee
    Die Unterwerfung König Heinrichs IV . in Canossa 1077 vor Papst Gregor VII . gilt bis heute als Synonym für größte Schmach. Neue Forschung zeigt, dass der Bußgang auch anders gedeutet werden kann.
    Von Dieter Bednarz
    Es waren widrige Umstände, unter denen König Heinrich IV . im Jahre 1077 von Deutschland nach Italien zog und die der Geschichtsschreiber Lampert von Hersfeld eindringlich schilderte: »Der Winter war äußerst streng, und die sich ungeheuer weit hinziehenden und mit ihren Gipfeln fast bis in die Wolken ragenden Berge, über die der Weg führte, starrten so von ungeheuren Schneemassen und Eis, dass beim Abstieg auf den glatten, steilen Hängen weder Reiter noch Fußgänger ohne Gefahr einen Schritt tun konnte.« Der Monarch quälte sich über die Berge, in

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