Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Herrn«. Ein Krönungsbild Heinrichs II . zeigt, wie Christus selbst diesem die Krone auf das Haupt setzt.
Das Reformkloster Cluny mit seinen strengen Regeln und einigen besonders langlebigen Äbten setzte eine Gegenbewegung in Gang, die die Klöster reinigen und aus ihrer weltlichen Verstrickung lösen wollte. An ihr beteiligten sich zeitweise 1200 Klöster. Die Cluniazenser predigten, der Mönch solle zurückkehren zur Lebensweise der Apostel, er habe vor allem – nach alter Benediktinerregel – zu beten und zu arbeiten.
Cluniazenser gelangten an die Fürstenhöfe und schließlich nach Rom, so wie Humbert oder Hildebrand, der spätere Papst Gregor VII . Dort plädierten sie bald für eine noch weitergehende Reform: Die Kirche insgesamt sollte auf den Idealzustand der frühen Christenheit zurückgeführt werden. Dass die Könige ihre Günstlinge zu Bischöfen machten, dass kirchliche Würden erschachert wurden wie Grundstücke oder Pferde, erschien den Reformern als besonders sündhaft. Waren nicht sogar Päpste, viele davon aus dem römischen Adel, durch Ämterkauf auf den Stuhl Petri gelangt?
Noch der Salier Heinrich III . brachte der Kirchen- und Klosterreform volles Verständnis entgegen. 1046 hatte er sich gerade auf den Weg nach Rom gemacht, wo ihn der Papst zum Kaiser krönen sollte. Nur: welcher Papst? Dem amtierenden Gregor VI . haftete der Ruf des Simonisten an. Außerdem gab es da zwei andere, die das Amt des Pontifex beanspruchten. Heinrich zitierte sie alle zur Synode von Sutri und setzte sie de facto ab. Dann verhalf er einem eigenen Kandidaten zur Bischofswürde von Rom: Suitger von Bamberg, ein Reformer, wurde als Clemens II . neuer Papst.
Offenbar sahen die Reformer im König damals noch ihren wichtigsten Helfer. Heinrich seinerseits hatte großes Interesse, dass der ihn krönende Papst einen möglichst guten Ruf hatte. Schließlich stand er unter hohem Druck rebellischer Reichsfürsten. Als er 1053 seinen Sohn als Heinrich IV . zum Thronnachfolger erheben ließ, trotzten sie dem gerade dreijährigen Monarchen das Versprechen ab, als »gerechter Herrscher« zu regieren.
Auch sonst konnte der König damals nicht einfach seinen Willen durchsetzen. Bei Amtsantritt fand der Regent kein fest umrissenes Herrschaftsgebiet vor. Jeder Monarch musste sein Reich aufs Neue zusammenfügen. Dazu galt es, geschickt zu heiraten und seine Kinder strategisch günstig zu vermählen. So gestiftete verwandtschaftliche Bande hielten dann einen Teil des Herrschaftsgebietes zusammen. Wohl mochte der König Länder erobern. Zuvor aber musste er sich tunlichst mit den Reichsfürsten arrangieren, von denen nicht wenige selbst König sein wollten. Dazu konnte er Privilegien verleihen, Münz- und Marktrecht beispielsweise, oder Ländereien als Lehen vergeben.
Nur Bischofssitze konnte der König relativ frei zuteilen. Geistliche lebten zölibatär oder sollten es zumindest; so stand es ihm frei, Ring und Stab ohne Rücksicht auf dynastische Rechte an Getreue zu geben. So wurden Bistümer zu Brückenköpfen seiner Herrschaft. Historiker haben das Netzwerk der vom König eingesetzten Bischöfe als Grundgerüst seines Herrschaftsbereiches geradezu als »ottonisch-salisches Reichskirchensystem« bezeichnet.
Aber genau gegen diesen Brauch wandten sich die Cluniazenser. So spitzte sich der Streit um die Investitur rasch zu, als in Rom der Reform-Hardliner Hildebrand als Gregor VII . Papst geworden war. König Heinrich IV . hatte in Mailand einen Bischof eingesetzt – Gregor reagierte, indem er gegen Heinrich den Kirchenbann aussprach und dessen Gefolgsleute von ihrer Gehorsamspflicht entband. Der König musste im Winter 1077 nach Canossa gehen und bei Minusgraden barfuß um Vergebung flehen.
Für Gregor war die Aktion logische Folge eines Programms, das die Kirche möglichst unabhängig machen sollte. Im »Dictatus papae« hatte er, wohl in Anlehnung an die alte, schon unter Papst Gelasius I. 494 entwickelte Zwei-Schwerter-Lehre von weltlicher und geistlicher Gewalt, weitreichende Forderungen erhoben. Als Nachfolger des Apostelfürsten Petrus, so erklärte Gregor sinngemäß, verfüge er über beide Schwerter. Als Inhaber des geistlichen dürfe er allein Bischöfe ernennen. Aber er sei so großzügig, das weltliche dem Kaiser und König treuhänderisch zu überlassen.
Damit beanspruchte er einen Vorrang, den er nicht einmal nach Canossa aufrechterhalten konnte. Nur wenig später verlieh Heinrich erneut Ring und Stab. Ein
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