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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Herrscher weniger darauf bedacht sind, ihre Reiche auszudehnen und ihre Feinde zu töten. Verstoßen sie dann nicht andauernd gegen das höchste Gebot ihres Glaubens?«
    »Sie führen ihre Kriege, um den Frieden zu erhalten«, sagte Anastasius. »Jedenfalls sollten sie das …«
    Babrak konnte das nicht nachvollziehen. »Allah verbietet uns den Genuss des Weines und anderer berauschender Getränke. Wenn ich jetzt wie ein Christ argumentieren würde, könnte ich sagen: Ich trinke möglichst viel davon, um es mir abzugewöhnen!« Die anderen am Feuer lachten, mit Ausnahme des Mönchs. Dann fügte Babrak noch hinzu: »Es wundert mich, dass es Menschen gibt, die bereit sind, für einen Glauben zu sterben, dessen Grundsätze sich so leicht in ihr Gegenteil verkehren lassen …«
    Die Nächte waren empfindlich kalt, und Li fand kaum Schlaf, obwohl sie oft von den Strapazen des Tages vollkommen erschöpft war. Die Lagerfeuer brannten schnell herunter und erloschen schon ein paar Stunden vor dem morgendlichen Aufbruch. Viel Zeit zum Brennholzsuchen blieb ohnehin nicht, wenn am Abend das Lager aufgeschlagen wurde. Und davon abgesehen war es mühsam genug, Brennbares zusammenzusuchen, um daraus ein Feuer zu machen, das eine Weile warm hielt. Am Tag wurde es dann zumeist recht warm, und die Sonne brannte von dem strahlend blauen, sehr klaren Himmel herab, der sich wie ein riesiges blaues Dach von Horizont zu Horizont spannte.
    Das lahmende Kamel wurde schließlich geschlachtet, denn es hätte sonst die Karawane nur aufgehalten. Was genau mit ihm war, bekam Li nicht mit. Dazu verstand sie auch die Treiber zu schlecht. Aber es schien ernst zu sein. Li, Gao und Meister Wang mussten mithelfen, dem Kamel das Fell abzuziehen und das Fleisch aufzuteilen.
    »Es ist wohl einfach nicht mehr zu retten gewesen«, meinte Gao. »Und jedem von uns, der irgendeine Schwäche zeigt, wird es ähnlich ergehen.«
    Ein Teil des Fleisches wurde am Feuer verzehrt.
    »Besser, ihr tragt es in euren Mägen mit euch herum, als dass es die Aasfresser als Beute davontragen!«, meinte Babrak. Ein paar Geier kreisten bereits über den Bergen und warteten anscheinend nur darauf, mit ihren Schnäbeln wenigstens die Knochen abzuschaben, denn mehr wollte Babrak der Feilscher ihnen nicht übrig lassen.
    »Halte Maß, auch wenn dir der Magen knurrt vor Hunger, als hättest du lange nichts mehr gegessen!«, warnte Meister Wang seine Tochter.
    »Aber das trifft doch zu, Vater«, gab Li zurück.
    »Das mag schon sein, aber dieses Fleisch ist nicht zubereitet, wie es bekömmlich wäre!«
    Die Lasten, die das getötete Kamel getragen hatte, wurden auf die anderen Tiere verteilt. Es handelte sich überwiegend um Ballen mit Seidenstoffen. Die bunten Gewebe waren sehr edel. Li hatte immer wieder einmal einen bewundernden Blick darauf geworfen, und ihr war schmerzlich bewusst geworden, wie sehr sich ihr Leben verändert hatte. Es erschien ihr wie eine ferne Erinnerung, dass sie früher gewöhnt war, Gewänder aus seidigen Stoffen zu tragen. Inzwischen hätte sie auf ein Gewand aus Seide gar keinen Wert mehr gelegt, denn für das entbehrungsreiche Leben in den Steppen und Halbwüsten, die sie durchquerten, waren Kleider aus diesem edlen Stoff alles andere als praktisch.
    Nach endlos erscheinenden Tagen des Weiterwanderns erreichten sie schließlich einen Ort namens Yarkand, in dem die meisten Menschen Uigurisch sprachen. Viele von ihnen waren anscheinend Christen.
    Jedenfalls bemerkte Li das Kreuzeszeichen an verschiedenen Gebäuden. Auch etliche Menschen, denen sie begegneten, trugen dieses Zeichen auf der Brust. In Gold die Reichen und Mächtigen, die weniger Begüterten hatten Kreuze aus Holz.
    »Nestorianer«, meinte Bruder Anastasius. Und in seinem Tonfall schwang leise Verachtung mit.
    »Ich dachte, das wären auch Christen«, meinte Li verwirrt.
    »Es scheint das Schicksal unserer Kirche zu sein, sich immer und immer wieder zu spalten. Und obwohl wir den Frieden als das höchste Gut erachten, geraten wir offenbar über nichts lieber in Streit als über den Glauben …«
    In der Karawanserei übernachteten die drei Papiermacher und der Mönch bei den Kamelen. Babrak der Feilscher sprach eine ganze Weile mit einem persischen Basari aus der Stadt.
    Li konnte nur einen Teil dessen verstehen, was die beiden zu besprechen hatten, aber es ging anscheinend um den Weg, den sie nehmen würden, um weiter nach Westen zu gelangen.
    »Babrak wird uns schon wissen lassen, wenn er

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