Die Papiermacherin
Worte streckte sie ihm ihr Rosshaarsieb entgegen. Er hob überrascht die Augenbrauen. Er nickte. »Der Karawanenführer, mit dem ihr durch diese Berge gezogen seid, wird euch nicht umsonst mitgenommen haben«, stellte er fest.
»Wir waren seine Gefangenen«, erwiderte Li.
»Und jetzt seid ihr meine!«
»Dann werdet Ihr anstelle von Babrak dem Feilscher den guten Preis erzielen, den man in einer Stadt wie Samarkand für jemanden bezahlt, der unsere Kunst beherrscht!«
Thorkild zuckte die breiten Schultern. Er wechselte ein paar Worte mit einem seiner Männer, einem grauhaarigen, hageren Krieger, an dessen Rat ihm wohl viel lag. Da sie sich in der Sprache der Nordmänner unterhielten, verstand Li natürlich kein einziges Wort.
Umso genauer achtete sie auf jede Regung im Gesicht des rotbärtigen Thorkild.
»Wir nehmen euch mit«, meinte er schließlich auf Griechisch. »Schließlich könnt ihr im Gegensatz zu den Seidenballen selbst laufen.«
Sechstes Kapitel
Am Hof des Kaisers
Arnulf von Ellingen, sein Knappe Gero und Fra Branaguorno schritten zwischen den einschüchternd wirkenden Säulen der Wandelhalle hindurch, die ein Teil des gewaltigen Kaiserpalastes war. Bruder Markus begleitete die drei zu der halboffiziellen Audienz, die ihnen Kaiser Basileios erstaunlicherweise gewährte – oder zu der sie bestellt worden waren, je nachdem, von welcher Seite man die Angelegenheit betrachtete. Gesandte warteten oft wochenlang darauf, zum Herrscher vorgelassen zu werden, selbst wenn sie von hohem Rang waren. Dass es in diesem Fall anders war und man sie sogar rufen ließ, musste einen Grund haben …
Arnulf fragte sich, ob ihm durch Spione vielleicht bereits Nachrichten über die besondere Art seines Auftrags vorausgeeilt waren.
»Ich nehme an, dass der Kaiser die Gelegenheit wahrnehmen möchte, jede Neuigkeit über die Stimmung am Hof in Magdeburg zu erfahren, was ihm bei seinen Verhandlungen mit Johannes Philagathos vielleicht von Nutzen sein kann …«, vermutete Fra Branaguorno.
»So werden wir Philagathos dort nicht treffen?«, fragte Arnulf.
»Wenn es zutrifft, was ich vermute – nein.«
Diese Gäste im Thronsaal zu empfangen hätte dem Ganzen wohl zu viel Gewicht verliehen und diplomatisches Aufsehen erregt, woran dem Kaiser im Moment nicht gelegen sein konnte. Das Zusammentreffen sollte wie zufällig wirken, um jeglichen diplomatischen oder protokollarischen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, und war doch bis in das kleinste Detail arrangiert.
So trafen Arnulf und seine Begleiter den Kaiser in der Wandelhalle des riesigen Palastes auf eine verhältnismäßig formlose Weise, verglichen mit dem üblichen, sehr ausgefeilten Hofzeremoniell. Basileios wurde von einem halben Dutzend baumlangen Wächtern aus seiner berühmten Warägergarde begleitet. Gerade der Umstand, dass sie nicht dem lokalen Stadtadel entstammten und auch in keiner Weise mit ihm verwoben waren, gab Basileios die Gewähr, dass diese Männer ihm und seinem Kaiserhaus die größtmögliche Loyalität entgegenbrachten. Abgesehen von den Wächtern befand sich nur der Logothet, sein Kanzler und Sprecher, in der Nähe des Kaisers.
Johannes Philagathos, der offizielle Gesandte des Kaisers Otto, war nicht anwesend. Fra Branaguorno lächelte überlegen. Offenbar trafen seine Annahmen zu.
Arnulf und sein Gefolge warfen sich auf die Knie.
Der Logothet wollte das Wort ergreifen, denn normalerweise war es Sterblichen nicht erlaubt, direkt mit dem Kaiser zu sprechen. Aber Basileios war ein Mann, der auf den Schlachtfeldern zu Hause und für seine praktische Veranlagung ebenso bekannt war wie mitunter für seinen Hang zur ungezügelten Grausamkeit. So brachte er den Logotheten, zu dessen Aufgaben es gehörte, bei offiziellen Anlässen für den Kaiser zu sprechen und Botschaften entgegenzunehmen, mit einer Handbewegung zum Schweigen, noch ehe dieser einen halben Satz hervorgebracht hatte.
Basileios wusste längst, wer sich vor ihm niedergeworfen hatte. Er sprach Arnulf auf Latein an und machte mit einer Geste deutlich, dass er sich erheben durfte. »Es freut den göttlichen Kaiser immer, wenn er Besuch aus dem Land seines kaiserlichen Bruders bekommt. Ich hoffe, Kaiser Otto befindet sich bei guter Gesundheit.«
»In dieser Hinsicht kann ich Euch versichern, dass es nicht besser stehen könnte«, erwiderte Arnulf.
»Was die Frage einer geeigneten Gemahlin für Euren Kaiser angeht, sind Wir noch in verschiedensten
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