Die Papiermacherin
hagerer Mann trat aus dem Schatten heraus.
»Gebt ihm eine Silbermünze«, sagte Fra Branaguorno an Arnulf gerichtet.
Arnulf holte eine Münze hervor und gab sie dem Hageren. Der hielt sie in den Schein einer Laterne und nickte dann. »Folgt mir!«, forderte er in der Sprache der Nordmänner.
»Ich möchte wissen, wem ich folge!«, erwiderte Arnulf.
»Das tut nichts zur Sache«, beschied ihn der Hagere – ein Mann an der Schwelle zum Greisenalter, der das linke Bein etwas nachzog und einen insgesamt schleppenden Gang hatte. »Es ist besser, du weißt keinen Namen, den du verraten könntest …« Er sah zu Gero hinüber und musterte ihn von oben bis unten. »Ich weiß nicht, ob es dem Mann, den wir treffen werden, wirklich recht ist, wenn noch jemand dabei ist«, sagte er.
»Mein Knappe begleitet mich«, beharrte Arnulf. »Darüber werde ich mit niemandem verhandeln!«
»Wie du meinst, Sachse!«
Der Hagere führte sie zu einer Schänke, die offenbar ein Treffpunkt von Warägern war. Man hörte Stimmen in der Sprache der Nordmänner reden. Arnulf blieb kurz stehen, als der Hagere im Inneren der Schänke verschwand.
»Ihr könnt ihm vertrauen«, raunte Branaguorno ihm zu. »Folgt ihm einfach.«
»Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wüsste, was das für Leute sind, mit denen Eure Mittelsmänner uns zusammenbringen wollen!«
»Es ist einfach ein ehemaliger Gardist, der dringend etwas Bruchsilber brauchen kann und davon träumt, dass irgendein Schiff ihn noch mal in den Norden mitnimmt – was wahrscheinlich nicht der Fall sein wird!«, erwiderte Branaguorno.
Ausgelassene Stimmung schlug Arnulf entgegen, als er den Schankraum betrat. Die Zugluft ließ das Licht der Laternen flackern. Über einem Feuer wurde ein Braten gedreht, dessen würziger Geruch sich mit dem von verschüttetem Met mischte.
Schätzungsweise hundert Mann drängten sich in dieser Schänke, aber nur ein gutes Dutzend davon nahm von den Neuankömmlingen überhaupt Notiz. Eine Gruppe von Warägern war intensiv mit einem Würfelspiel beschäftigt, bei dem es ganz offensichtlich um höhere Einsätze ging.
Ein betrunkener Hüne mit einem Krug voller Met in der Hand rempelte unterdessen Gero ungeschickt an und knurrte ihm etwas entgegen, was wohl nicht einmal jemand verstehen konnte, der von klein auf nichts anderes zu sprechen gewöhnt war als die Mundart der Nordmänner.
Der Kerl langte nach dem Schwertgriff, aber Arnulf umfasste sein Handgelenk.
»Wir wollen keinen Streit«, erklärte er sehr ruhig und sehr bestimmt.
Der Betrunkene wankte mit glasigen Augen davon.
»Es wäre mir sehr recht, wenn ihr für weniger Aufsehen sorgen würdet!«, forderte der Hagere.
Arnulf folgte ihm zu einer Nische, in der ein grober Tisch mit mehreren Stühlen zu finden war. Die Nische lag fast vollkommen im Schatten. Den Mann, der am Tisch saß, konnte man nur als dunklen Umriss erkennen.
»Setz dich, Sachse!«, forderte der Hagere.
Arnulf gehorchte. Er setzte sich dem unbekannten Mann im Schatten gegenüber. Dieser ergriff sofort Arnulfs Hand, tastete blitzschnell dessen Schultern und sein Gesicht ab. Arnulf begriff, dass er einen Blinden vor sich hatte. Und als am anderen Ende des Schankraums jemand einen Schritt zur Seite machte und so dem Schein des Feuers den Weg frei machte, sah Arnulf für einen kurzen Moment die entstellten Augenhöhlen seines Gegenübers.
»Wer hat dir das angetan?«, fragte Arnulf.
»Ich geriet in Gefangenschaft der Bulgaren«, sagte der Blinde. »Aber das ist lange her. Ich kann zwar nichts mehr sehen, aber dafür höre ich umso besser.«
»Man hat mir gesagt, dass du etwas darüber weißt, woher der Stahl kommt, der nicht zerbricht und aus dem die Nordmänner ihre Schwerter schmieden …«
»Ja, darüber kann ich einiges sagen. Denn unter den Nordmännern von Konstantinopel wird immer wieder darüber gesprochen.«
»So rede!«
»Erst das Silber!«
Arnulf holte einen Lederbeutel hervor und schob ihn dem Blinden über den Tisch. Dieser nahm ihn mit einer so zielsicheren Handbewegung, dass man kaum hätte glauben wollen, tatsächlich einen Mann ohne Augenlicht vor sich zu haben. Aber sein entstelltes Gesicht zerstreute jeden Zweifel daran.
Mit geübten Handgriffen leerte der Blinde den Inhalt des Beutels auf den Tisch aus und begann zu zählen. Einige der Stücke betastete er mehrfach. Mehrere Münzen nahm er auch noch zwischen die Zähne. Schließlich nickte er zufrieden. Er steckte die Münzen zurück in den
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