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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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während Thorkild sich mit ihnen ansonsten nur sehr unzureichend auf Persisch hätte verständigen können.
    Zwei Tage verbrachten sie in der Karawanserei. Von der Stadt, in der angeblich jeden Tag ein Buch geschrieben wurde, hatte Li noch nicht viel gesehen. Immerhin war ihr beim Weg zur Karawanserei aufgefallen, dass man an jeder Ecke die Dienste eines Schreibers mieten konnte und es in den Straßen und auf den Märkten tatsächlich Händler gab, die Abschriften verschiedener Bücher anboten. Ohne es im Einzelnen nachprüfen zu können, vermutete Li, dass es sich dabei vor allem um Abschriften des Korans handelte.
    »Und wo sind die Werkstätten der Papiermacher, von denen während unserer unfreiwilligen Reise die Rede war?«, wandte sie sich an ihren Vater. »Ich sah viele prächtige Gebäude, aber wer sagt, dass das wirklich alles Stätten der Gelehrsamkeit sind, in denen Bücher aufbewahrt werden?«
    »Nur Geduld, mein Kind. Wir werden nach und nach sicher mehr erfahren«, behielt Meister Wang wie üblich die Ruhe.
    Es schien keinen Schicksalsschlag zu geben, der heftig genug war, um ihn aus seinem inneren Gleichgewicht zu bringen, und in dieser Hinsicht konnte Li immer nur wieder ein Vorbild in ihm sehen. »Jetzt sitzen wir hier in einem Kamelstall und sehen diesen großäugigen Trampeltieren dabei zu, wie sie auf ihren Mahlzeiten herumkauen und dabei die Hälfte aus dem Maul verlieren!« Li ahmte den Gesichtsausdruck von einem der Tiere nach, das daraufhin einen Moment lang innehielt und ihr entgegenstarrte.
    »Das geziemt sich nicht«, sagte Meister Wang.
    »Wir könnten ja versuchen, uns einfach davonzumachen!«, schlug Gao vor, der sich unter Meister Wangs strengen Augen ein Grinsen nur schwer verkneifen konnte.
    »Das würde ich nicht empfehlen«, widersprach Meister Wang. »Dieser Mann, den man den Eisenbringer nennt, scheint in Samarkand hervorragende Beziehungen zu haben. Davon abgesehen hätten uns seine Männer innerhalb kürzester Zeit wieder eingefangen, und dann wären wir schlimmer dran als jetzt. Nein, wir sollten darauf vertrauen, dass sich die Dinge zu unseren Gunsten wenden.«
    Li wandte sich an Bruder Anastasius. Inwiefern er etwas von der Unterhaltung der drei Papiermacher mitbekommen hatte, war schwer abzuschätzen. Sie wusste mit Sicherheit, dass er Latein, Griechisch und Persisch sprach und wohl auch ein paar Brocken in den uigurischen und türkischen Dialekten. Aber ob er die Sprache des Han-Volks verstand oder zumindest ein paar Wörter kannte, hatte sie nicht herausfinden können, und entsprechenden Fragen war Bruder Anastasius bisher stets ausgewichen. Fast schien es, als gefiele es ihm, sie darüber im Unklaren zu lassen, sodass sie nie wusste, ob sie sich unbelauscht mit Gao und ihrem Vater unterhalten konnte oder nicht. Allerdings, wenn er tatsächlich so weit in den Osten gelangt war, wie er behauptete, war es äußerst unwahrscheinlich, dass er kein einziges Wort der Han-Sprache dabei aufgeschnappt hatte.
    Mochte er ein noch so heiliger Mann sein. Auch er musste essen und brauchte in der Nacht eine Unterkunft – und darüber immer nur mit Händen und Füßen zu verhandeln, war auf die Dauer gewiss etwas kompliziert.
    »Wohin wird Euch Euer Weg führen?«, fragte sie. »Wisst Ihr das schon?«
    »Thorkild wird mich zumindest bis Buchara mitnehmen. Und dort finde ich mit Sicherheit jemanden, der mich in Richtung Konstantinopel bringt. Sich allein auf den Weg zu machen dürfte kaum empfehlenswert sein. Ich kann nur hoffen, dass der Eisenbringer bald aufbricht …«
    »Warum?«
    »Weil der Weg über Buchara vielleicht schon bald nicht mehr sicher ist. Die Krieger des Kara Khan haben die Stadt schließlich schon einmal erobert, und man munkelt, dass sie einen erneuten Versuch unternehmen könnten. Der Emir zieht überall Truppen zusammen.«
    »Das klingt nicht gut«, sagte Li. »Und wenn Ihr nicht mehr hier seid, werden mir Eure Lektionen in Griechisch und Latein fehlen.«
    »Du solltest nicht damit aufhören, die Wörter zu wiederholen, die ich dir beigebracht habe«, meinte Bruder Anastasius. »Du weißt nicht, wann du sie einmal brauchen kannst – und zumindest Griechisch sprechende Menschen verirren sich doch auch ab und zu hierher, nach Samarkand …«
    »Wer weiß, eines Tages begegnen wir uns vielleicht in Konstantinopel, und dann könnt Ihr sehen, wie viel ich von Eurem Unterricht behalten habe«, entgegnete Li.
    »So, wie du das sagst, klingt es fast, als würde es sich

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