Die Papiermacherin
unterzogen die drei Papiermacher einer kurzen, aber intensiven Musterung.
Er trug ein einfaches weißes Gewand, das bis zum Boden reichte. Weiß, wie das Gewand eines Pilgers, der zu den heiligen Stätten im fernen Mekka gereist war. Einzig die kostbare Gürtelschnalle und der juwelenbesetzte Griff des Zierdolchs wiesen auf seinen Rang hin. In seinem Gefolge befand sich neben einem Leibdiener und mehreren Wächtern ein Hofbeamter mit einem Burnus auf dem Kopf und einer bunten Schärpe um die Schultern. Auch Thorkild Eisenbringer war anwesend. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Auftreten war er allerdings unbewaffnet. Vermutlich duldete Prinz Ismail in seiner unmittelbaren Umgebung keine Bewaffnung, außer bei seinen Wächtern zum Schutz vor Attentaten.
Meister Wang fiel vor dem Prinzen auf die Knie. Gao und Li folgten seinem Beispiel. Schließlich machte Prinz Ismail ein Zeichen, das ihnen gestattete, den Blick zu heben.
»Ich habe gehört, dass ihr unsere Sprache sprecht«, sagte der Statthalter von Samarkand.
»Wir bemühen uns um die richtigen Worte«, erwiderte Meister Wang.
»Ich hoffe, dass euer Handwerk gut ist, denn dann werdet ihr hier euer Auskommen haben. Ich selbst bin ein großer Freund des Glaubens und der Gelehrsamkeit, und beide können den Unglauben und die Unwissenheit nur mit Hilfe von Büchern besiegen. Das ist der eigentliche Kampf, dem sich jeder Gläubige verschreiben sollte, die große Anstrengung, die von den Gelehrten auch der Djihad genannt wird. Und das Werkzeug dazu kann nicht nur das Schwert sein, sondern es sind vor allem das Buch und die Schrift nötig. Denn das Schwert trifft das Herz und tötet, aber die Schrift trifft das Herz und inspiriert mit Weisheit …« Einige Augenblicke schwieg Prinz Ismail. Seine Sprache war gleichzeitig von großer Klarheit und Einfachheit. »Unglücklicherweise können wir auf das Schwert nicht zu Gunsten des Buches verzichten, aber vielleicht wird das eines Tages der Fall sein, wenn sich die Einsicht und der Geist überall ausgebreitet haben und ein Kampf nur noch ein Kampf um die Wahrheit der Worte ist, wenn die Schärfe des Arguments die Schärfe der Klingen ersetzt. Aber bis dahin bedarf es vieler weiser Bücher, die auf Papier geschrieben werden. Papier, das die Weisheit Allahs trägt und doch von Heiden aus dem Bottich geschöpft wird. So kann aus Dummheit und Ahnungslosigkeit doch Weisheit geschaffen werden. Allah wird wissen, warum.«
»Herr, ich bin ein Meister meines Handwerks, und meinen Gesellen und meine Tochter habe ich diese Kunst auf dieselbe Weise gelehrt, wie ich sie verstehe.«
»Das ist gut«, nickte der Statthalter. »Ich habe euch gesagt, dass ihr euer Auskommen haben werdet – aber ihr seid nicht frei. Ihr dürft euch innerhalb der Mauern von Samarkand frei bewegen und ihr dürft alle Geschäfte tätigen, die zur Ausübung eures Handwerks vonnöten sind. Ansonsten wird man euch alles zur Verfügung stellen, was ihr braucht, um euer Handwerk auszuüben. All das wird man euch als Schuld gegen mich anrechnen, die ihr mit eurer unermüdlichen Arbeitskraft bezahlen werdet.«
»So sei es, Herr«, gab Meister Wang zurück.
Was wäre ihm auch anderes übriggeblieben.
Li verstand sehr wohl, was die Worte des Statthalters bedeuteten. Ihr Vater, Gao und sie waren etwas Ähnliches wie Schuldsklaven. Leibeigene, die kaum je die Möglichkeit hatten, diese Schuld zu begleichen.
»Mein Hofschreiber wird darüber ein Schriftstück erstellen, sodass alles seine Rechtmäßigkeit hat«, sagte Prinz Ismail schließlich. »Wenn ihr euch entschließt, dem wahren Glauben beizutreten, und bezeugt, dass es nur einen Gott gibt und Mohammed sein Prophet ist, wird euch ein Drittel eurer Schuld erlassen.«
»Eure Großzügigkeit kennt keine Grenzen«, sagte Meister Wang.
Ismail wandte sich an den Schreiber, bei dem es sich um den etwas geckenhaft wirkenden Hofbeamten mit Burnus und Schärpe handelte. »Du hast meine Worte gehört.«
»Ja, Herr.«
»Und zahle dem Nordmann seinen Anteil in Silber aus, wie er es gewünscht hat. Aber behaltet eine Hälfte des Betrags ein, bis wir gesehen haben, ob das Talent der Papiermacher dem entspricht, was er uns versprochen hat.«
»Sehr wohl, Herr.«
Der Statthalter machte seinen Wächtern ein Zeichen, woraufhin er mit ihnen zusammen den Raum verließ.
Nur zwei Bewaffnete blieben mit dem Hofbeamten und Thorkild Eisenbringer zurück.
Dessen Gesicht war deutlich anzusehen, wie wenig ihm die letzten Worte
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