Die Party Queen von Manhattan - Roman
Will mit einem Küsschen auf die Wange. Er trug inzwischen eine Art Hausanzug aus Leinen, in dem er ein bisschen wie Hugh Heffner vom Playboy aussah. In der Hand hielt er ein Champagnerglas.
»Natürlich nicht«, antwortete Will, stellte seinen Gin-Tonic weg und schenkte sich und mir ein Glas Champagner ein. »Redaktionsschluss ist doch erst um Mitternacht. Wieso sollte ich da vor zweiundzwanzig Uhr anfangen und mir den ganzen Tag verderben? Was feiern wir?«
Ich machte mich heißhungrig über den Gorgonzolasalat her. Endlich mal was anderes als der Fraß, den ich sonst immer hastig an einer Straßenecke hinunterschlang. Dann gönnte ich mir einen großen Schluck Champagner. Wenn es irgendwie möglich gewesen wäre, mich jeden Abend bei Will und Simon zum Essen einzuladen, ohne dabei wie die mieseste Schnorrerin der Welt auszusehen, hätte ich es sofort gemacht. Aber es gehörte sich einfach nicht, anderen Leuten öfter als einmal in der Woche auf die Pelle zu rücken, auch wenn es sich bei diesen Leuten um meinen Onkel und seinen Lebensgefährten handelte. Wäre ich so tief gesunken, wäre mein Ruf als Nichte von der traurigen Gestalt auf ewig besiegelt gewesen.
»Sag bloß, wir müssen etwas feiern, um uns ein Gläschen Champagner gönnen zu dürfen?«, spottete Simon und nahm sich von dem Rinderfilet, das es als Hauptgang gab. »Ich dachte einfach, es wäre mal eine nette Abwechslung. Und jetzt schieß los, Bette. Verrätst du uns, was du heute Abend noch vorhast?«
»Ich will zu Penelopes Verlobungsparty. Und ich muss auch leider gleich schon los. Die zukünftigen Schwiegermütter haben die Feier zusammen ausgeheckt. Das glückliche Paar hatte da überhaupt nichts mitzubestimmen. Immerhin steigt die Party in einem Club in Chelsea und nicht in einem Nobelhotel auf
der Upper East Side. So weit sind die beiden Avery und Penelope wenigstens entgegengekommen.«
»Und wie heißt der Club?« Die Frage kam ausgerechnet von Will, einem Mann, der eigentlich nur in den gediegensten Etablissements verkehrte, in düsteren, holzvertäfelten Räumen, die mit Zigarrenrauch geschwängert waren.
»Sie hat den Namen erwähnt, aber ich habe ihn vergessen. Fing mit B an, glaube ich. Moment mal.« Ich kramte einen Zettel aus meiner Handtasche. »Da hätten wir ihn ja. Also, er liegt in der 27. Straße und heißt...«
»Bungalow 8«, tönte es mir im Chor entgegen.
»Wieso wisst ihr das?«
»Darling, man kann doch kaum eine Zeitung aufschlagen, ohne dass einem der Name von der Gesellschaftsseite entgegenspringt.«
»Angeblich orientiert er sich an den Bungalows des Beverly Hills Hotels, und der Service soll genauso gut sein. Es ist zwar nur ein Nachtclub, aber es heißt, dass man sich dort alle Wünsche erfüllen lassen kann, ganz egal, ob es dich nach einem ausgefallenen Sushi gelüstet oder ob du dir einen Hubschrauber mieten willst. Die meisten Clubs sind nach ein paar Monaten wieder weg vom Fenster, aber das Bungalow 8 wird bleiben, darin sind sich alle einig«, ergänzte Simon.
»Das habe ich nun davon, dass ich abends immer nur im Black Door herumhocke.« Ich schob meinen Teller weg. »Ihr seid mir doch nicht böse, wenn ich jetzt schon gehe? Aber Penelope wollte unbedingt, dass ich ein bisschen früher komme, bevor die Invasion von Averys Freunden und ihrer Familie losbricht.«
»Geh ruhig, Bette. Aber zieh dir vorher noch kurz die Lippen nach. Und sieh zu, dass du dir einen flotten jungen Verehrer anlachst«, sagte Simon. Als ob es im Bungalow 8 nur so von attraktiven Junggesellen wimmeln würde, die bloß auf mich warteten.
»Oder wenigstens einen flotten jungen Bettgenossen für die Nacht.« Will zwinkerte mir zu. Es war nur halb als Scherz gemeint.
»Ihr seid wirklich goldig.« Ich verteilte rechts und links je ein Küsschen, zog mir die Strickjacke über und griff nach meiner Handtasche. »Habt ihr denn überhaupt keine Skrupel, eure einzige Nichte zu verkuppeln?«
»Nicht den geringsten«, verkündete Will. Simon schüttelte mit ernster Miene den Kopf. »Und jetzt lauf. Sei ein braves Lotterlieschen, und amüsier dich schön, hörst du?«
Vor dem Club drängelten sich die Wartenden in Dreierreihen. Die Schlange reichte bis zur nächsten Straßenecke. Wenn es nicht um Penelope gegangen wäre, hätte ich den Taxifahrer gar nicht erst anhalten lassen. Ich pflasterte mir ein freundliches Lächeln ins Gesicht und marschierte an allen vorbei bis nach vorn, wo ein hünenhafter Kerl stand, eine Liste in der Hand
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