Die Party Queen von Manhattan - Roman
›Turteln‹ gesichtet wurden. Wie ich sie kenne, hat sie den Laden gleich am nächsten Tag gebucht. Sie liegt mir sowieso dauernd in den Ohren, dass ich mehr in solchen Nobelschuppen verkehren soll, wegen der ›gehobenen Klientel‹. Ich hab ihr nicht erzählt, dass ich schon mal mit Avery hier war. An dem Abend war es so voll, dass man sich nicht gewundert hätte, wenn die gehobene Klientel mitten auf der Tanzfläche eine Nummer geschoben hätte.«
»Davon hätte sich deine Mutter bestimmt nicht abschrecken lassen. Eher das Gegenteil.«
»Auch wieder wahr.« Eine schaufensterpuppenlange Frau drängelte sich zwischen uns, um Penelope auf eine widerwärtig übertriebene Art mit Küsschen zu bedecken. Ich kippte schnell meinen Cosmo und zog weiter. Nach einem Smalltalk mit ein paar Kollegen von der Bank, die gerade erst eingetroffen waren und ohne die Computer, hinter denen sie sich normalerweise verschanzten, ein bisschen orientierungslos in der Gegend herumstanden, wechselte ich ein paar Worte mit Penelopes Mutter, weil es sich nun mal so gehörte. Die bekannte Tatsache, dass Eigenlob stinkt, konnte sie nicht davon abhalten, sich selbst ein paar Komplimente über ihr Chanelkostüm und ihre Schuhe
zu machen. Dann ließ sie mich stehen, um Penelope zu einem weiteren Gästegrüppchen zu geleiten. Ich blickte mich um und kam mir mit einem Mal ganz klein und hässlich vor. Anscheinend war ich die Einzige, die keine Designerklamotten trug. Mein Outfit hatte ich mir vor ein paar Monaten um drei Uhr morgens aus den Katalogen von J. Crew und Banana Republic im Internet zusammengestellt. Obwohl Will mich in letzter Zeit immer beharrlicher darauf hinwies, dass ich mir eine »Ausgehgarderobe« zulegen sollte, schwebte ihm dabei bestimmt keine Konfektionsware von der Stange vor. Mir kam der Gedanke, dass sich die Leute hier ebenso wohl - wenn nicht sogar noch wohler - fühlen würden, wenn sie nackt herumstolzierten. Denn noch imponierender als ihre perfekte Kleidung war das zur Schau getragene Selbstbewusstsein, das nichts mit irgendeiner Mode zu tun hatte. Zwei Stunden und drei Cosmos später war ich zwar immer noch nicht sehr viel heiterer, aber dafür definitiv angeheitert. Aber statt nach Hause zu gehen, nahm ich mir noch einen Drink und ging nach draußen, um frische Luft zu schnappen.
Von der Warteschlange war nicht einmal mehr das Schwanzende übrig. Nur der Gorilla, der mich so lange im Club-Fegefeuer hatte schmoren lassen, stand noch da. Ich legte mir ein paar giftige Bemerkungen zurecht, für den Fall, dass er mich ansprach, aber er grinste nur und vertiefte sich wieder in sein Taschenbuch, das in seinen Riesenpranken wie ein Streichholzbriefchen aussah. Schade, dass er so ein Unsymp war - aber das ist bei den süßesten Kerlen meist der Fall.
»Ich würde doch zu gern wissen, was Sie an mir so gestört hat.« Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. Nun war ich schon seit fünf Jahren in New York und hatte in all der Zeit Clubs mit Türstehern erfolgreich gemieden. Wenigstens hatte ich von meinen Eltern ein gewisses Maß an Stolz geerbt - oder an Unsicherheit, je nachdem, wie man es betrachtete.
»Wie bitte?«
»Ich meine vorhin, als Sie mich nicht auf die Verlobungsparty meiner besten Freundin gelassen haben.«
Er schüttelte den Kopf und schmunzelte in sich hinein. »Es ist wirklich nichts Persönliches. Ich bekomme eine Gästeliste, und an die muss ich mich halten. Wer nicht draufsteht oder erst aufkreuzt, wenn schon hundert andere Leute warten, muss sich eben hinten anstellen. Mehr ist es nicht.«
»Klar.« Nur wegen seiner Selbstherrlichkeit hatte ich Penelopes großen Abend halb verpasst. Leicht schwankend nuschelte ich: »Nichts Persönliches. Natürlich nicht.«
»Ich kann echt darauf verzichten, mich auch noch von Ihnen blöd von der Seite anquatschen zu lassen. Was meinen Sie eigentlich, mit wie vielen ausgemachten Zimtzicken und Streithammeln ich mich hier jeden Abend herumschlagen muss? Am besten beenden wir das Gespräch. Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?«
Vielleicht lag es an dem vierten Cosmo - flüssiger Mut im Cocktailglas -, aber ich war nicht in der Stimmung, mir sein herablassendes Getue gefallen zu lassen. »Ach, stecken Sie sich Ihre Wohltaten doch sonst wo hin«, raunzte ich und marschierte so aufrecht wie möglich zurück in den Club.
Ich umarmte Penelope, verabschiedete mich von Avery und strebte halbwegs zielsicher wieder dem Ausgang zu. Unterwegs kam ich an einer jungen Frau
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