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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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diese Ehe unter keinem guten Stern steht, oder?«
    »Igitt«, sagte meine Tochter Nelly mitfühlend.
    »Kann man wohl sagen«, sagte Anne. »Ich wusste gar nicht, wo ich hingucken sollte. Während meine Schwiegermutter sogar sehr genau hinsah und Hansjürgen am nächsten Morgen ein Päckchen für mich mitgab: mit Anti-Cellulitecreme. Wie gesagt, ich muss total bescheuert gewesen sein, trotzdem zu heiraten.«
    »Ich glaube, ich würde sterben, wenn ich den Eltern meines Freundes völlig nackt gegenüberstünde«, sagte Nelly und guckte in den Kühlschrank. »Ist noch was von dem Essen da?«
    Ich schüttelte den Kopf Ich hasste es, wenn Nelly sich unmittelbar nach dem Essen verhielt wie ein hungriger Tiger in einem Käfig.
    »Auf jeden Fall waren am FKK-Strand alle Beteiligten nackt«, sagte ich, während ich beobachtete, wie Nelly sich einen Apfel aus der Obstschale nahm und in Sekundenschnelle verspeiste. Sie war wahrscheinlich die einzige Vierzehnjährige außerhalb eines Entwicklungslandes, die einen Apfel mit Stumpf und Stiel aß, ohne am Ende irgendetwas davon wieder auszuspucken. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wie sie nur eine Stunde zuvor circa viertausend Kalorien in Form von Nudeln mitGeschnetzeltem in Sahnesoße vertilgt hatte, hätte ich angesichts ihrer rappeldünnen, schlaksigen Gestalt annehmen können, sie stehe kurz vor dem Verhungern. Die meisten Leute dachten, ich gäbe ihr nicht ausreichend zu essen. »In meinem Fall stand ich als Einzige ohne Unterwäsche da. Mitten in einem Restaurant.«
    »Und du meckerst immer darüber, dass ich zu wenig anhabe«, sagte Nelly.
    Anne lachte.
    »Das ist etwas anderes«, sagte ich. »Außerdem war es bei mir ein Versehen.«
    »Ja, klar«, sagte Nelly grinsend. »Tja, und obwohl es hier gerade unheimlich spannend ist und ich schrecklich gerne mehr über den supertollen Anton und deine aus Versehen nicht vorhandene Unterwäsche erfahren würde, muss ich jetzt zu Lara. Wir üben Mathe für die Arbeit morgen.«
    »Mit Lara? Ihr habt beide eine Vier in Mathe, Schätzchen. Wie wollt ihr euch da gegenseitig helfen?«
    »Lara hat eine Drei minus«, verbesserte mich Nelly. »Manchmal.«
    »Warum lernst du nicht mit Max?«, erkundigte sich Anne. »Er hat eine Eins in Mathe, soviel ich weiß.«
    »Max hat in allem eine Eins«, sagte Nelly ein bisschen verächtlich. »Außerdem hat er keine Zeit, weil er schon Laura-Pickelin Nachhilfe gibt.«
    »Nenn sie nicht so«, sagte ich. »Sei lieber froh, dass du keine Pickel hast.«
    •»Außerdem ist Max in der Parallelklasse und weiß nicht, was wir beim Müller durchgenommen haben«, sagte Nelly.
    »Ich glaube wohl kaum, dass sich das groß unterscheidet«, sagte Anne.
    »Und außerdem hat Laras Mutter einen Kirschkuchen gebacken, nur für uns«, sagte Nelly. »Aha«, sagte ich.
    »Ist das nicht nett? Wann hast du eigentlich das letzte Mal was für uns gebacken, Mami?«
    »Gestern«, sagte ich. »Du hast acht von zwölf Blaubeermuffins gegessen, weißt du nicht mehr?«
    »Ich meinte richtigen Kuchen«, sagte Nelly und gab mir immerhin ein Küsschen auf die Wange. »Ich muss wirklich weg. Bis nachher. Tschüss, Anne. Schöne Grüße an Max.«
    »Um sieben wird gegessen«, sagte ich, aber Nelly war schon in den Flur hinausgerannt. Die Haustüre fiel mit Nelly-typischem Schwung ins Schloss. Ich versuchte mich zu erinnern, was sie angehabt hatte: War irgendwas extrem Bauchfreies, tief Ausgeschnittenes oder unanständig Zerrissenes dabei gewesen? Oder hatte sie gar ein Kleidungsstück ganz weggelassen? Ich musste einfach besser aufpassen.
    »Sei froh, dass sie sich noch woanders satt isst«, sagte Anne. »Du wärst sonst längst verarmt. Neulich hat sie bei uns für Max und sich ein kleines Omelett mit Toast als Zwischenmahlzeit zubereitet. Mit zehn Eiern, einem halben Liter Milch und einer ganzen Packung Toast.«
    »Ich sollte vielleicht mal ihre Schilddrüse untersuchen lassen«, sagte ich. »Obwohl ich in der Pubertät auch immer verfressen war und trotzdem dünn.«
    »Bist du ja auch heute noch«, seufzte Anne. »Du Glückliche. Du hättest Antons Eltern sogar in der Sauna begegnen können, ohne dich schämen zu müssen.«
    »Es ist vielleicht auch gar nicht wegen der Unterwäsche«, gab ich zu. »Es ist mehr dieses Gefühl, so überhaupt nicht zu Anton zu passen. Immer wenn ich seine Mutter sehe, dann komme ich mir so - minderwertig vor, weißt du? Seine Mutter denkt, ich bin nicht gut genug für Anton. Und

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