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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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aber Anton sagte: »Nein, geschäftlich. Mein Vater hat dort eine Dependence. Mimi, Trudi und Ronnie kennt ihr ja, und das ist Peter Sülzmaul, Trudis Freund.«
    »Sülzermann«, verbesserte der Bärtige und reichte mir die Hand. Er hatte keinen Vollbart, sondern mehr so ein trendiges, maßrasiertes Stoppelkleid, das sich um das untere Kinn und dieOberlippe legte, aber einen großen Teil unterhalb der Unterlippe freiließ, der nur durch eine feine, senkrecht verlaufende Stoppellinie unterbrochen wurde. Dazu passten die ebenfalls kurz getrimmten Koteletten, die weit in die Wangen hineinreichten. Das morgendliche Rasieren um diese Bärte herum musste Stunden dauern. In seinem rechten Ohrläppchen glitzerte ein kleiner Ring. »Und du bist also Constanze. Ich habe schon viel von dir gehört.«
    »Und ich dachte, ihr kommt nicht zum Reden«, sagte ich. Warum schüttelte er meine Hand denn so lange?
    Peter lachte. »Ich sehe, mein Ruf eilt mir voraus.«
    Und jetzt zwinkerte er mir auch noch zu! Ich warf Trudi einen Blick zu, der besagen sollte, dass ich mich nach Fjodor und dem Reiki-Heini zurücksehnte, aber sie hatte nur Augen für Peter.
    Ich setzte mich auf einen freien Stuhl ihnen gegenüber neben Mimi. Nelly setzte sich neben mich, und Julius suchte sich den Platz zwischen Ronnie und Emily am Tischende aus.
    »Der erste Gang ist gleich fertig«, sagte Anton, der zu seinen Töpfen zurückgekehrt war.
    »Viele Europäer vertragen die thailändische Küche schlecht«, sagte Emily leise zu Julius. »Ich hoffe, du musst nicht wieder kotzen.«
    »Ich bin kein Ropäer«, verwahrte sich Julius. »Bist du wohl«, sagte Emily. »Bin ich nicht!«
    »Europäer sind Menschen, die in Europa leben«, sagte Ronnie zu Julius. »Wir alle sind Europäer.«
    »Ich nicht«, sagte Emily wie aus der Pistole geschossen. »Ich bin zu einem Viertel Asiatin. In Asien gab es schon Städte, als die Menschen hier noch in Höhlen gelebt haben.«
    »Gar nicht!«, sagte Julius.
    »Wohol!«, sagte Emily.
    Ich zwang Nelly, den Platz mit Julius zu tauschen. Wenn die Kinder sich schon die ganze Zeit zanken mussten, dann wenigstensmit geistreicheren Dialogen als »Gar nicht« und »Wohol!«. Nelly war diesbezüglich kreativer, darauf konnte ich mich verlassen.
    Ich war immer noch nervös. Ich wollte um jeden Preis einen guten Eindruck auf Antons Freunde und seinen Bruder machen, wo ich es mir doch schon mit seiner Mutter und seiner Tochter verscherzt hatte. Der Einfluss guter Freunde und Verwandter auf das Fortbestehen einer Beziehung ist nicht zu unterschätzen.
    Es ist mir im Nachhinein völlig unverständlich, warum ich mich trotz dieser Erkenntnis unvermittelt zu Antons Partner hinüberbeugte und ihn wissen ließ, dass er mich an unseren Dackel zu Hause auf Pellworm erinnere.
    Die Information ließ ihn denn auch ein wenig irritiert dreinschauen. »Tatsächlich?«, sagte er höflich.
    »Ich meine, nicht äußerlich«, sagte ich hastig. »Da bestehen überhaupt keine Ähnlichkeiten zwischen Ihnen und dem Hund, wirklich nicht.« Dummerweise sah ich in diesem Augenblick, dass das leider nicht stimmte: Der Mann hatte hinter seinen Brillengläsern warme, braune, treue Hundeaugen, ganz genau wie Elmar, der Dackel zu Hause auf Pellworm. Und seine braunen Haare waren in der Kopfmitte gescheitelt, genau wie Elmars Dackelfell. Und jetzt legte er auch noch den Kopf so schief genau wie unser Elmar, wenn er um Leckerlis bettelte. Ich spürte, wie ich knallrot anlief während gleichzeitig hysterisches Gelächter vom Zwerchfell hochdrängte. Ich war fast nicht in der Lage, den Satz zu beenden: »Es ist nur wegen des Namens, er heißt nämlich auch Elmar.«
    »Tatsächlich?«, sagte Elmar wieder.
    Ich nickte. Das Lachen war jetzt fast oben angekommen. Ich versuchte, an etwas zu denken, vorzugsweise an etwas sehr Trauriges, aber ich konnte meinen Blick nicht mehr von Elmar lösen. Aus irgendeinem Grund ließ sich das Bild unseres Dackels mit der Brille von Antons Geschäftspartner nicht mehr aus meinem Kopf vertreiben.
    Als dieser jetzt auch noch anfing, seine Nase in die Luft zu heben und schnüffelnd zu sagen: »Das riecht wirklich köstlich, Anton«, war es um mich geschehen. Ich prustete los.
    »Ich bin froh, dass ich nicht die Einzige bin, die Trudis Kleid komisch findet«, sagte Mimi und reichte mir eine Serviette.
    Ich presste sie mir dankbar vor den Mund.
    »Was soll an meinem Kleid komisch sein?«, fragte Trudi. »Mir war heute einfach nach Orange. Ich richte

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