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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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meine Kleidung immer nach meiner Stimmung. Das solltest du auch mal versuchen, Mimi.«
    Mimi, die ein schwarzes, eng anliegendes Kleid trug, lächelte. »Aber genau das mache ich doch«, sagte sie.
    »Hör bitte auf damit«, sagte Ronnie. »Mit deinem Zynismus können nicht alle Leute etwas anfangen.«
    Die Lachsalven, die meinen Körper erschütterten, ließen allmählich nach. Ich tupfte mir mit Mimis Serviette die Lachtränen ab und versuchte, nicht mehr zu Elmar hinüberzuschauen. Ich würde unter den Tisch rutschen müssen, wenn er sich hinterm Ohr kratzte.
    »Ich finde, die Farbe steht Trudi wunderbar«, sagte Peter und schaute beifällig in Trudis Ausschnitt. Trudi lächelte kokett.
    »Peters Frau trägt auch am liebsten schwarz, nicht wahr, Peter?«, sagte Mimi. »Wahrscheinlich vor allem jetzt.«
    »Du kennst Peters Frau doch gar nicht«, sagte Ronnie, wobei er Peter entschuldigend anlächelte. »Sie ist im Augenblick ein wenig - äh ...«
    »Natürlich kenne ich sie«, sagte Mimi. »Sabine Ziegenweidt-Sülzermann. Wir haben zusammen studiert. Hör also auf, mich wie eine Geisteskranke zu behandeln, Ronnie.« Sie lächelte Peter ebenfalls entschuldigend an. »Er gehört leider zu den Männern, die es schwer ertragen, wenn die Ehefrau beruflich erfolgreicher ist als sie selbst. Wenn ich ab nächstem Ersten wieder arbeiten gehe, rutscht er automatisch in eine ganz armselige Steuerklasse ab. Aber Sie kennen das ja, nicht wahr, Peter? Sabine verdientweit mehr als doppelt so viel wie Sie, was wahrscheinlich auch der Grund für Ihre Midlifecrisis ist.«
    »Das kommt immer darauf an, wie meine Geschäfte laufen«, sagte Peter. »Ich bin selbstständig. Da sind große Schwankungen möglich.«
    »Was?«, rief ich, als der Groschen endlich gefallen war. »Sabine Zungenbrecher-Doppelname von der Mütter-Snob-Gesellschaft? Das ist Peters Frau?«
    »Jawohl«, sagte Mimi. »Die Welt ist ja so klein.«
    »Unfassbar.« Ich sah Peter genau an. Wenn man sich die Barte wegdachte und stattdessen einen Schnuller dazu - eine Ähnlichkeit mit Nikchekakchen-Karsta war tatsächlich gegeben. »Dann sind Sie also der Vater von Karsta und Wiehießsienochgleich?«
    »Wibeke. Ja, das ist wohl der logische Rückschluss«, sagte Peter selbstgefällig.
    Ich fasste es immer noch nicht. So klein konnte die Welt doch gar nicht sein. Trudi war praktisch wie meine Schwester, und wenn sie mit Peter zusammenblieb, dann gehörte er sozusagen mit zur Familie. Und Sabine und die beiden Kinder ebenfalls. Was für eine grauenvolle Vorstellung. Wenn das so weiterging, bildeten wir bald die größte Patchworkfamilie Europas: ich und Anton und Antons und meine Kinder und Antons Ex und Lorenz und Paris und das Baby und Trudi und Peter und Sabine und Garsta und Wiebitte. Ich musste Anton fragen, ob seine Ex einen Neuen hatte und ob der Kinder hatte und ob dessen Ex vielleicht auch wieder anderweitig gebunden war. Wenn ja, waren wir ein Fall für das Guinessbuch der Rekorde.
    Anton hatte hervorragend gekocht, aber die Gespräche waren trotzdem alles andere als entspannt. Das lag daran, dass um diesen vergleichsweise kleinen Tisch mehr Krisenherde versammelt waren als im gesamten Nahen Osten. Mimi und Ronnie, sonst ein beinahe nervtötend harmonisches Paar, lieferten einander bissige Wortgefechte, wenn Mimi nicht gerade Seitenhiebe auf Trudi und Peter abfeuerte oder mit Johannes flirtete. Peter wiederumfummelte ungeniert an Trudi herum und vertrat lauthals die Ansicht, dass in allen Ehen irgendwann ein Punkt erreicht sei, an dem eine Trennung die klügste Entscheidung darstelle. Damit löste er eine heftige Diskussion aus. Wie sich herausstellte, war Elmar (den ich leider immer noch nicht angucken konnte, ohne dass ein Lachen in mir hochstieg) frisch von seiner Frau verlassen worden, und es war offensichtlich, dass die Wurzelholzbrille ihn trösten wollte, aber nicht durfte, weil Elmar immer noch hoffte, seine Frau würde zu ihm zurückkehren. Er sagte, dass die Probleme, die man in einer ersten Beziehung nicht lösen könne, auch in der zweiten Beziehung ungelöst blieben. Ronnie war ganz seiner Meinung. Er sagte, eine Ehe sei für die Ewigkeit geschlossen, und man müsse eben daran arbeiten, dass sie auch für die Ewigkeit hielte. Wenn Probleme auftauchten, könne man nicht einfach davonlaufen. Mimi hielt sowohl Elmars als auch Ronnies These für völligen Quatsch.
    »Wenn ich - nur so zum Beispiel - ein weinerliches Muttersöhnchen geheiratet habe«, sagte

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