Die Patin
anderen Dingen ganz zu schweigen.
Anton hatte schon wieder seine Augenbraue hochgezogen.
»Wenn es nach dir ginge, würde ich mein Leben lang einsam in meiner Zwei-Zimmer-Wohnung hocken und meinen Katzen von meinen vielen verpassten Chancen erzählen«, sagte Trudi anklagend. »Von Ländern, die ich hätte bereisen können, von Männern, die ich hätte heiraten können, von Kindern, die ich hätte bekommen können ...«
Ich blinzelte überrascht. »Was soll das denn heißen? Du hast immer gesagt, dass du heiraten spießig findest und bereits mehr als genug Kinder in deinen vorigen Leben bekommen hättest.«
»Das war, bevor ich Peter kennen gelernt habe«, sagte Trudi.
Ich war sprachlos.
»Da kannst du mal sehen, wie ernst ich es meine«, sagte Trudi. »Ach, Constanze, ich wünschte, du könntest fühlen, was ich fühle. Er ist ein Virtuose im Bett! Bis jetzt hatte ich von multiplen Orgasmen nur gehört, aber seit ich Peter kenne, weiß ich endlich, wie sie sich anfühlen.« Sie schnurrte genüsslich. »Und was den G-Punkt angeht: Ich dachte immer, den hätten Frauen erfunden, um Männer zu ärgern, aber Peter weiß, wo er sich befindet. Und ich habe Punkte an seinem Körper entdeckt, für die es überhaupt noch keine Namen gibt. Wir überlegen, ob wir nicht zusammen Kurse geben sollten. Hättet ihr Interesse?«
Ich warf Anton einen raschen Blick zu. Leider musste ichfeststellen, dass ich die Einzige von uns war, die eine knallrote Birne bekommen hatte. Anton sah relativ gelassen aus.
»Das klingt sehr interessant«, sagte er höflich. »Wenn wir den G-Punkt nicht finden sollten, wissen wir jetzt, an wen wir uns wenden können.«
»Jederzeit«, sagte Trudi strahlend. Ich überlegte, ob sie mir möglicherweise von Engeln gesandt worden war: als Lerngeschenk.
»Vielen Dank für den Kaffee und die informative Unterhaltung«, sagte Anton mit einem Blick auf seine Armbanduhr. Es war eine Schweizer Uhr, die ungefähr so viel gekostet hatte wie sein Jaguar. (Das wusste ich von Mimi, sie gab ständig mit Antons Besitztümern an, als wären es ihre eigenen. Als ob mir so etwas imponieren würde!) Er erhob sich. »Eigentlich war ich ja gekommen, um euch für heute Abend zum Essen einzuladen.«
»Uns?«, wiederholte Trudi entzückt.
»Constanze und die Kinder«, stellte Anton richtig, fügte aber zu meinem Entsetzen hinzu: »Sie können aber auch gerne kommen, Trudi. Wenn Sie thailändische Küche mögen. Es war eine ganz spontane Idee, mein Bruder kommt auch, außerdem Mimi und Ronnie und mein Partner aus der Kanzlei. Wie wär's? Bringen Sie Ihren Peter doch einfach mit.«
War er bescheuert, oder was?
»Ja, gerne«, sagte Trudi und strahlte noch mehr. »Peter und ich lieben asiatische Küche. Und so kann Constanze ihn gleich mal kennen lernen.«
Na toll. Meine erste Einladung in Antons Haus, und meine verrückte Freundin Trudi war auch dabei, um mich zu blamieren. Mit einem Typ, den sie in der Sauna kennen gelernt hatte. Antons Bruder und sein Partner würden ganz sicher entzückt sein. Das einzig Gute war, dass Trudi mich noch nicht lange genug kannte, um als Zeit-Zeuge meine Erfolge als jugendliche Schwimm- und Schachmeisterin zu dementieren.
»Wir kommen gerne«, sagte ich und unterdrückte ein Zähneklappern.
»Ich habe auch was für dich«, sagte Anton. »Eine Überraschung.«
*
Und nicht nur Anton hatte an diesem Tag eine Überraschung für mich. Auch Lorenz und Paris hatten mir etwas zu sagen. Das heißt, sie hätten es mir gesagt, wenn ihnen meine Kinder nicht zuvorgekommen wären.
»Du wirst niemals glauben, was passiert ist«, sagte Nelly, kaum dass sie zur Tür hereingekommen war. »Paris hat sich von Papa ein Kind andrehen lassen!«
Ich schnappte ein bisschen nach Luft.
»Nelly!«, sagte Paris tadelnd. Sie sah wie immer bezaubernd aus. Lorenz war noch am Auto. Er musste Nellys und Julius' Gepäck aus dem Kofferraum holen.
»Na dann hat Papa sich eben von Paris ein Kind andrehen lassen«, sagte Nelly. »Besser so?«
»Nein«, sagte Paris. »Wir wollten es deiner Mutter doch ein bisschen schonender beibringen.«
»Ja, bitte«, sagte ich schwach. Meine Hand hatte sich völlig selbstständig auf mein Herz gelegt.
»Wir bekommen noch ein Geschwister, Mama«, sagte Julius.
»Noch schonender«, sagte ich.
Paris lachte. »Wir hätten es dir zuerst sagen sollen, aber ich konnte ja meine Klappe nicht halten. Jaaaaa, ich bin schwanger! Ich bin so glücklich! Ich hätte gar nicht damit
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