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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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sind auch alle total hübsch. Venice, die Kinder, der Mann und sogar der Hund werden als komplette Familie für Werbespots gebucht, zum Beispiel für Autos, und Venice sagt, das macht irre viel Spaß. Ich hab Papi gefragt, warum er noch nicht auf diese Idee gekommen ist, uns als Familie für so einen Spot anzumelden, und er hat gesagt: Weil wir keinen Hund haben. Typisch. Die Eltern von Paris sind auch voll nett, aber am coolsten von allen ist Paris' Neffe Priamos. Ist das nicht ein oberaffenscharfer Name? Priamos ist achtzehn, sieht megagut aus und spricht fast die ganze Zeit Englisch, weil er so international ist. Er modelt für Shampoos und Duschgels, ist das nicht heller Wahnsinn? Ich habe ihn wahrscheinlich schon hundertmal im Fernsehen nackt gesehen, ohne zu wissen, dass er es ist. Today werde ich mal versuchen, mich a little bit with Priamos zu unterhalten. Bis jetzt hat er leider immer seine Kopfhörer in die Ohren gesteckt, wenn ich in seine Nähe kam. Wahrscheinlich ist er ein bisschen schüchtern, trotz all seiner Erfahrung. Vielleicht machen wir ja demnächst mal zusammen Werbung. Nicht für Duschgel, aber vielleicht für Schokolade oder Eiscreme oder so. Da wäre ich, glaube ich, ziemlich gut für geeignet.

7.
    Es ist mir peinlich, es zuzugeben, aber als das Flugzeug mit meinen beiden Kindern darin Richtung Menorca abhob, heulte ich wie sonst nur am Ende von Jenseits von Afrika - ich konnte gar nicht mehr aufhören. Der Taxifahrer, der mich vom Flughafen direkt zum Friedhof zur Beerdigung von Annes Vater brachte, dachte, mir sei wer weiß was für eine schreckliche Katastrophe widerfahren. Aber zur Beerdigung passte es ja irgendwie.
    »Ich fühle mich auch ganz elend«, sagte Anne, als ich total verheult neben sie trat und ihre Hand drückte. Sie sah blass und krank aus in ihrem viel zu engen schwarzen Kostüm, das sie das letzte Mal zur Beerdigung ihrer Mutter getragen hatte, mit zweiundzwanzig. »Ich weine auch die ganze Zeit.«
    »Ja, aber bei dir ist das etwas anderes«, schniefte ich. »Du beerdigst schließlich heute deinen Vater.« Ich sah mich unter den Beerdigungsgästen um. Die meisten waren über achtzig, ein paar Verwandte, Freunde und Bekannte aus dem Heim, in dem er zum Schluss wegen seiner Krankheit gelebt hatte. (Anne meinte hinterher, keiner von denen hätte gewusst, wen sie da eigentlich zu Grabe trugen.)
    »Welcher von denen ist Hansjürgen ohne Bindestrich?«, flüsterte ich.
    »Er ist nicht mitgekommen«, antwortete Anne mit gedämpfter Stimme. »Musste arbeiten.«
    »Aber heute ist Samstag«, flüsterte ich.
    »Ja«, flüsterte Anne zurück. »Ein wichtiges Projekt.«
    »Tiffany«, raunte Max. Auch er war ganz in Schwarz. DasJackett war ihm zu groß, ich nahm an, dass es eigentlich seinem Vater gehörte.
    »Tiffany?«, wiederholte ich, und mir fiel auf dass ich noch nie nach Hansjürgens Beruf gefragt hatte. War er vielleicht Juwelier?
    »Die Praktikantin heißt Tiffany«, erklärte Max. »Ich habe mich erkundigt. Sie ist die Tochter von einem Geschäftsfreund. Ich schätze, Papa kann sie nicht so einfach wieder loswerden wie die anderen vorher. Sie stellt auch viel mehr Ansprüche. Ich habe Mama gesagt, sie soll ihn verlassen, bevor er es tut, aber sie will nichts davon hören.«
    »Hansjürgen ist noch jedes Mal wieder vernünftig geworden«, zischte Anne. »Und er wird es auch diesmal werden. Tiffanys Tage sind gezählt.«
    »Und deine Würde ist endgültig den Bach hinunter«, zischte Max zurück. »Ich würde Papa einfach sagen, dass er gegen diesen Mathelehrer nicht anstinken kann.«
    »Du hast keine Ahnung, was für eine Lawine ich damit lostreten würde, mein lieber Junge«, sagte Anne. »Das mit Jo war ein einmaliger, unverzeihlicher ... Fehltritt! Wenn Papa jemals davon erfährt, müssten wir das Haus verlassen und in eine kleine Wohnung ziehen. Ohne Garten! Du würdest das vielleicht noch verstehen, aber was ist mit Jasper?«
    »So geht das die ganze Zeit«, sagte Max und beugte sich näher zu mir. »Ich würde am liebsten gar nicht ins Ferienlager fahren, sonst bringt sie es fertig und führt die berühmte große Versöhnung mit Papa herbei. Keine Ahnung, was genau sie dafür tun muss, aber sie backt unglaublich kleine Brötchen, und dann ist er zwei Wochen lang ein vorbildlicher Ehemann, macht sonntags das Frühstück und fährt mit uns in den Zoo und so. Bis die nächste Sekretärin um die Ecke biegt.«
    »Eine Ehe ist ein Versprechen, das man weder leichtfertig geben

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