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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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erzählt, dass mein Vater gestorben ist, und da hat er mir über den Kopf gestreichelt, glaube ich, und dann - also, das war so seltsam: Wir haben uns einfach irgendwann in den Armen gelegen. So etwas habe ich noch nie erlebt.«
    »Meinst du, der Geist deines Vaters hat dich in seine Arme geschubst?«, fragte Trudi aufgeregt. »Weil er für sein Krümelchen nur das Beste will?«
    »Ich sagte doch schon, er war Katholik«, sagte Anne. »Strenggläubig. Oh, Gott, was habe ich getan! Als ich wieder zur Besinnung kam, habe ich schnell meine Klamotten angezogen und bin abgehauen. Dummerweise ohne den Autoschlüssel, deshalb musste ich die ganze Strecke laufen.«
    »Und Jo?«
    »Er war gerade unter der Dusche«, sagte Anne. »Er hätte es glatt noch mal getan. Er hat gesagt, dass er seit Wochen davon geträumt hat, mit mir zu schlafen, aber er dachte, ich sei eine glücklich verheiratete Frau. Und das bin ich ja auch. Nicht glücklich, aber verheiratet.«
    »Tja, das waren wir fast alle mal«, sagte Mimi lapidar. »Aber irgendwann ist das eben vorbei.«
    »Ich finde auch, es gibt Schlimmeres«, sagte ich. »Dein Hansjürgen vögelt sich schließlich seit Jahren quer durch die Botanik.«
    »Constanze!«, riefen Mimi und Trudi gleichzeitig.
    »Was?«
    »Du hast das V-Wort gesagt«, sagte Mimi. »Dass ich das noch erleben darf«
    »Das ist euer schlechter Einfluss«, sagte ich. »Ich finde jedenfalls, dass Anne nichts Böses getan hat.«
    Aber Anne hatte immer noch das Büßerhemd an. »Ich habe Ehebruch begangen«, jammerte sie. »Und damit bin ich keinen Deut besser als mein Mann. Ich werde meinen Kindern nie wieder in die Augen schauen können.«
    »Aber das ist doch Quatsch«, sagte eine Stimme in der Dunkelheit hoch über uns.
    Wir erlitten einen kollektiven Herzanfall, und Trudi sprang sogar vom Stuhl und warf sich davor auf die Knie, aber es war nur Max, der über das Geländer von Nellys Baumhaus schaute. »Du predigst uns doch die ganze Zeit was von Gleichberechtigung, Mama. Wenn Papa seine Praktikantin bumst, dann kannst du auch - was ist er von Beruf?«
    »Mathelehrer«, sagte Anne, vor Schreck noch wie gelähmt.
    »... diesen Mathelehrer bumsen«, fuhr Max fort. »Das ist nur gerecht.«

 
     
    4. August
    Das Haus ist herrlich ruhig ohne Laura-Kristin und Flavia. Sie sind beide im Ferienlager in der Eifel. Jan und ich werden mit unserem Jüngsten ganz entspannt für zwei Wochen an die See fahren, ganz ohne Zickenalarm. Es war in letzter Zeit einfach zu nervig, ständig Laura-Kristins Geschichten von ihrem Fantasie-Freund »Max« anzuhören. Es blutet mir jedes Mal das Mutterherz, wenn ich sie darauf hinweisen muss, dass es doch viel schöner wäre, einen richtigen Freund zu haben, und dass ich sie bei einer Diät auch tatkräftig unterstützen werde, aber sie verdreht dann nur die Augen und schreit: »Ach, Mama, du verstehst einfach gar nichts!« MÄDCHEN! Ich bin heilfroh, dass unser vierter Nachwuchs wieder dem starken Geschlecht angehören wird. Es liegen immer noch nicht alle Anmeldungen für unserenHerbstkurs »Bilinguale Erziehung für Säuglinge« vor Für alle, die sich nichts darunter vorstellen können: Mrs. Sullivan, promovierte Anglistin und selber Mutter von vier Kindern, wird mit uns englische Babysprache und englische Kinderlieder einstudieren. Sie ist wirklich eine Koryphäe auf ihrem Gebiet, und ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich will, dass wenigstens mein viertes Kind Englisch von der Pike auf lernt! Wisst ihr übrigens, wer sich getrennt hat? Ronnie und Mimi Pfaff, die mit der Fehlgeburt. Eine Tragödie, nicht wahr? Ich habe ja gleich gesagt, dass die Ehe daran zerbrechen wird. Das ist das Brad-Pitt-Syndrom. Das Haus wird sicher verkauft werden. Wäre das nichts für euch, Sonja? Ich habe es neulich mal von innen besichtigt, und es ist wirklich hübsch. Wenn das Baby da ist, wird es in eurem Reihenhäuschen doch arg eng, und im Hornissenweg hättet ihr die schrecklichen Kloses vom Hals. Könnte mir vorstellen, dass das Haus ein Super-Schnäppchen ist, wenn es unter diesen Umständen schnell verkauft werden muss!
    Frauke
    6. August
    Ich glaube, Buckelwal Becker merkt allmählich, dass es besser ist, nicht mit einem verheirateten Mann und Familienvater anzubandeln. Peter sträubt sich zwar ein wenig, aber ich sehe nicht ein, dass ich mir nach meiner harten Arbeitswoche auch noch die Wochenenden mit den Kindern um die Ohren schlagen soll, während er sich nur mit Buckelwal im Bett

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