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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Schönheitschirurg aussieht, der der Bianca die Möpse gemacht hat! Obwohl der ja auch vorher nicht gerade toll aussah. Ist Ihnen das mal aufgefallen? Diese Schönheitschirurgen sind oft selber grottenhässlich, stimmt's?«
    »Stimmt«, piepste ich.
    »Jetzt erst recht. Hat der Bianca zwei verschieden große Möpse verpasst, der Mann. Bernhard war echt angestunken. Kann man verstehen, oder? Na, das macht der jedenfalls nicht noch mal. Ist nicht gut, sich mit meinem Freund Bernhard anzulegen,wirklich. Das weiß doch jeder, dass der keinen Spaß versteht. Warum musste Ihr Freund denn plötzlich Ärger machen? War doch alles so gut geregelt! Wieso wollte der denn plötzlich nicht mehr zahlen? Ich meine, der Bernhard hat auch so seine Kosten, und die Bianca ist eine Frau mit Ansprüchen. Das muss Ihr Freund doch verstehen.«
    »Tut er jetzt bestimmt auch«, piepste ich.
    Paschulke legte mir mitfühlend eine klodeckelgroße Hand auf den Arm. »Also, wenn Sie kein Blut sehen können, gehen Sie da besser nicht rein. Unser Henri hier hat nämlich auch ein bisschen mitgemischt. Dumm für Ihren Freund, dass der keine Hose anhatte ... Hatte noch Glück, dass er ihm nichts abgebissen hat, so wie unserem ehemaligen Getränkelieferanten. Der haut so schnell auch keinen Gastwirt mehr übers Ohr mit seinen Bierverträgen, kann ich Ihnen sagen. Stimmt's, Henri?«
    Der Mastino knurrte.
    Bernhard tauchte im Türrahmen auf und guckte gemein.
    Ich vergaß zu atmen. Ich konnte nicht mal mehr piepsen.
    »Komm, wir sind hier fertig«, sagte Bernhard und schlug Paschulke auf die Schulter. Dann sah er mich. Ich versuchte, mich hinter meiner Antifaltenmaske in Luft aufzulösen. Würde Bernhard sich bei mir für den Anfang auch mit einem einfachen Bruch zufrieden geben? Wie mochte sich das anfühlen, wenn so ein Hund einem die Zähne in den Oberschenkel schlug? Ich hatte irgendwo gelesen, wenn Mastinos einmal zugebissen hatten, war es selbst mit einer Brechstange unmöglich, ihre Kiefer wieder vom Opfer zu lösen.
    Aber Bernhard hatte sich meine Visage offensichtlich doch nicht gemerkt. Oder die Antifaltenmaske rettete mir das Leben.
    »Noch so eine barmherzige Johanniterin«, sagte er nur. »Na, dat ist doch klasse, dat der Jo direkt so fein verarztet werden kann. Sag ihm noch mal, dat er seinen Scheißantrag zurückziehen soll, Schwester, sonst hat er beim nächsten Mal keine Zähne mehr. Und was ich mit dem Dschoähn mache, dat kann ersich ja mal in aller Ruhe ausmalen, wenn er heute Abend im Bett liegt. Ich hoffe, er hat genug Fantasie, der Herr Lehrer.« Bernhard ließ seine Fingergelenke knacken. »In Bernhards Welt gibt es keine beschissenen Anträge, dat dat mal klar ist.«
    Und damit verschwand er die Treppe hinunter. Paschulke und der Hund folgten ihm. Paschulke tippte sich noch einmal an den nicht vorhandenen Hut und nickte mir zu.
    »Meine Nummer haben Sie ja, Lady. Wiedersehen.«
    »Wiedersehen«, piepste ich und sackte dann beschämt in mich zusammen. So also verhielt sich die brandgefährliche Patin der gefürchteten Mütter-Mafia in einer Gefahrensituation!
    Ich wartete, bis die Haustür unten ins Schloss gefallen war, dann kam das Leben zurück in meine Beine, und ich konnte endlich in die Wohnung gehen. Jo saß ziemlich übel zugerichtet auf dem Küchenfußboden, den Rücken an den Kühlschrank gelehnt. Anne hatte sich in seine Arme geworfen und schluchzte immer wieder seinen Namen. »Oh, Jo, Jo, Jo, oh, Jo!« Es klang beinahe wie ein Country-Song.
    »Wie schön, dass du zurückgekommen bist«, sagte Jo zu ihr, und dabei sickerte ihm ein bisschen Blut aus der Nase. »Ich war schon so weit, dass ich dachte, ich hätte das alles nur geträumt.«
    Es war zum Erbrechen anrührend.
    »Aber warum hast du nicht angerufen?«, rief Anne. »Oh, Jo!«
    »Ich kenne doch deinen Nachnamen gar nicht«, sagte Jo. »Ist das nicht total verrückt? Ich habe mich in eine Frau verliebt, von der ich nur den Vornamen kenne. Und diesen süßen Leberfleck am Bauch.«
    »Oh Jo!«, rief Anne wieder. »Wie kannst du so etwas sagen? Du kennst mich doch kaum. Und ich bin verheiratet. Ich bin ...«
    »... die süßeste, wunderbarste, sinnlichste und warmherzigste Person, die mir jemals begegnet ist«, ergänzte Jo. »Und ich liebe dich.«
    »Oh, Jo«, rief Anne und warf sich wieder an seine Brust. »Ichliebe dich auch. Ja, das tue ich.« Und dann begannen sie einander zu küssen, ohne Rücksicht auf das Blut, das aus Jos Nase rann.
    Ich räusperte mich.

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