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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Letzte!«
    »Aber nein«, sagten wir und rückten etwas näher an sie heran.
    »Ich hätte das nie von mir gedacht«, sagte Anne. »Dass ich so etwas tun würde. Und dann auch noch am Todestag meines Vaters.«
    Mittlerweile machten wir uns vor Neugier fast in die Hosen. Dummerweise brach Anne nun erst einmal in hysterisches Geschluchze aus, und es dauerte einige Zeit, bis sie wieder sprechen konnte. Aber dann, nachdem wir ihr zwei Gläser Bowle eingeflößt hatten, erzählte sie uns die ganze Geschichte.
    Nach dem Anruf vom Krankenhaus war sie losgefahren, um ihren Vater noch einmal zu sehen. Wie er da so friedlich und ruhig gelegen habe, beinahe so als ob er schlafe, da habe sie plötzlich das Gefühl gehabt, er würde ihr Fragen stellen, Fragen nach ihrem Leben, danach, ob sie glücklich sei, denn nur darauf (hatte der tote Vater gesagt) käme es im Leben wirklich an.
    »Und zum ersten Mal seit Jahren hat er gewusst, wer ich bin«,sagte Anne heulend. »Er hat Krümelchen zu mir gesagt. So hat er mich immer genannt, als ich noch klein war.«
    »Haben sich seine Lippen dabei bewegt, oder war es mehr eine Art innere Stimme?«, fragte Trudi neugierig, aber ich stieß sie in die Rippen.
    Anne hatte ihrem Vater gestehen müssen, dass sie immer ein glücklicher, mit sich selbst und der Welt zufriedener Mensch gewesen sei. Bis sie Hansjürgen geheiratet hatte.
    »Versteht mich nicht falsch, ich meine, ich wollte ihn heiraten und alles, und ich habe ihn auch wirklich geliebt«, sagte sie. »Ich war nur nicht mehr glücklich.«
    Aber sie hatte ihre Kinder und ihren Beruf gehabt, und beides liebte sie sehr, und zuerst hatte Hansjürgen auch nicht permanent Affären, sondern nur ab und an, und immer, wenn wieder eine vorbei war, hatte sie gedacht, sie könnten noch mal ganz von vorne anfangen.
    »Ich dachte immer, unsere guten Zeiten kämen vielleicht noch«, sagte Anne. »Stattdessen wurde es immer schlechter.«
    Und irgendwann hatte sie auch aufgehört, aufbessere Zeiten zu hoffen. Sie hatte sich mit der Situation arrangiert, so gut es eben ging.
    »Ich meine, ich musste doch auch an die Kinder denken, oder? Es war schlimm genug, dass sie so einen unmoralischen, egoistischen Vater erleben mussten, da musste doch wenigstens ich ein verlässlicher, ruhender Pol sein, oder? Und das war ich auch! Bis heute!« An dieser Stelle brach sie wieder heulend zusammen. In der Zwischenzeit war ich zu dem Schluss gekommen, dass sie im Affekt eine Bank überfallen hatte, heute am verkaufsoffenen Donnerstag.
    »Wenn du das Geld jetzt sofort zurückgibst und dich entschuldigst«, sagte ich, »dann gibt es garantiert Straffreiheit wegen Unzurechnungsfähigkeit.«
    »Welches Geld?« Anne hob den Kopf.
    »Na, du hast doch ... oder nicht?« Möglicherweise hatte sieauch Hansjürgen und seine Praktikantin mit dem Auto überfahren. Ja, es sah ganz danach aus:
    »Was habe ich getan?«, rief sie und rang ihre Hände. »Oh, was habe ich getan!«
    »Woher sollen wir das wissen?«, rief Trudi. »Jetzt sag's uns doch endlich.«
    Anne guckte nur verstört. »Ich bin das Letzte.«
    Wir verloren allmählich auch die Nerven.
    »Was! Hast! Du! Schlimmes! Getan!«, schrie Mimi sie an. Ich glaube, sie rüttelte dabei auch an Annes Arm.
    Anne holte tief Luft. »Ich habe Ehebruch begangen«, sagte sie dann feierlich.
    »Ach du liebes bisschen«, sagte Trudi bodenlos enttäuscht. »Und ich dachte, es wäre was Ernstes.«
    »Mit wem denn?«, fragte ich.
    »Mit - oh Gott, ich kann einfach nicht fassen, was ich getan habe.«
    »Mit wem?«.
    »Es hört sich vielleicht merkwürdig an, und ihr werdet es wahrscheinlich nicht glauben, außer Trudi vielleicht, die kennt sich ja mit überirdischen Phänomenen aus. Es war nämlich so: Mein Auto ist auf dem Rückweg vom Krankenhaus automatisch in den Hirschkäferweg eingebogen. Und direkt vor Jos Tür war ein Parkplatz frei. Und ehe ich mich's versah, hatte ich das Auto dort geparkt. Wie von Zauberhand geführt.«
    »Jupheidi«, sagte Mimi. (Was immer das in diesem Zusammenhang auch heißen sollte.)
    »Du hast mit Jo geschlafen?«, schrie ich.
    »Meinst du, dein verstorbener Vater hat das Auto gelenkt?«, fragte Trudi.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Anne unbehaglich. »Er war strenggläubiger Katholik.«
    »Aber wo du nun schon mal da warst, bist du auch gleich zu Jo hochgegangen und hast mit ihm geschlafen?«, fragte Mimi.
    »Nein«, sagte Anne. »Nicht sofort. Zuerst hat er mir eine Tasse Kaffee gemacht. Und ich habe ihm

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