Die Peitschenbrüder
Hütte. Aber denke immer daran, dass ich sie keinen Augenblick aus den Augen lasse.« Mit verächtlichem Blick sah der Einäugige zu den Trinkenden hinüber. »Sie können sich besaufen, soviel sie wollen. Goltan bleibt wach und wartet.«
»Was geschieht mit Sadagar?« Nottr war selbst überrascht, als er sich diese Frage stellen hörte.
»Er hat eine ganze Anzahl von uns getötet. Er wird so sterben wie sie, nur viel langsamer.«
Einige der Banditen waren dabei, einen mächtigen Holzpflock in die Erde zu treiben, genau zwischen den Feuern. Nottr ging schwankend an ihnen vorbei, als sie innehielten, um Goltans mächtige Stimme zu vernehmen, der allen im Lager erklärte, dass Nottr jetzt einer von ihnen sei und jeder die Hände von ihm und Kalathee zu lassen habe.
Sar starrte Goltan wütend an. »Aber du.«
»Ich habe versprochen, dass du deinen Spaß bekommen würdest«, herrschte der Gigant sie an. Er zeigte auf den Pflock. »Du wirst ihn haben. Goltan hält seine Versprechen.«
Der letzte Satz hallte Nottr noch unheilverkündend in den Ohren, als er die Hütte betrat, in der Kalathee ebenso wie bis vor kurzem er selbst an einen Stützbalken gebunden war.
Er stand mit dem Messer in der Hand vor ihr und blickte von ihr zum Eingang und wieder zurück. Sie hatte alles mit ansehen und hören können.
Kalathees schönes Gesicht war vor Ekel verzerrt. Sie spuckte Nottr vor die Füße.
»Fass mich nicht an, Verräter«, flüsterte sie mit einer Stimme, die dem Lorvaner einen kalten Schauer über den wunden Rücken fahren ließ. »Du wirst mich nie besitzen. Und ich schwöre dir, dass Mythor dich bestrafen wird.«
Der Klang dieses Namens erfüllte Nottr mit Zorn. Er packte Kalathee am Arm und riss sie unsanft in die Höhe. Dann schnitt er ihre Fesseln durch. Sie trat und kratzte.
»Versuche mich doch zu verstehen, Kalathee!« bat er. »Ich tue es nicht für mich. Ich.«
»Lieber würde ich dort zwischen den Feuern sterben, zusammen mit Sadagar, als mit dir zu gehen!«
Sekundenlang starrte Nottr das Mädchen an, sah, wie es litt und wie sehr es ihn verabscheute. Er wollte alles, was ihn so sehr quälte, vor ihr ausbreiten in der Hoffnung, dass sie ihn doch verstand. Dann packte ihn die Wut von neuem. Er wusste vor Verzweiflung kaum noch, was er tat, als er Kalathee grob an sich riss und sie mit sich aus der Hütte zerrte, auf die andere zu, in der er gefangengehalten worden war. Kalathee beschimpfte ihn, schrie Mythors Namen, begann schließlich wie ein kleines Kind zu weinen und leistete keinen Widerstand mehr.
Vor dem Eingang der Hütte wartete Sar. Sie hielt etwas in der Hand. Nottr blieb stehen und sah ein kleines gläsernes Gefäß mit einer dunkelroten Flüssigkeit darin.
Sar hielt es ihm entgegen. »Gib ihr das, Bruder«, sagte sie. »Sie wird dann keinen anderen Mann als dich mehr begehren.«
Unwillkürlich wollte Nottr nach dem Gefäß greifen. Seine Hand zuckte zurück. Er starrte wütend in Sars Augen und fuhr sie an: »Verschwinde, Hexe! Verschwinde mit deinem Teufelstrank, bevor ich dich.«
Nottr verschluckte den Rest des Satzes, als er an Goltans Warnung dachte. Sar lachte schrill. »Andere haben dafür bezahlt, dass sie mich eine Hexe nannten. Jesserk wird noch bezahlen müssen, doch dir verzeihe ich für dieses Mal. Bevor die Nacht vorüber ist, wirst du zu mir kommen und mich um den Trank bitten. Du wirst ihn bekommen.« Unverhohlen musterte sie seinen muskulösen Körper. »Und vielleicht etwas anderes, wenn dir die Kleine zu langweilig wird. Goltan hat jetzt nur dieses Gläserne Schwert im Sinn. Denk an mich, Barbar!« Von Nottrs Flüchen begleitet, ging sie lachend davon.
Und der, dem Goltans Gedanken galten, sah, wie Nottr die schluchzende Kalathee in die Hütte zerrte.
*
Lange bevor er die Schlucht erreichte, hörte Mythor das Grölen der betrunkenen Banditen. Vorsichtig arbeitete er sich zwischen den Bäumen am Hang eines Hügels bis zur Mündung der Schlucht vor. Das Lärmen kam vom anderen Ende. Dort also lag der Schlupfwinkel der Peitschenbrüder. Endlich war Mythor am Ziel.
Er sah Feuerschein und lachte grimmig in sich hinein. Die Schlucht war für einen Hinterhalt wie geschaffen. Überall gab es Felsvorsprünge, auf denen Heckenschützen sitzen und darauf warten konnten, ihre Pfeile auf ihn abzuschießen.
Mythor wollte ihnen den Gefallen nicht tun, in ihre Falle zu gehen. So einfach sollten sie es mit ihm nicht haben. Er ruhte sich eine halbe Stunde aus, nachdem er den ganzen
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