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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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langen Hang hinab auf den Wald zu. Maerad rannte an seiner Schulter und hatte ob einer frischen Woge von Angst alle Erschöpfung vergessen. In Mitterer Ferne erspähte sie den Waldrand, und sie hielten sehr schnell darauf zu; doch Maerad fühlte den Sturm, der rasend hinter ihnen aufzog und das karge Winterlicht verschluckte. Er wird mich finden, dachte sie, und dann ist alles verloren… Sie erreichten den Wald in dem Augenblick, in dem die Vorboten des Sturms die Bäume trafen. Die Böen waren so heftig, dass die Äste sich wie Schilf im Wind bogen. Zuerst war Maerad dankbar für den Schutz, als sie durch die Dunkelheit des Waldes preschten; dann jedoch brach ein Ast, stürzte hinter ihr zu Boden und verfehlte nur knapp ihren Schwanz. Sie erkannte, dass die Bäume eigene Gefahren bargen. Dann erinnerte sie sich an die Iridugul mit ihren Knüppeln und an die Pfoten des Sturmhunds; sie könnten den gesamten Wald mühelos dem Erdboden gleichmachen.
    Fürchte dich nicht, sprach Ardina, als hätte sie ihre Gedanken gehört. Solange wir Tiere sind, vermag uns der Winterkönig ebenso wenig zu erkennen wie seine Schergen.
    Sie brauchen uns nicht zu sehen, um uns zu zermalmen, dachte Maerad bei sich, während sie sich einen Weg zwischen den Baumstämmen bahnten. Riesige Hagelkörner prasselten durch das Gezweig. Eines traf Maerads Flanke, und sie sprang winselnd seitwärts; es fühlte sich an, als wäre sie von einem Hammer getroffen worden. Mittlerweile war sie sicher, dass sie das Gebell von Sturmhunden hörte, markdurchdringende Laute, die das Geheul des Sturmes übertönten und ihr das Blut in den Adern gefrieren ließen. Es war mehr als einer, davon war sie überzeugt. Aus dem Augenwinkel sah sie einen Hirsch in blinder Panik durch den Wald preschen, gegen Bäume prallen, stürzen, sich wieder aufrappeln und weiterhetzen, getrieben von nacktem Grauen.
    Plötzlich bog Ardina ab und verschwand, so unerwartet, dass Maerad bei dem Versuch, ihr zu folgen, um ein Haar über die eigenen Pfoten stolperte. Sie hastete eine schmale Rinne hinab, an deren Grund ein Rinnsal eisigen Wassers durch eine dünne Schicht alten grauen Schnees träufelte, zu beiden Seiten gesäumt von einem Gewirr aus Dornen und abgestorbenen Gräsern. Die Rinne war knapp breit genug, damit ein einzelner Wolf sich hindurchschlängeln konnte. Hier waren sie vor den ärgsten Unbilden des Sturms geschützt, wenngleich auch in die Rinne Hagelkörner so groß wie Kiesel fielen. Eines traf Maerad so heftig über dem Auge, dass sie zu bluten begann.
    Kurz verharrten beide Wölfinnen aufrecht und lauschten; nicht weit entfernt ertönte ein gewaltiges Knirschen, als wäre ein Baum entzwei geknickt, und Maerad sah voll Unbehagen, dass der Wald über ihnen in einem seltsamen grünlichen Licht zu schimmern begann. Sie erinnere sich an jenes Licht von ihrer Begegnung mit dem Sturmhund in der Meerenge von Thorold. Zwar konnte sie nicht wissen, wie viele dort oben über den Bäumen wüteten, aber sie hörte Gebell aus mindestens drei Richtungen. Sie kauerte sich auf den Boden, drückte den Bauch so fest auf den Schnee, als wollte sie mit der Erde verschmelzen.
    Ardina begann, sich mit der Schnauze am Boden durch die Rinne vorwärtszuschlängeln. Maerad folgte ihr, so dicht sie konnte. Obwohl die andere Wölfin sich unmittelbar vor ihr befand, konnte sie ihre fahle Gestalt in der Düsternis kaum erkennen. Mit jedem verstreichenden Augenblick wurde es dunkler, als würde das Licht regelrecht verschlungen. Bald bestand die einzige Helligkeit ringsum aus dem seltsamen grünlichen Schein, der nichts erhellte, und Maerad musste sich allein auf ihren Geruchssinn verlassen. Es ist so stockfinster wie im Palast des Winterkönigs, dachte sie; ich bin ihm noch nicht entkommen. Schaudernd schloss sie näher zu Ardina auf.
    In diesem Augenblick erreichte der Sturm einen Höhepunkt. Das Kläffen der Sturmhunde schwoll zu einem Crescendo an, das in Maerad den Drang auslöste, innezuhalten und zu versuchen, sich mit den Pfoten die Ohren zuzuhalten. Es fühlte sich wie eine Explosion in ihrem Kopf an, die ihren Schädel mit unerträglichen Schmerzen erbeben ließ. Etwas Riesiges trampelte in der Nähe durch die Bäume; sie spürte, wie die Erde unter den schweren Schritten erbebte, und hörte das Knirschen von brechenden Ästen. Vor Angst zitternd sprang Maerad vorwärts und stieß gegen Ardina. Mehr als alles andere auf der Welt wollte sie sich vor dieser schwarzen Blindwut der

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