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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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verworfen hatte, und wünschte sich, sie hätte ihren wärmeren Pelzmantel nicht verloren. Dharin hatte recht gehabt-ihr eigener Mantel vermochte nicht, den notwendigen Schutz gegen die klirrende Kälte zu bieten.
    Maerad blickte den verschneiten Hang hinab zu dem Steinbogen, der sich über die Straße wölbte. Dieser Bogen, davon war sie überzeugt, stellte die mächtigste Verteidigung des Winterkönigs dar; niemand konnte den Palast betreten oder verlassen, ohne ihn zu durchschreiten, und der Winterkönig hatte ihr gesagt, dass nicht einmal Vögel hinüberflogen. Wenn sie keinen Weg finden würde, ihn ungesehen zu überwinden, wäre all ihr Zauber vergeblich gewesen. Und sie wusste nicht, wie sie es bewerkstelligen sollte. Noch nicht. Doch selbst wenn es ihr gelingen sollte, was dann?
    Sie straffte die Schultern, versuchte, ihre Müdigkeit durch Willenskraft zu verdrängen und ging langsam auf den schwarzen Bogen zu.

Sechsundzwanzigstes Kapitel
     
Wolfsfell
    Maerad war nicht sonderlich überrascht, den Wolf auf dem Hang jenseits des Bogens zu sehen. Der abnehmende Mond umgab seine Gestalt mit einem Schimmer wie aus Reif. Das Tier stand reglos da und starrte sie trotz ihres Unsichtbarkeitszaubers unmittelbar an. Ein schrecklicher Zweifel stieg in ihr auf und schnürte ihr die Kehle zu: Waren ihre Zauber fehlgeschlagen? Schüttete der Winterkönig sich gerade aus vor Lachen, während sie in eine aufwändig gestaltete Falle tappte?
    Sie schluckte ihre Zweifel herunter, blieb eine Armeslänge vor dem Bogen stehen und blickte durch ihn auf den Pfad, der sich jenseits davon erstreckte. Er führte etwa zwanzig Schritte weit, bevor er in die schneebedeckte Gebirgsstraße mündete, die der gekrümmten Felswand folgte und dahinter verschwand. Maerad sah den Wolf bewusst nicht an. Widerwillig hielt sie den Blick auf den Bogen geheftet und überlegte ihren nächsten Schritt. Sie konnte die in den Stein eingelassene Macht spüren, die böswillige Wachsamkeit, die darin lauerte. Die Botschaft hätte nicht klarer sein können, wäre sie in Buchstaben aus Feuern geschrieben gewesen: Du kannst nicht vorbei.
    Ich muss vorbei, dachte Maerad. Aber es wird mich alles kosten, was ich noch übrig habe, und wahrscheinlich wird es umsonst sein. Als sie tief Luft holte, um sich für eine letzte Anstrengung zu wappnen, hörte sie in ihrem Geist eine Stimme.
    Sprich nicht, bis du den Bogen überwunden hast, warnte die Stimme. Maerad nickte.
    Du kannst nicht durch den Bogen, fuhr die Stimme fort. Er würde dich preisgeben. Du musst eine Wölfin werden.
    Verwirrt schaute Maerad zu dem Wolf und unterdrückte die Fragen, die ihr durch den Kopf schössen. Eine Wölfin?
    Der Wolf kauerte sich auf die Hinterläufe und musterte sie unbeirrt. Das Sternenlicht spiegelte sich in seinen Augen.
    Werde zur Wölfin, forderte das Tier sie erneut auf. Beiläufig ließ es sich nieder und legte den Kopf auf die Pfoten, ganz wie ein Haushund, der es sich vor einem Feuer gemütlich macht. Verzweifelt und leicht verärgert starrte Maerad den Wolf an und fand, er hätte ihr zumindest einen Hinweis geben können. Nach einigen Augenblicken stellte der Wolf die Ohren auf und sah sie an. Du hast nicht viel Zeit, sagte er. Bald beginnen die Sterne zu verblassen.
    Rasch blickte Maerad an den Himmel und stellte fest, dass der Wolf recht hatte. Es würde nicht mehr lange dauern, bis das Tageslicht anbrach, und wollte sie hoffen zu entwischen, musste sie bis dahin ein gutes Stück von Arkan-da entfernt sein.
    Müde stellte sie das Bündel ab, setzte sich auf einen Stein und stützte das Gesicht auf die Hände. Die Kälte drang durch ihre Kleider, und sie zitterte. In ihr sprach eine Stimme: Das kannst du nicht. Du bist wahnsinnig, es auch nur zu versuchen. Noch kannst du in deine Kammer zurückkehren, das Ebenbild entfernen, alles so wiederherstellen, wie es war, und der Winterkönig wird nie etwas erfahren. Und unter dieser Stimme flüsterte eine andere: Dann kannst du den Winterkönig morgen wieder sehen. Von hier weg zu gehen hieß, dass sie Arkan nie wieder sehen würde. Trotz allem, was er ihr angetan hatte, trotz seiner Tyrannei, trotz seiner Grausamkeit bei ihrer letzten Begegnung begehrte etwas in ihr lauthals dagegen auf. Sie konnte sich nur an seine friedlichen Züge erinnern, seinen grausamen, sinnlichen Mund. Mein größter Feind, dachte sie verbittert, ist mein eigenes Herz. Es ruft mich zurück in einen Kerker, obwohl das Tor offen steht. Aber wie kann ich

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