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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Dies - die Krankheit, die du rings um dich siehst - ist nur die Krankheit des entzweiten Liedes. Wenn wir diese Macht für uns alleine beanspruchen, können wir die ganze Welt neu erschaffen. Du und ich, Elednor: Der König und die Königin der Schöpfung. Wir können die Welt in einen duftenden Garten verwandeln, die Flüsse übersprudeln lassen vor Milch und Honig. Wir können alles Leid heilen, alles Unrecht aus der Welt schaffen… Das ist es, was du wegwirfst, Elednor, wenn du das Baumlied zerbrichst. Du wirst alles verlieren, wenn du es tust; und da du die Möglichkeiten solcher Macht erfahren hast, wie könntest du fortan leben? Es wäre ein schales Leben, Elednor Edil-Amarandh na, wenn du dich von deinem Schicksal abwendest, ein stumpfes Leben, zumal du um den Glanz wüsstest, der dein hätte sein können. Unter der Schönheit der Stimme Sharmas konnte Maerad die Qualen fühlen, die ihn beseelten, endlose Qualen, die Mitleid in ihr erweckten. Sharma hatte recht: Er war keine vollständige Kreatur, und seine Verbrechen, seine Grausamkeiten erwuchsen aus den Qualen der Wunde, die sein Wesen ausmachte. Sie sah sich selbst als Königin von Edil-Amarandh, ernst, gerecht und unsterblich, wunderschön wie Ardina, streng wie Arkan, mächtiger als beide. Sie würde über eine Welt herrschen, in der es keine Traurigkeit, keine Ungerechtigkeit, keine Hässlichkeit gäbe. Wenn sie diese Macht besaß, hatte sie überhaupt das Recht, sie aufzugeben? Vielleicht hatte sie sich von Anfang an geirrt… Sogar Cadvan gab zu, nicht alle Enden zu kennen, und vielleicht war dies die wahre Deutung der Prophezeiung, das wahre neue Zeitalter der Welt.
    Aber als sie an Cadvan dachte, erinnerte sie sich lebhaft an die Form und Wärme seines Körpers in ihren Armen, an das Pochen seines Herzschlags, an die feste Gegenwart, die sie während der entsetzlichen Reise durch das Katenmoor vor dem Wahnsinn bewahrt hatte. Dann fielen ihr Saliman und Nelac ein, Nerili und Ardina, Dernhil und Dharin, alle ihre Freunde, die solches Vertrauen in sie gesetzt hatten, die so sehr gelitten hatten, teils sogar gestorben waren, damit sie an diesen Ort gelangen konnte. Sie dachte an ihre Mutter und deren einsamen Tod, an ihren Vater, hingemetzelt im Zuge der Plünderung Pellinors, an Hem, ihren Bruder, als Säugling von Untoten entführt.
    Am Ende werden deine Freunde es verstehen, sagte Sharma, der ihre Gedanken spürte. Auch sie werden die Weisheit und Gerechtigkeit deiner Entscheidung erkennen, und sie werden sich vor dir verneigen. Und wenn sie es nicht begreifen, so besitzen sie nicht die Macht, sich dir zu widersetzen. Warum denkst du, fürchten sie dich ? Sie werden dich zu Recht fürchten. Du bist kein Kind mehr, das den Launen der Älteren untersteht. Leg die Leier nieder, Elednor, Elednor Edil-Amarandh na. Gib mir die Leier, und tritt deiner wahren Bestimmung entgegen, segensreiche Königin aller Schöpfung… lass das wahre Zeitalter der Gerechtigkeit beginnen! Gerechtigkeit?, gab Maerad voll plötzlicher, beißender Verachtung zurück und drückte sich die Leier an die Brust. Was weißt du von Gerechtigkeit Die lieblichen Visionen verpufften, als sie sich an die Leichname erinnerte, die den Findol verstopften und sein Wasser vergifteten, an die abgeschlachteten Kinder auf den Fir-man-Ebenen. Gleichzeitig begriff sie, dass Sharma ihren anderen Namen nicht kannte, ihren Elidhu-Namen, der tief in ihr verborgen lag und den sie selbst nicht wusste. Mit einer jähen, freudigen Gewissheit erkannte sie, dass er sie ohne ihren dritten Namen nicht völlig umgarnen konnte. Auch konnte er ihr nichts an haben, ebenso wenig wie sie ihm, solange sie ihre Kräfte nicht entfesselte. Die betörende Wirkung seiner Stimme setzte schlagartig aus; sie durchschaute seinen Zauber als billigen Trick und fragte sich, wieso sie ihm je zugehört hatte. Galle stieg ihr in die Kehle und ließ sie ausspucken. Geh weg von mir, Verräter!, herrschte sie ihn an. Ich bin nicht deine Närrin, der du schmeicheln und drohen kannst. Verschwinde!
    Sie spürte erst seine Überraschung, dann seine machtlose Wut, und die Stimme verschwand spurlos. Maerad aber blieb auf der Hut und errichtete einen mächtigen Schild, damit er sie und ihre Gefährten nicht angreifen konnte. Zum ersten Mal, seit sie in Afinnil eingetroffen war, erfasste sie Furcht: Im Augenblick konnte Sharma ihr nichts anhaben, aber sobald sie mit dem Gesang begönne, würde sie sich in ihrer Macht öffnen müssen und

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