Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
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I n dem Sommer, in dem ich Elliot Hulls erfundene Ehefrau wurde, ahnte ich nicht, dass komplizierte Dinge sich anfangs gern in der Verkleidung einfacher Dinge präsentieren. Deshalb ist es so schwer, ihnen aus dem Weg zu gehen oder sich zumindest für sie zu wappnen. Dabei hätte ich es wissen müssen – schließlich war dieses Phänomen ein Bestandteil meiner Kindheit gewesen. Aber ich sah die Komplikationen, die Elliot Hulls Auftauchen mit sich brachte, nicht kommen. Vielleicht, weil ich es nicht wollte. Also ging ich ihnen nicht aus dem Weg und wappnete mich nicht einmal für sie, was dazu führte, dass ich im Winter zwei erwachsene Männer – meinen angeblichen Ehemann und meinen tatsächlichen Ehemann – in einem verschneiten Vorgarten zwischen verstreuten Golfschlägern im trüben Schein der Lampe über dem Hauseingang so verbissen miteinander ringen sah, dass ich nicht sagen konnte, wer wer war. Das sollte zu einem der groteskesten und gleichzeitig bewegendsten Augenblicke meines Lebens werden, in dem die Dinge die dramatischste Wendung in einer langen und wechselvollen Reihe kleinerer, scheinbar einfacher Wendungen nahmen.
Schauplatz des – simplen – Anfangs dieser Geschichte war eine Eisdiele: Ich stand in der Schlange vor der beschlagenen Glasvitrine, ein Rührwerk schnarrte, und mit jedem Bimmeln der Ladenglocke drang ein Schwall feuchter Luft herein. Es war einer der letzten heißen Spätsommertage. Die Klimaanlage blies kalte Luft von der Decke, und ich blieb unter einer der Düsen stehen, womit ich einen Stau in der Schlange verursachte. Peter unterhielt sich abseits mit Gary, einem Kollegen aus der Anästhesie in einem rosa gestreiften Polohemd, den seine Sprösslinge mit in durchweichende Servietten gewickelten Eistüten umringten. Die Kinder waren noch so klein, dass sie sich nicht daran störten, zusammen mit ihrem Eis auch Serviettenfetzchen zu essen, und Gary war abgelenkt und bemerkte es nicht. Er schlug Peter freundschaftlich auf den Rücken. Das erlebt Peter häufig – die Leute mögen ihn einfach. Er ist entwaffnend, freundlich. Es ist, als wäre er der Präsident eines Clubs, in dem man durch bloße Unterhaltung mit ihm zum Mitglied wird. Aber meine Aufmerksamkeit galt in diesem Moment den Kids. Sie taten mir leid, und ich beschloss, eines Tages eine Mutter zu sein, die ihre Kinder keine durchweichten Serviettenfetzchen essen ließ. Ich weiß nicht, was für eine Mutter meine Mutter war, unaufmerksam oder überfürsorglich oder gar beides? Sie starb, als ich fünf Jahre alt war. Auf manchen Fotos wirkt sie liebevoll, schneidet zum Beispiel mit im Wind wehenden Haaren im Garten einen Geburtstagskuchen für mich an. Auf Gruppenbildern aber schaut sie immer zur Seite oder auf ihren Schoß oder fixiert – wie eine begeisterte Vogelbeobachterin – einen Punkt hinter dem Fotografen. Mein Vater war keine zuverlässige Informationsquelle. Über sie zu sprechen schmerzte ihn, und so tat er es so gut wie nie.
Ich beobachtete die Szene aufmerksam, insbesondere Peter, denn anstatt mich daran zu gewöhnen, einen Ehemann zu haben, verwunderte es mich nach drei Jahren zusehends. Vielleicht verwunderte mich auch weniger die Tatsache, seine Ehefrau zu sein, als die, überhaupt Ehefrau zu sein. Das Wort »Ehefrau« hatte etwas grässlich Spießiges für mich – es weckte die Assoziation mit Schürzen und Hackbraten und Haushaltsreinigern. Man sollte meinen, das Wort hätte inzwischen eine Evolution für mich erfahren – so wie es sich für die meisten Menschen zu Handys und Nachsorge und Therapie weiterentwickelt hatte –, aber ich steckte fest wie eine Kiemenspezies, die unfähig war, im Watt zu atmen.
Obwohl Peter und ich seit insgesamt fünf Jahren ein Paar waren, hatte ich manchmal das Gefühl, ihn überhaupt nicht zu kennen. Wie in diesem Augenblick, als ihm der Kollege in dem rosa gestreiften Polohemd auf den Rücken schlug. Es war, als hätte ich den Vertreter einer seltenen Vogelart namens Ehemann in seinem natürlichen Lebensraum entdeckt und stellte Überlegungen bezüglich Ernährung, Stimme, Flügelspannweite, Balzverhalten und Lebenserwartung an. Es ist schwer zu erklären, doch ich nahm immer öfter diese Position ein, betrachtete mein Leben wie jemand vom National Geographic , ein Reporter mit englischem Akzent, der mein Leben weniger aufregend als seltsam fand.
Die Eisdiele war brechend voll, und die beiden Highschool-Schülerinnen hinter der geschwungenen Glasvitrine hatten
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