Die Pelzhändlerin (1. Teil)
habe, was zu erringen war, sehne ich mich zurück?
Energisch stand sie auf, verbot sich jeden weiteren Gedanken daran. Ohne noch einen Blick auf die Wäscherinnen zu werfen, eilte sie mit schnellen Schritten zurück in ihr großes, prächtiges Haus am Römerberg.
Kapitel 24
Wir werden eine Modevorführung veranstalten», verkündete Sibylla am nächsten Tag ihren Mitarbeitern. «Wir werden die Verkaufsräume mit duftenden Blumen schmücken, werden erlesene Speisen und Getränke anbieten. Die Musik wird spielen. Ein Fest für die Frankfurter werde ich veranstalten. Sehen sollen sie, dass Freude und Heiterkeit in meinem Hause herrschen. Damit das Geschäft jedoch dabei nicht zu kurz kommt, werden die Frauen unter Euch die neuesten Kleider und Pelze für die Damen vorstellen, die Männer aber werden den Herren die neueste Mode vorführen. Gleich morgen werde ich Einladungen drucken lassen und sie an alle unsere Kunden verteilen.»
Sibylla betrachtete die verblüfften Gesichter ihrer zahlreichen Mitarbeiter und lachte. Doch es klang ungewohnt und schrill.
«Öffentliche Vorführungen sind nur zur Dippemess, zu Pfingsten und Fronleichnam erlaubt. Die aufgeführten Stücke müssen einen religiösen Inhalt haben. Ich glaube nicht, dass der Rat ein Fest gestattet, bei dem die Kirche keine Rolle spielt», wagte Heinrich einzuwenden.
Auch Meister Schulte äußerte Bedenken. «Ein Passionsspiel muss sein. Im Rat sitzt auch der Klerus. Eure Verkaufsabsichten dürfen nicht an erster Stelle stehen. Das ist nur zur Messe erlaubt.»
«Gut», entschied Sibylla. «Dann wird es eben auch ein Passionsspiel geben.»
Sie wandte sich an Katharina. «Sorg dafür, dass sich Leute finden, die ein solches Stück aufführen. Sag ihnen, sie werden gut dafür bezahlt.»
Katharina nickte. Sie selbst hatte beim letzten Passionsspiel zu Pfingsten auf dem Römerberg mitgewirkt.
Wenige Tage später waren die Einladungen gedruckt und in der ganzen Stadt verteilt. Doch wenn Sibylla mit großer Begeisterung gerechnet hatte, so sah sie sich nun bitter enttäuscht.
Überall, wo sie hinkam, wurde hinter der vorgehaltenen Hand getuschelt. «Eine Vorführung wie bei den Gauklern», hieß es, «eine Schande für die Stadt ist dieses geplante Vagabundentreiben auf dem Römerberg.»
Die Wortführerin der Gegner war Christine Geith. Die Geithin, mit der Sibylla früher einmal befreundet gewesen war und die seit der Pest, die Jochen Theiler und Martha das Leben gekostet hatte, kein gutes Haar mehr an Sibylla ließ. Das war das erste Mal, dass Sibylla den Neid eines anderen Menschen zu spüren bekommen hatte. Und dieser Neid war über die Jahre gewachsen, wurde noch genährt durch jeden neuen Erfolg Sibyllas.
«Zeigt der Schierin, dass wir anständigen und ehrbaren Frankfurter Zigeunergebaren in der Stadt nicht dulden. Zerreißt die Einladungen, geht nicht zu der Vorführung», geiferte die Geithin durch die ganze Stadt. Sie fand Anhänger. Viele gönnten Sibylla den Erfolg nicht. Jetzt bekam Sibylla deutlich zu spüren, dass ihr nicht alle Frankfurter wohlgesinnt waren.
Sogar bei der Zunft wurde die Geithin vorstellig, doch dort beschied man ihr, dass die Zunft nicht zuständig sei für die Feste, die nicht in den Zunfträumen ausgetragen wurden.
«Es steht Euch frei, Meisterin Geith, in Eurem Hause selbst ein Fest zu veranstalten», erklärte ihr der Zunftmeister Wachsmuth, Schierens Vetter, der sich hütete, es sich mit der besten Kürschnerwerkstatt in ganz Frankfurt, die obendrein noch das meiste Geld in die Lade brachte, zu verderben.
«Sie achtet die Bräuche nicht, schadet der Zunft. Das hat sie schon immer getan. Angefangen hat es mit der Hochzeit von Theiler, dem Krüppel, die auch unrechtmäßig zustande gekommen ist. Habt Ihr nicht den Mumm, der Schierin ihr wüstes Treiben zu verbieten, Zunftmeister?»
Wachsmuth schüttelte den Kopf. «Sie hat bisher nichts Unrechtes getan», erklärte er ihr. «Selbst der Vereinigung zweier Zünfte unter ihrem Dache lag ein Ratsbeschluss zugrunde. Ich weiß nicht, was Ihr wollt, Geithin. Sibylla hat Euch und der Zunft nie Schaden zugefügt, soviel ich weiß. Warum also sollen wir sie vor die Lade bringen und ihr etwas verbieten, was uns vielleicht eines Tages noch einmal von Nutzen sein kann?»
«Nutzen? Wer soll davon Vorteil haben? Nur die Schierin!»
«Sie ist eine Geschäftsfrau, Meisterin Geith, wie Ihr selbst. Und eine jede hat ihre eigenen Mittel. Gebt also Ruhe und bescheidet Euch mit dem,
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