Die Pelzhändlerin (1. Teil)
Kopfbewegung und versagte sich jeden weiteren Blick auf die Frau, für die er einst bereit gewesen war, ein neues Leben zu beginnen.
Schon schlug der Saaldiener mit einem Hämmerchen auf den Tisch und verkündete damit den Anwesenden den Beginn der Versammlung.
Zuerst brachten die Zunftmeister ihre Klagen vor, dann rühmten die Kürschner Sibyllas Verdienste. Schließlich beschloss der Vorsitzende der Versammlung, dass darüber abgestimmt werden sollte, ob es rechtens war, dass Sibylla eine eigene Gewandschneiderei ohne Meistertitel in der Familie führen durfte.
Rasch hoben sich die Hände, rasch ward gezählt. 14 Stimmen sprachen zugunsten Sibyllas, 14 dagegen, nur einer hatte sich bisher enthalten.
«Doktor Kopper», sprach der Vorsitzende. «Um zu einer Entscheidung zu kommen, bitte ich nun Euch um eine Antwort.»
Kopper nickte. Auch er wirkte erschöpft. Sein Gesicht zeigte eine plötzliche Blässe. Er sah auf, seine Augen suchten Sibylla. «Warum?», fragte sein Blick. «Warum hast du mich verlassen?»
Sibylla fühlte, wie all ihre Liebe zu Isaak wieder emporflammte und ihr die Wangen rötete. Stumm sah sie ihn an.
«Nun», fragte der Vorsitzende. «Wie habt Ihr Euch entschieden, Doktor Kopper?»
Kopper räusperte sich. «Ich bin dafür, dass die Schieren’schen Werkstätten um eine Gewandschneiderei erweitert werden dürfen. Der Familie ist es zu verdanken, dass Frankfurts Ruhm im Rauchwarenbereich gewachsen ist. Doch gegen die Regeln der Zünfte darf nicht verstoßen werden. Geschieht das, so haben wir bald eine allgemeine Gesetzlosigkeit, in der ein jeder nach eigenem Gutdünken waltet und schaltet. Deshalb verbinde ich meine Zustimmung mit der Vereinbarung, dass Susanne Schieren einen Gewandmeister heiratet und die Werkstatt von diesem geführt wird. Eigentümer der Werkstatt kann die Familie Schieren bis zu ihrem Tode bleiben, dann geht die Werkstatt auf die Familie der Susanne über. Damit, so denke ich, wird den Zünften Genüge getan, und auch die Familie Schieren erhält keinen Nachteil.»
Den letzten Satz sprach Kopper beinahe schon im Stehen. Noch bevor die endgültige Entscheidung gefallen war, verließ er mit einer Entschuldigung den Saal, ohne Sibylla noch einmal anzublicken.
«Liebe, Liebe! Ich höre immer nur Liebe! Unfug ist das. Es gibt keine Liebe! Und wenn doch, so ist sie nicht das Wichtigste im Leben. Geschäfte gehen vor. Immer! Merk dir das!»
Sibylla glaubte selbst nicht, was sie da sagte, doch warum sollte es Susanne besser gehen als ihr? Hatte sie nicht auch wegen des Geschäftes auf die Liebe verzichtet? Und war sie daran gestorben? Nein! Also!
«Ihr könnt nicht von mir verlangen, dass ich den jüngeren Sohn von Meister Schulte heirate, meine Liebe zum Gesellen vergesse, und das alles nur, damit Ihr noch reicher werdet.»
«Susanne, es geht hier nicht um meinen Reichtum. Überleg doch selbst. Wenn du den Gesellen heiratest, wirst du immer ein bescheidenes Leben führen. Wirst du aber die Frau des jüngsten Schulte, so wird dir, dank meiner, eines Tages ganz Frankfurt zu Füßen liegen.»
«Das bedeutet mir nichts», begehrte Susanne auf. «Vielleicht war ich früher vom Reichtum und schönen Dingen geblendet. Doch Geld macht nicht glücklich. Mich jedenfalls nicht. Ich will nicht heiraten, den Ihr mir bestimmt, sondern den, den ich liebe. Lange genug habe ich darauf gewartet.»
«Nun, jetzt hat das Warten ein Ende. Du heiratest im nächsten Monat Gabriel Schulte, und damit basta!»
«Basta! Wir sind nicht in Italien, Stiefmutter. Ich werde warten, bis mein Vater wiederkehrt.»
Sibylla zuckte mit den Achseln. «Dein Vater ist seit sieben Jahren auf Reisen. Die Chancen, dass du ihn jemals wiedersiehst, sind denkbar gering. Bedenke dein Alter. Die meisten 21-Jährigen sind lange verheiratet, die ersten bereits Witwen. Meinst du, der Geselle wartet, bis dein Schoß vertrocknet ist?»
«Wir sind verlobt! Ich bin ihm versprochen!»
«Eine Verlobung kann man auflösen. Ich werde den Gesellen auszahlen. Nach Leipzig soll er gehen und sehen, ob er dort zu einer Werkstatt kommt.»
Susanne brach in Tränen aus. «Bitte, Stiefmutter, tut mir das nicht an!»
«Zu spät!» Sybilla versuchte, ihrer Stimme einen beruhigenden Klang zu geben. «Der Rat hat den Beschluss deines Vaters bereits aufgehoben und seine Zustimmung zur Hochzeit mit dem Schultesohn gegeben. In einem Monat bist du seine Frau.»
«Aber er ist doch viel jünger als ich!»
«Na und? Ich bin 22 Jahre
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