Die Perfekte Braut
gleiten.
»Ach ja.« Prudence lachte, und ihre Anspannung war so gut wie verflogen. Sie setzte sich, streifte den elfenbeinfarbenen Seidenpumps ab und schob die Münze in die Schuhspitze.
»Etwas Altes, etwas Neues, etwas Geborgtes, etwas Blaues und Sixpence im Schuh«, zitierte Chastity. »Jetzt bist du gerüstet, um vor den Traualtar zu treten.«
»Ach, meinst du wirklich?«, fragte Prudence, die beim Aufstehen die Münze mit den Zehen umfasste.
»Wenn nicht jetzt, dann niemals«, erklärte Constance. »Gideon ist der einzige Mann, den du je heiraten könntest. Wenn dir das mittlerweile nicht klar ist, werden auch Chas und ich dich nicht dazu überreden können.«
»Natürlich weiß ich das.« Sie lächelte verträumt. »Ich liebe ihn, aber hin und wieder könnte ich ihm siedendes Öl über den Kopf schütten.«
»Das ist ganz normal«, erklärte Constance im Brustton der eigenen Erfahrung. »Da die Duncan-Frauen nur Männer heiraten können, die ihnen gewachsen sind, müssen sie sich damit abfinden, dass siedendes Öl und Kanonendonner dazugehören.«
»Ich bin bereit«, erklärte Prudence. »Jetzt wird geheiratet.« Sie hielt an der Tür inne und sagte mit einem Lächeln, das etwas unsicher ausfiel: »Wenigstens hat Gideon Max, der ihm den Rücken stärkt. Sicher hat er so viel Angst wie ich.«
Chastity sah sie beklommen an. »Du bereust doch nichts?«
Prudence atmete tief durch. »Nein... nichts. Gehen wir.«
Gideon und Max standen vor dem Altar in einer Seitenkapelle der kleinen Kirche in Westminster. Sarah und Mary Winston saßen in der ersten Bankreihe, Constance und Chastity auf der anderen Seite. Lord Duncan hatte es sich nicht nehmen lassen, seine Tochter zum Altar zu geleiten.
Als das Orgelspiel einsetzte, warf Gideon einen Blick zur Tür. Prudence, seine Braut, die Frau, an die er früher nicht im Traum als Lebenspartnerin gedacht hätte, war nun die Einzige, mit der er sich ein gemeinsames Leben vorstellen konnte. Sie kam jetzt auf ihn zu, stark und entschlossen wie immer. Und doch konnte er das leise Beben ihrer Lippen sehen, das Zögern in ihrem Blick, und er wusste, dass sie so viel Angst hatte wie er und dennoch von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugt war.
Er machte einen Schritt nach vorn, als sie ihn erreicht hatte. Max berührte seine Schulter mit einer knappen männlichen Geste, die ihn beruhigen sollte, und setzte sich dann neben seine Frau. Lord Duncan küsste die Braut auf die Wange und trat beiseite, um ebenfalls Platz zu nehmen. Gideon faste nach Prues Hand, und ihre Finger verschränkten sich mit den seinen. Die Trauformel wurde gesprochen. Er schob ihr den goldenen Reif über den Finger. Er küsste sie. Dann war es vorüber, und sie gingen in die kleine Sakristei, um ihre Unterschrift im Kirchenbuch zu leisten, und als sie die Kirche wieder betraten, waren sie allein.
»Niemals werde ich dich gehen lassen,« raunte Gideon ihr ins Ohr. »Niemals. Verstehst du?«
»Das gilt im doppelten Maß für mich«, erwiderte sie im gleichen Flüsterton. »Was auch immer geschieht, wir gehören zusammen. Durch siedendes Öl und Kanonendonner.«
»Ich frage dich lieber erst gar nicht, woher du das hast. Wir gehören zusammen.« Wieder küsste er sie, und dieser Kuss, der ungeachtet ihrer Umgebung - ein nach Weihrauch duftendes, nur von den Altarkerzen erhelltes Halbdunkel - nichts Förmliches an sich hatte, war eine Bestätigung seiner Worte.
Prudence blickte sich in der verlassenen Kirche um, und Gideon sagte leise: »Du wolltest Gretna Green, und ich habe mich mit deinen Schwestern auf einen Kompromiss geeinigt. Morgen findet die Familienfeier statt, aber jetzt gibt es nur noch uns beide.«
Sie lächelte ihm zu. »Wohin fahren wir?«
»Eine Baut sollte das Ziel der Hochzeitsreise nicht kennen«, antwortete er. »Du musst dich mir anvertrauen.«
»Das werde ich. Jetzt und immerdar.« »Trotz siedenden Öls und Kanonendonners?«, neckte er sie. »Ach, tiefes Vertrauen hält hin und wieder auch Blitz und Donner stand«, gab sie zur Antwort.
ENDE
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