Die Perlenzüchterin
großen Schluck Wein.
»Liebes, ich dachte, du würdest vor Freude ganz aus dem Häuschen sein«, rief Lily. »Das bedeutet, wir können bald loslegen!«
»Händigen diese Investoren euch einfach so das Geld aus? Sie wollen nicht herkommen und sich die Perlenfarm ansehen?«, fragte Sami.
»Das sind Zahlenakrobaten. Sie gehen nach den Papieren und Prognosen, die ich für sie angefertigt habe«, sagte Tim. »Ehrlich gesagt wollen wir gar nicht, dass sie herkommen und sich die Farm ansehen – nicht im jetzigen Zustand. Bevor sie kommen, gibt es noch viel zu tun.«
»Und dann haben wir auch eine anständige Perlenausbeute«, fügte Lily hinzu.
»Jetzt sei nicht zu optimistisch, Lily«, warnte Tim. »Wir wissen nicht, was Dave da draußen hat und können nur hoffen – und Pläne für die nächste Saison machen.«
»Was ist denn jetzt der nächste Schritt?«, fragte Sami.
»Wir schlagen auf der Star Two für ein Weilchen unser Lager auf. Heuern weiteres Personal an, wenn die Saison auf Touren kommt, und sehen uns nach guten Operateuren um. Erledigen eine Menge fälliger Reparaturen und rüsten die Ausrüstung und Einrichtungen auf. Wir müssen eine höhere Quote beantragen, damit unsere Strömungstaucher mehr wilde Muscheln im Rahmen unserer nicht konkretisierten Pacht sammeln können.«
»Das wird den anderen Perlenfarmen natürlich gar nicht schmecken«, meinte Lily. »Ich habe so viele Ideen, da muss ich Prioritäten setzen – wie Tim mir ja ununterbrochen sagt …«
Sami betrachtete das leicht gerötete Gesicht ihrer Mutter, hörte den Enthusiasmus in ihrer Stimme und fragte sich, wie viel davon dem Wein zuzuschreiben war. »Solltest du nicht erst noch ein paar Dinge hier in der Stadt erledigen?«
Tim schien zu spüren, worauf sie hinauswollte. »Hör mal, Lily, ich muss gehen. Ich habe eine Verabredung zum Abendessen. Sprich das alles mit Sami durch. Am Montag gehen wir dann zur Bank und setzen die Dinge in Bewegung.« Er berührte Lily flüchtig an der Schulter. »Bleibt sitzen, ich finde allein hinaus. Genießt den Sonnenuntergang! Bis dann, Sami.«
»Guten Appetit«, entgegnete Sami, ohne zu lächeln.
»Danke, danke.« Sie hörten die Tür hinter Tim zufallen.
Lily hob ihr Glas. »Lass uns anstoßen, Sami – auf mein neues Leben!«
Die Gläser klirrten leise. »Vielleicht sollten wir in ein paar Tagen zur Farm fahren, wenn der Papierkram und so weiter erledigt ist.«
»Ich kann nicht, Mami. Ich arrangiere gerade einen Ausflug in den Busch, um ein paar Aborigine-Künstlerinnen kennen zu lernen, für meine Diss.« Als sie die Enttäuschung in Lilys Miene sah, fügte sie hinzu: »Und du solltest wohl mit Dale sprechen!«
»Ja. Ich sehe ihn morgen. Er hat Freunde zum Grillen eingeladen, du kannst auch gerne kommen.« Lily stand auf und räumte den Tisch ab. Mit einem Mal war sie erschöpft und – wenn sie ehrlich war – unsicher. Ach, was sollte das, sie würde jetzt keinen Rückzieher mehr machen! Als sie mit Sami das Farbschauspiel jenseits der Bucht betrachtete, spürte Lily, ihre Entscheidung war richtig, egal, was Sami oder Dale davon hielten. Sie hoffte nur, die beiden Männer, mit denen sie sich da zusammentat, waren fähig, ihr bei der Erfüllung ihrer Träume zu helfen.
Als Sami am Sonntagmorgen vom Schwimmen zurückkam, klingelte das Telefon. Sie griff sich eine Ladyfinger-Banane und nahm ab.
»Palmer hier, was machst du gerade?«
»Frühstücken! Was gibt’s Neues?«
»Dies und das. Ich habe eine neue Adresse. Habe ein Häuschen in der Stadt gemietet.« Er nannte ihr Adresse und Telefonnummer. »Was machst du heute Nachmittag?«
Sami warf einen Blick zur Badezimmertür, hinter der Duschgeräusche hervordrangen. »Ich soll zum Grillen zum dollen Dale. Willst du mich davor retten?«
»Würde das nicht deine Mutter verstimmen? Wenn du den Ausflug mit Farouz durchziehst – und das solltest du! – und deine Mutter diese Sache mit der Farm, bleibt euch nicht viel gemeinsame Zeit«, meinte er.
»Sie zieht es durch. Meinen Bedenken zum Trotz hat Tim irgendein Geschäft zustande gebracht. Und ja, ich begleite Farouz. Er glaubt, Bobby kann die Kamele mit dem Lastwagen einsammeln.« Sie biss in die Banane. »Wir fahren mit meinem Auto.«
»Du siehst dieser Veranstaltung heute also nicht freudig entgegen? Warum nimmst du mich nicht mit?«
»Du fändest es grässlich.«
»Lass mich das entscheiden! Hol mich doch ab und sieh dir dabei mein Häuschen an. Dale hat doch sicher
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