Die Perlenzüchterin
und dann kommt er in Broome aus dem Krankenhaus und wird ermordet!«
»Aber warum nur? Bobby sagte, das war ein ganz durchschnittlicher Mann«, entgegnete Lily. »Er hat an einer Universität oder so gearbeitet.«
Sami warf einen Blick zu Palmer, der mit rudernden Armen einem gebannt lauschenden Publikum eine Geschichte erzählte. »Nicht alle Leute an der Universität sind durchschnittlich.«
»Wie auch immer. Bobby hat es nicht leicht bei seinem Vater. Und jetzt ist er auch noch in einen Mordfall verwickelt. Ich denke, es ist gut, dass er mal aus der Stadt herauskommt«, sagte Lily.
»Ich gehe Palmer retten, und dann machen wir uns auf.« Sami stand auf. »Ich schicke ihn zu dir rüber, damit er sich verabschiedet, während ich meine Tasche hole. Du hattest ja kaum Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.«
Lily saß auf dem Sofa auf der Veranda und beobachtete, wie Palmer mit ihrer Tochter sprach. Er war ein sonderbarer Mann, dachte sie. Nein, faszinierend, das passte besser. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie er in einem Kilt die Brustwehr einer schottischen Burg abschritt. Wahrscheinlich böte er sogar einen königlichen Anblick. Sie lachte in sich hinein, als seine Stimme ihre Gedanken unterbrach. »Woran denken Sie?«
»Oh, na ja … Was bekomme ich denn, wenn ich es Ihnen erzähle?«
»Oh, das scheint teuer zu werden«, sagte er, weil er merkte, dass er sie bei einem peinlichen Gedanken gestört hatte. »Ein interessanter, angenehmer Abend, wenn man von den Mücken absieht.«
»Man kann nicht alles haben.«
»Auch wieder richtig. Zum Glück lernen wir ja irgendwann, mit den kleinen Mängeln zu leben. Manchmal machen sie die Dinge sogar noch reizvoller.«
»Wie bei einer Naturperle.«
»Sehr schön gesagt! Ah, da ist ja meine liebreizende Partnerin für diesen Abend«, sagte er, als Sami zurückkam. »Wir müssen dieses Gespräch ein andermal fortsetzen.«
Lily fiel nichts Originelleres ein als: »Gute Nacht. Fahrt vorsichtig.« Die letzte Bemerkung war ihr sofort unangenehm.
Sami beugte sich hinab und küsste Lily. »Bis morgen. Hast du Dale die gute Nachricht überbracht?«
»Keine Chance. Das mache ich später.«
Lily lag im Kingsizebett neben Dale, der schnell eingeschlafen war, nachdem sie sich halbherzig geliebt hatten. Er hatte viel zu viel getrunken. Warum nur graute es ihr davor, ihm zu erzählen, dass es mit der Star Two voranging?
Am nächsten Morgen schwamm sie im Pool, räumte die Partytrümmer weg und deckte den Frühstückstisch. Sie war bereits bei ihrem zweiten Becher Tee, als Dale erschien.
»Kaffee. Heiß, schwarz, stark. Jesses, ich kann nicht mehr so feiern wie früher! Wo sind denn alle?«
»Du bist der Erste, das ist doch was«, sagte Lily und goss ihm Kaffee ein. »Geh schwimmen, es ist herrlich.«
»Was soll das alles?«, fragte er mit einem Blick auf den gedeckten Tisch. »Ich dachte, wir wollten zum Brunchen raus?«
»Die Übernachtungsgäste möchten sicher gerne etwas frühstücken, wenn sie aufstehen. Wir hatten gestern Abend nicht viel Gelegenheit zum Reden.«
»Stimmt, aber reden können wir immer noch. Es hat gut getan, mich mal wieder mit einigen meiner Kumpels auszutauschen. So oft verschlägt es die nicht hier heraus.«
»Ich würde dich gern auf den neuesten Stand bringen, was das Geschäft mit der Farm angeht …«
Doch sie brach ab, als drei Männer unter großem Gestöhne in gespielten Todesqualen auf die Terrasse wankten. Im Nu wandte Dale sich ihnen zu. Er sprang auf und mixte eine Runde Bloody Marys.
Der Vormittag schleppte sich dahin, und es wurde deutlich, dass Dale den Brunch auswärts verworfen oder vergessen hatte. Lily fand keine Gelegenheit, ihre Neuigkeit loszuwerden. Sie hoffte nur, dass sich bald eine ergeben würde.
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Kapitel zwölf
Blaues und pinkfarbenes Neonlicht wirbelte über den langen Laufsteg, die Bässe drohten das Dach wegzusprengen, und der Applaus des Publikums im ausverkauften Civic Center tat ein Übriges. Dies war ein Modespektakel der etwas anderen Art. Lily, Sami und Palmer waren überwältigt von dem Fantasiereichtum und der Kreativität der Schau. Die Kostüme in der »Worn Art Show« – der Recyclingmodenschau – waren von Themen inspiriert wie »Krieger der See«, »Mythen und Legenden«, »Kollision der Kulturen«, »Barock«, »Boheme in Blau«, »Tropische Träume« und »Ikonen«. Die Einwohner von Broome – auch Kinder – führten unabhängig von Alter und Konfektionsgröße ihre Kreationen
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