Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
unter einer dünnen Hautschicht traten ihre Knochen hervor. Doch sie strahlte Kraft und gute Laune aus. Die leicht gebeugte Haltung verriet ihr Alter, aber ihre Stimme war kräftig. Sie war über achtzig und weigerte sich, diese Gegend zu verlassen, die sie so gut kannte, und nach Derby zu ziehen oder ihre alten Tage in einem Konvent in der Stadt zu verbringen. Lily hatte Sami erzählt, die alte Nonne kenne die Kimberleys, ihre Kultur und ihre Menschen sehr gut. »Sie ist ein amüsantes altes Mädchen, und sehr fürsorglich. Noch von der alten Schule hier im Busch.«
    An diese Bemerkung dachte Sami, als sie fragte: »Fühlen Sie sich manchmal einsam, Schwester? Wie oft fahren Sie in die Stadt?«
    »Einmal im Monat kommt das Postflugzeug, und ich fliege mit. Ich muss Vorräte besorgen, wann immer es möglich ist. Mein Bedürfnis oder mein Wunsch, nach Perth oder Darwin zu fahren, hat mit den Jahren deutlich nachgelassen. Ich muss mich hier um eine sehr verstreute Herde kümmern.«
    »Sie allein?«, fragte Sami und dachte, das sei eine schwere Verantwortung und Bürde für die zerbrechliche Nonne.
    »Du liebe Güte, nein. Da sind noch Vater Stoddard und die Leute von der Gesundheitsfürsorge und der Regierung.«
    »Dann sind Sie eher die spirituelle Glucke«, sagte Lily, worauf die Nonne in fröhliches Lachen ausbrach.
    Von ihrem Platz am kleinen Kunststofftisch aus fragte Sami: »Wie viele Leute leben hier in der Gegend? Und was ist, wenn Sie krank werden? Wer sieht dann nach Ihnen?«
    Die Schwester lächelte Sami und Lily aus sorglosen blauen Augen an. »Es ist gut für mich gesorgt. Durch Gott, meine Liebe! Ich habe all die Jahre auf ihn vertraut und sehe keinen Anlass zur Sorge. Da sind andere, die meine Fürsorge benötigen.« Ein Schatten zog über ihr Gesicht. »Ich kann hier nicht weg. Wer würde sich um meine kleine Herde kümmern?« Sie goss Wasser aus dem Kessel in die Teekanne. »Die Gemeinde hier ist zerbrochen. Früher gab es eine kleine Schule, eine Krankenschwester und die Ältesten.«
    »Wo sind sie jetzt?«, wollte Sami wissen.
    »Vater Stoddard hat mir erzählt, es habe Streit darüber gegeben, wer hier das Sagen habe und welche Familie die Dinge leiten sollte. Also ist eine Gruppe weggezogen und hat auf neuem Land eine Gemeinde gegründet. Es ist alles ziemlich traurig.« Sie seufzte. »Die Kinder gehen nicht zur Schule. Also ist der Gemeindebus weg, und es wird getrunken und Klebstoff geschnüffelt. Natürlich ist das hier nicht gestattet.« Sie stellte die Kanne auf den Tisch. »Und jetzt erzählen Sie mir von Ihrem Abenteuer. Dave kam letzte Woche hier durch, als er neue Vorräte besorgen wollte. Er ist in heller Aufregung, weil zwei Damen zu Besuch kommen«, sagte sie lachend.
    »Das habe ich befürchtet«, meinte Lily. »Dabei haben wir alles Mögliche dabei, von Toilettenpapier bis zu Tomatensoße. Hat er Ihnen auch erzählt, was wir bei ihm wollen?«
    »Da war er etwas zugeknöpft. Soweit ich weiß, denkt er darüber nach zu expandieren, frisches Blut dazuzuholen.«
    »Mit Dollars«, ergänzte Sami.
    »Das haben Sie vor?« Die alte Nonne hob eine Augenbraue.
    »Das hängt vom Potenzial der Farm ab. Wir sehen uns das erst mal ganz in Ruhe an«, sagte Lily ausweichend.
    »Früher gab es hier oben einiges an Perlenfischerei. Dann löschten Wirbelstürme eine ganze Flotte aus, und von da an blieben die Perlenfischer an der Roebuck Bay. Dafür waren die Camps in Broome sinnvoller. Nach allem, was ich gehört habe, hat der alte Kapitän Tyndall die Perlenzucht hier mal als Experiment gestartet, aber es ist nie so richtig erfolgreich gewesen.« Sie hob die Teekanne. »Nachschub? Dave hatte immer hart zu kämpfen, nur einmal hatte er einen großen Traum. Aber mittlerweile backt er lieber kleine Brötchen.«
    »Wie meinen Sie das, Schwester?« Lily erinnerte sich an Tims Bemerkung über Daves Pläne, einer von den ganz Großen zu werden.
    »Ich sollte Daves Vertrauen nicht missbrauchen«, sagte die Nonne in einem Tonfall, der signalisierte, dass sie über das Thema nicht mehr zu sprechen wünschte. »Wenn Sie so weit sind, Sami, dürfen Sie sich gerne umsehen.«
    Nach dem Tee mit Brot und wildem Honig, den einige der Aborigine-Frauen hier gesammelt hatten, folgten Lily und Sami Schwester Angelica hinaus in den Garten zwischen dem kleinen Haus und der frisch geweißten Kirche. »Huch, die sieht ja wunderschön aus«, sagte Lily. »Wer hat denn da so hart gearbeitet?«
    »Vielen Leuten liegt jetzt

Weitere Kostenlose Bücher