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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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daran, hier etwas zu tun. Dank Vater Stoddart geht es hier allmählich wieder bergauf.«
    Sami spürte, dass diese Antwort auf zahllose Probleme anspielte, und wollte soeben nachfragen, als ihre Mutter sagte: »Ich glaube, ich setze mich ein Weilchen still in die Kirche. Magst du mir Gesellschaft leisten, Sami?«
    Sami war überrascht. Ihre Mutter war nie besonders religiös gewesen. »Nein, geh du vor. Ich spaziere noch ein bisschen mit Schwester Angelica hier herum.«
    Sami bewunderte gerade das um sein Überleben kämpfende Blumenbeet und Vater Stoddards Gemüse, als im Speiseraum das Telefon klingelte. »Entschuldigen Sie mich. Laufen Sie ruhig nach Herzenslust hier herum. Manchmal werden aus solchen Anrufen lange Plaudersitzungen, wenn Sie wissen, was ich meine.« Die Nonne ging raschen Schrittes in den Speiseraum.
    Sami pfiff Rakka, die in einem Dickicht aus alten Bäumen herumschnüffelte. Dann warnte sie sie: »Ab jetzt bleibst du bei Fuß. Hier sind eine Menge anderer Hunde, und das ist nicht dein Revier, okay?«
    Sie fand die fast menschenleere Gemeinde deprimierend. Ein Gefühl von Erschöpfung und Stillstand ging von ihr aus. Spukten hier zu viele Geister herum – von gestohlenen Kindern, zerbrochenen Familien und gut gemeinter, aber strenger Disziplin? In diesem Moment entdeckte sie den alten Friedhof.
    Er zeugte von mehr als einem Jahrhundert christlicher Begräbnisse für die echten und geheuchelten Gläubigen. Alle Hautfarben waren friedlich vereint … auf dem Friedhof. Zuerst stieß der ungepflegte Ort sie ab. Rakka lenkte Sami vorübergehend ab. Sie jagte einem Vogel hinterher, wurde jedoch zurückgepfiffen und ließ sich im Schatten eines Eukalyptusbaums in den Staub plumpsen.
    Irgendetwas zog Sami magisch zu den Grabsteinen, und sie schlenderte zwischen ihnen umher. Ihr wurde immer unbehaglicher zumute. Sie wollte gerade gehen, als ein Vogel flüchtig auf einem Grabstein landete, der etwas abseits stand. Der Vogel flog davon, und dann sprang etwas anderes Sami ins Auge: die Sonnenstrahlen ließen eine große Perlmuschel aufleuchten, die in den Stein eingelassen war. Eine Inschrift schien es nicht zu geben, doch als Sami mit der Hand über das Perlmutt wischte, hielt sie den Atem an. Sie erkannte das Muster aus Kreisen wieder, das in die Muschel geritzt war. Es war das gleiche wie auf dem Anhänger an Tyndalls Perlenhalskette, die ihre Mutter nun trug.
    Gras und Unkraut wuchsen dicht am Fuß des Steins. Sami kniete sich nieder und riss es impulsiv und erregt aus – eine Gefühlsaufwallung, die sie gar nicht erst zu verstehen versuchte. Da entdeckte sie eine schlichte Bronzeplakette, die in ein Zementquadrat eingelassen war. Es waren Worte eingraviert, Worte, die Lily verfasst hatte:
    Hier liegt Niah, zu früh dahingegangen. Geliebt von Kapitän John Tyndall, ihrer gemeinsamen Tochter Maya, deren Ehemann Hamish Hennessy und deren gemeinsamer Tochter Georgiana. Hier schließt sich der Kreis des Lebens.
    Der Friedhof war kein fremder, anonymer Ort mehr. Sami hatte eine direkte, greifbare Verbindung zu der jungen Frau, die hier begraben lag. Sie kannte Fragmente ihrer Geschichte, aber nun wollte sie mehr erfahren. Als sie behutsam das restliche Unkraut um den Grabstein herum ausriss, brannten ihr heiße Tränen auf den Wangen.
    Lily kam aus der Kirche und ging auf den Friedhof. Sie sah ihre Tochter auf den Knien, weinend, vor Niahs Grab, ihr zugewandt.

[home]
Kapitel zehn
    Bobby hütete in der Mittagspause den Empfang im Büro seines Vaters, als Detective Sergeant Karl Howard eintrat. Bobby legte seine Zeitschrift hin und erhob sich, um den Polizisten zu begrüßen. »Tag, Sergeant.«
    »Tag, Bobby. Mimen Sie den Rezeptionisten, ja? Ich wette, Sie haben nicht vor, das zu Ihrem Beruf zu machen!«
    »Bloß nicht! Ich halte nur die Stellung, bis Julie zurück ist. Falls Sie meinen Vater suchen, der ist auch nicht da.«
    »Eigentlich wollte ich Sie sprechen.« Er nahm seine Mütze ab. »Haben Sie einen Moment Zeit? Vielleicht könnten wir uns ins Büro Ihres Vaters setzen.«
    Bobby wurde bleich. »Mich? Worum geht’s?«, fragte er und ging vor nach nebenan.
    Der erfahrene Kriminalbeamte deutete mit einem Nicken auf ein Korbsofa und einen Stuhl, vor denen ein Couchtisch stand. »Sollen wir?«
    »Klar, kein Problem. Immer hinein«, meinte Bobby. Er ließ die Tür offen, damit er den Empfangsbereich im Blick hatte. Dann sah er Howard fragend an.
    »Bobby, erinnern Sie sich noch, dass ein paar Jungs

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