Die Pestärztin
vermählt!« Die Herren lachten dröhnend.
»Habt Ihr jetzt den rechten Wein, Herzog?«, fragte der Fraunberger schließlich. »Dann lasst uns den Krug mit hinaufnehmen. Hier unten ist's nicht gemütlich.«
Tatsächlich wies die Probierstube vor dem Keller keine Sitzgelegenheiten auf. Und so trunken, wie die Ritter waren, mochten sie sicher nicht lange stehen.
Lucia und Heinrich flohen, ehe die Männer die Treppen hinaufpolterten.
»Wollt Ihr immer noch Wein, Frau Lucia?«, fragte der Junge.
Lucia schüttelte den Kopf. Sie wollte nur noch weg und das alles vergessen.
Kurz nachdem sie ihre Wohnung wieder erreicht hatte, hörte sie auch Gunhild und Bernhard vor der Tür der Kemenate.
»Nun weine doch nicht, Liebste!« Der Ritter versuchte, das hemmungslos schluchzende Mädchen zu trösten. »Ich schwöre dir, ich finde eine Lösung. Er wird dich nicht töten! Und wenn ich ihn fordern muss!«
»Als Buhle seiner Anverlobten willst du ihn fordern?«, fragte Gunhild. »Umgekehrt entspricht es den Regeln der Ritterschaft. Und wenn er mir deinen Namen entlockt, ehe er mich zur Hölle schickt, wird er es zweifellos tun ...«
»Ich finde einen Weg, Liebste. Vertrau mir!«
Gunhild antwortete nicht. Lucia nahm an, dass ihr Ritter sie küsste. Gleich darauf schlich sie in ihr Schlafgemach.
»Du hast es erfahren?«, fragte Lucia verblüfft. »Die Sache mit Herrn Birger und der Unschuld seiner Braut?«
Gunhild fuhr zusammen. »Ich dachte, du schläfst«, flüsterte sie. »Und woher weißt du, was der Herzog und seine Ritter vor dem Weinkeller besprochen haben?«
Wie sich herausstellte, hatten Gunhild und Bernhard das trunkene Gerede der Männer vom Keller her belauscht. Der kleine Heinrich musste das gewusst haben; wahrscheinlich war die halbe Küchenbelegschaft in das Geheimnis des Liebespaares eingeweiht. Aber der Weinkeller war tatsächlich ein ideales Versteck, sofern man es nicht gerade aufsuchte, wenn das Bankett im großen Saal in vollem Gange war und die Mundschenke ein und aus gingen. Ansonsten war allenfalls der Kellermeister anwesend, und der wurde wahrscheinlich für sein Schweigen bezahlt. Doch Gunhild und Bernhard mussten tausend Tode gestorben sein, als der Herzog und seine Zechkumpane herunterkamen.
»Wir haben uns hinter den Fässern versteckt«, erzählte Gunhild. »Das haben wir früher auch schon gemacht. Es stehen ja genug Fässer herum. Und niemand kommt lautlos die Treppe runter. Wenn man die Tür zwischen Probierraum und Keller offen lässt, besteht keine Gefahr, überrascht zu werden. Aber was Herr Birger da sagte ... « Gunhild brach erneut in Tränen aus.
Lucia nahm sie in den Arm.
»Das war trunkenes Gerede, Gunhild. Wahrscheinlich hat er es nicht ernst gemeint.«
Gunhild erwiderte nichts, doch ihr Gesicht sprach eine deutliche Sprache. Beide wussten, dass Birger Knutson von Skaane nicht scherzte.
Der nächste Tag fand die Herzöge und die Edelfrauen früh auf den Tribünen. Am zweiten Turniertag wurden die wichtigsten Entscheidungen ausgefochten, und das Programm war umfangreich. Der Herzog war schlecht gelaunt. Er kämpfte mit den Nachwirkungen des Weins in der letzten Nacht und beneidete seine Zechkumpane, die heute kämpfen durften. Auch ihm war mehr danach, das Schwert zu schwingen, als huldvoll Preise zu verteilen.
Lucia und Gunhild wirkten beide übernächtigt und blass, Gunhild obendrein so zitterig, dass Elisabeth ihr erst mal einen Becher unverdünnten Wein aufdrängte.
Die Herzoginmutter verfolgte angeregt die Kämpfe, bei denen es heute weitaus rauer zuging als am Tag zuvor. Die jüngere Generation der Ritter focht eher regelgerecht, während die Älteren auch vor Finten und Täuschungen nicht zurückschreckten. Der Oettinger versuchte sogar, seinen ersten Gegner zu blenden, indem er dessen Visier mit Schlamm bewarf.
Die Mädchen standen weniger unter Aufsicht als sonst, und so hatte Lucia Zeit, Elisabeth ihr Problem zu schildern. Die Herzogin schüttelte ernst den Kopf.
»Natürlich können sie dich nicht zwingen. Aber das heißt nicht, dass du ernstlich eine Wahl hast! Dein Onkel wird dich züchtigen. Er wird dich in seine Burg holen und einsperren - du würdest Leona nicht wiedersehen, bevor du der Heirat zustimmst. Und wenn das alles nichts hilft, stecken sie dich in ein Kloster, möglichst eins von den strengen Konventen, das keine so hohe Mitgift fordert. Willst du das riskieren, Lucia? Der Mann ist viel älter als du. In ein paar Jahren wärest du
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