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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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»Ich kann Euch in dieser Lage gut untersuchen, nur Eure Brust müssen wir natürlich freilegen. Aber zunächst gebe ich Euch etwas gegen die Schmerzen ...« Er suchte in seinen Taschen und förderte ein Fläschchen mit einer dunklen Flüssigkeit zutage.
    »Ich kann Schmerzen ertragen«, sagte der Ritter würdevoll. »Aber diese Schwäche im Angesicht meiner Dame ertrage ich nicht. Ich sollte sie niederkämpfen und mich erheben, um ihr zu dienen.«
    »Ihr könnt Ihr dienen, wenn es Euch wieder besser geht«, beschied ihn Clemens. »Und es ist angenehmer für Euch und für mich, wenn Eure Schmerzen gedämpft werden, während ich Eure Wunde abtaste. Also trinkt das jetzt.« Er goss den Sirup aus der Flasche in einen Becher und verdünnte ihn mit ein wenig Wein.
    »Was ist das?«, fragten Adrian und Lucia wie aus einem Munde.
    »Eine Mohnzubereitung. Man nennt es ein Opiat. Es berauscht und dämpft den Schmerz.« Clemens hielt den Becher an Adrians Lippen und flößte ihm die Substanz ein.
    »Es lässt ihn schlafen? Wie dieses Haschisch, nach dem wir gesucht haben?« Lucia roch interessiert an dem Fläschchen.
    Clemens lächelte ihr zu. »Nein. Dies versetzt ihn nicht in Tiefschlaf, es dämpft nur die Schmerzen. Aber jetzt sollten wir erst mal diese Wunde freilegen.«
    Während Elisabeth den bereits benommenen Adrian in den Armen hielt, entfernte Lucia den Verband um seine Schulter. Die Wunde war tatsächlich wieder offen und nässte, eiterte aber nicht. Lucia stellte erfreut fest, dass die Schwester Apothekerin sich an die Anweisungen hielt und Umschläge mit altem Wein auf die Wunde legte.
    »Ich arbeite inzwischen auch oft mit einer Heilsalbe«, erklärte Clemens. »Du erinnerst dich an Ar-Rasis Anweisung, Schimmel von Pferdegeschirren in entzündete Wunden zu reiben? Mein Lehrer in Al Andalus verwandte auch Schimmel von altem Brot. Das lässt sich leichter zu Staub zermahlen. Er ließ Patienten diesen Staub einatmen, wenn sie unter langwierigem Husten litten.«
    Lucia lauschte eifrig. »Aber hier wollten wir ja gar nicht, dass die Wunde sich schließt«, bemerkte sie. »Sieh es dir selbst an. Ich glaube nicht, dass es jemals von allein völlig verheilt.«
    Clemens holte ein paar sorgsam gefertigte Instrumente aus Silber hervor und begann, die Wunde damit zu sondieren. Lucia bewunderte die zierlichen Werkzeuge. Vor allem staunte sie darüber, wie ruhig Adrian lag, obwohl Clemens die Haut um die Wunde herum abtastete und die Sonden tief im Fleisch versenkte. Als sie vor ein paar Wochen die gleiche Untersuchung vornehmen wollte, war der Ritter vor Schmerz zurückgezuckt. Jetzt verzog er zwar leicht das Gesicht, doch die schlimmste Pein schien durch das Opium gelindert.
    Clemens kam insofern deutlich besser voran als Lucia beim letzten Mal. Schließlich drückte er ihr die Sonde in die Hand und wies sie an, bis fast auf den Grund der Wunde zu tasten.
    »Spürst du den Widerstand?«, fragte er.
    Lucia nickte. »Irgendwas steckt im Fleisch, aber das hatte ich ja beim letzten Mal schon vermutet.«
    Clemens nickte. Dann tupfte er die Wunde sorgfältig mit verdünntem Wein aus, den er vorher in eine Schale gefüllt hatte. Auch seine Instrumente reinigte er in dieser Lösung.
    Elisabeth bettete den Ritter so bequem wie möglich, während Lucia den Verband erneuerte.
    »Und?«, fragte die Herzogin schließlich. »Könnt Ihr etwas für ihn tun?«
    Clemens wartete, bis auch Adrian sich wieder etwas gefasst hatte. Während der Untersuchung hatte der Blick des Ritters glasig gewirkt; jetzt schien er klarer, obwohl immer noch ruhig und furchtlos.
    Lucia prägte sich ein, dass Opiate den Schmerz und die Angst eines Patienten linderten, ihn aber auch schwach und schläfrig machten.
    Schließlich befand Clemens seinen Patienten als ansprechbar. »Herr Adrian, Eure Wunde kann sich deshalb nicht schließen, weil nach wie vor ein Fremdkörper in Eurem Fleisch steckt«, erklärte er. »Wahrscheinlich ein Teil der Lanzenspitze. Manchmal verkapselt sich so etwas, aber in Eurem Fall scheint das Stück Eisen zu wandern. Es verursacht immer wieder Entzündungen, und die Wunde bricht stets aufs Neue auf, da sich der Eiter Bahn schaffen muss.«
    Adrian nickte fast teilnahmslos, doch Elisabeth richtete sich auf.
    »Das hat Lucia uns schon gesagt«, bemerkte sie ungeduldig. »Aber was könnt Ihr tun?«
    Clemens warf dem Ritter einen besorgten Blick zu, schaute das Paar dann aber offen an. »Wenn es Euch recht ist, werde ich seine Schulter

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