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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Gericht saßen.
    Clemens dagegen blieb gelassen und lächelte, als man ihm vorwarf, Lucia »geraubt« zu haben.
    »Herr von Oettingen, Lucia und ich konnten Eurem Willen als ihr Vormund gar nicht zuwiderhandeln, da sie zurzeit unserer Eheschließung niemand unter Eure Munt gestellt hatte. Wir wussten nicht einmal, dass es Euch gab ...«
    »Das bestreitet niemand!«, erklärte der Oettinger. »Aber wo sind die Beweise, wo sind die Zeugen für die Ehe?«
    »Im Mainz wütet die Pest«, bemerkte Clemens. »Der Priester, der uns gesegnet hat, ist daran gestorben. Und das Pesthospiz, in dem wir damals arbeiteten, ging obendrein in Flammen auf. Ihr werdet niemanden in Mainz oder Köln, Worms oder Trier finden, der die Eheschließung eines Pestarztes mit einer Magd bezeugen kann! Es ging wüst zu in diesen Städten, Herr von Oettingen; die Ordnung war außer Kraft gesetzt. Die Priester in den Kirchen wechselten alle paar Wochen, manchmal alle paar Tage. Da wurden auch keine Kirchenbücher geführt. Ihr werdet Euch einfach auf mein Wort und das meiner Gattin verlassen müssen!«
    »Und eben das lehne ich ab!«, donnerte der Oettinger. »Ich bin von weit höherem Adel als Ihr!«
    Der Fraunberger musterte inzwischen Clemens mit abschätzendem Blick.
    »Wie ich das sehe, ist es eine Sache zwischen ihm und mir«, erklärte er und wies auf den hochgewachsenen, aber schmalen Mann an Lucias Seite. Er selbst war kleiner, aber doppelt so breit. »Herr von Treist, hiermit fordere ich Euch zum Zweikampf!« Er suchte nach seinem Handschuh, um ihn seinem Widersacher formgemäß vor die Füße zu werfen, doch es war heiß, und er hatte die Handschuhe im Stall abgelegt. Ein paar Ritter konnten sich das Lachen nicht verbeißen.
    »Nun bewahrt erst einmal die Ruhe, meine Herren!« Herzogin Margarethe mischte sich ein. »Ich denke, Ihr seid hier, um das Urteil Eurer Landesherren zu erbitten. Vielleicht lasst Ihr die Herzöge dann erst sprechen ... « Sie warf ihren Söhnen einen beschwörenden Blick zu.
    Wilhelm und Albrecht wanden sich auf ihren erhöhten Stühlen neben Herzog Stephan. Den Brüdern schien der Sinn der Auseinandersetzung ebenso wenig einzuleuchten wie Elisabeths Gatten drei Tage zuvor. Auch fehlte es ihnen an Argumenten gegen Lucia und Clemens.
    »Nun ja, das Mädchen hat der Verlobung mit Herrn Wolfram zugestimmt ... «, meinte Herzog Wilhelm halbherzig.
    »Aber das waren doch ganz andere Umstände!«, rief Lucia. Sie wusste, dass sie hätte warten sollen, bis man sie fragte, doch sie hielt es einfach nicht aus. »Ich ging davon aus, verwitwet zu sein! Deshalb brauchte ich einen Vormund, und da sich der Herr von Oettingen ja so darum riss ...«
    »Werde nicht frech, Mädchen!«, warnte der Oettinger. »Ich bin dein einziger Verwandter.«
    Lucia schüttelte den Kopf. »Ich habe noch einen Großvater und andere Onkel im Fränkischen. Ich hätte auch einen von ihnen zum Vormund wählen dürfen.«
    Seit ihrer Ankunft auf der Burg hatte sie ein bisschen mehr über die Munt gelernt, der sie als adelige Frau unterworfen war. Tatsächlich oblag sie nur bei ganz jungen Mädchen automatisch dem nächsten Angehörigen. Eine verwitwete Frau konnte jeden männlichen Verwandten, selbst einen jüngeren Bruder oder den Vater ihres verstorbenen Ehemanns, darum bitten, die Munt zu übernehmen. Solche Vormunde nahmen dann meist keinerlei Einfluss auf ihr Leben. Undenkbar, dass eine Witwe wie Margarethe von Holland sich von irgendeinem Verwandten etwas vorschreiben ließ!
    »Und wie sich jetzt herausgestellt hat, war die Sache ohnehin müßig. Ich brauche keinen Vormund. Mein Beschützer ist mein Mann, Clemens von Treist.« Lucia schob sich näher an ihren Gatten heran.
    »Niemand hat dich um deine Stellungnahme gebeten!«, beschied Frau Margarethe sie knapp. »Wie sehen es die anderen Herzöge? Herr Albrecht?« Der Blick, mit dem sie ihren jüngeren Sohn bedachte, konnte nur als drohend bezeichnet werden.
    »Wenn die Ehe aber vielleicht doch nicht geschlossen wurde ...«, murmelte Albrecht.
    Dem Fraunberger reichte es.
    »Nehmt Ihr meine Forderung jetzt an oder nicht?« Er zog das Schwert und stellte sich Clemens entgegen.
    Lucia wollte sich vor ihren Mann werfen, doch Elisabeth kam ihr zuvor.
    »Keiner zieht das Schwert in der Halle des Herzogs!«, sagte sie scharf.
    Stephan warf ihr einen missbilligenden Blick zu. Ihre Parteinahme für den jungen Arzt gefiel ihm offensichtlich nicht.
    Lucia zitterte. Wenn Stephan sich nun auch gegen die

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