Die Pfade des Schicksals
auf einen letzten Trick vorzubereiten: irgendeine Demonstration von List oder Stärke, die ihm vielleicht das Leben retten würde.
Stave zögerte nicht lange: Er nahm Linden auf die Arme und trug sie zur Höhlenwand, damit die Riesinnen Platz hatten, um ihre Schwerter führen zu können. Ihr schlaffer Mund und leerer Blick sagten Covenant, dass sie jetzt so unansprechbar war wie ihr Sohn. Sie hatte zu viel durchgemacht… Er konnte nur stumm drum beten, dass in ihrem Inneren noch etwas lebte und liebte, das nach gewisser Erholungszeit wieder ansprechbar sein würde.
Clyme und Branl hatten ihn bereits vom Rand des Felsbands zurückgezogen. Galt stand vor ihm wie Brinn oder Bannor: ein Bild tapferer Entschlossenheit wie das der Riesinnen - und ebenso vergeblich. Zugleich hatten die Seilträger Liand mit dem Stab, ihren Mähnenhüter und Anele so weit wie irgend möglich vom Rand weggeführt. Dort hockte Anele an die Wand gelehnt da, als versuchte er, mit seinem ausgemergelten Körper in den Fels hineinzukriechen. Unverständliches Zeug murmelnd schlug er sich mehrmals ins Gesicht.
In ihrer Nähe hüllte der Eifrige sich eng in sein teilweise verkohltes Gewand, als hoffte er gegen jegliche Vernunft, seinen massigen Leib mit bunten Bändern schützen zu können. Die Panik in seinen Augen glitzerte noch heller als der reflektierte Feuerschein.
Weiter oben auf dem Felsband kläfften die Wegwahrer und Urbösen hektisch: schneidend scharfe Laute, die Verwünschungen sein oder Verzweiflung ausdrücken konnten. Ihr Knurren und Bellen schien Esmer zu gelten.
Esmer, in Wunden und Lumpen gekleidet, ignorierte die Dämondim-Abkömmlinge. Sein Bemühen, die von ihm Verratenen zu verachten, schien gescheitert zu sein. Er wirkte betroffen, als er das näher kommende Übel beobachtete.
In ihrer Vorfreude auf das bevorstehende Festmahl reckte Sie, die nicht genannt werden darf, sich glühend höher und heulte, als forderte sie Rache. Bald würde sie die Gesellschaft überragen.
Plötzlich krächzte der Croyel mit Jeremiahs Stimme: »Esmer. Schaff uns von hier fort, Esmer.«
Raureif Kaltgischt verstärkte warnend ihren Druck; aber das Monster war zu verängstigt, um auf den Schmerz zu achten, den der Krill ihm zufügte.
»Das war nicht vorgesehen«, keuchte der Croyel. »Sie hätte nicht imstande sein sollen, die Skurj aufzuhalten. Jetzt musst du uns retten.«
Nur Jeremiahs schlaffe Züge und sein trüber Blick bewiesen, dass der Junge nicht für sich selbst bettelte.
»Du wirst es nicht bereuen. Kastenessen wird dir verzeihen. Er wird dich heilen. Tut er es nicht, zwingen wir ihn dazu. Aber du musst uns von hier wegschaffen.«
Das war der Weg aus seinem Inneren, den Covenant brauchte. Hätte Linden den Croyel hören können, hätte ihr sein Missbrauch Jeremiahs das Herz zerrissen. In ihrem gegenwärtigen Zustand blieb ihr dieser Schmerz glücklicherweise erspart, aber Covenant empfand ihn an ihrer Stelle. Ihr Schmerz war seiner.
Das erinnerte ihn …
Schlag mich. Schlag mich noch mal.
In Andelain hatten körperliche Schmerzen ihn zu sich gebracht, zumindest vorübergehend. Er hatte die Verbindung zwischen seinem Körper und seinem Verstand gestärkt.
Diesmal genügte der Gedanke daran, wie Linden leiden würde, wenn sie wieder zu Bewusstsein kam. Vitrim hatte ihm Kraft gegeben. Und er war der rechtmäßige Weißgoldträger. Er war indirekt von wilder Magie umgeben, die Esmer nicht blockieren konnte oder wollte.
Esmers Einfluss trotzend kehrte Thomas Covenant aus der Vergangenheit des Landes in die Gegenwart zurück.
In Esmers Blick stand sofort Betroffenheit. Er wich zurück, als fürchtete er, was der Zweifler geworden war.
Covenant, der Cails Sohn ignorierte, wandte sich von ihm ab. Seine Hände und Füße waren weiter gefühllos, tot. Aber sie waren nicht nutzlos. Linden verdankte er, dass er die Finger krümmen konnte. Im rechten Augenblick - wenn er ihn erlebte - würde er den Krill ergreifen und führen können.
Aber er brauchte Loriks Dolch nicht jetzt. Der Krill würde Sie, die nicht genannt werden darf, nicht aufhalten können. Dazu brauchte er andere Mittel.
Wie viel Zeit war vergangen? Das Übel hatte das Felsband noch nicht erreicht, aber es konnte zuschlagen, wann es wollte.
Hatte es die Veränderung in ihm wahrgenommen? Wollte es ihn zuerst ausschalten? Sah es in ihm ein Abbild des Ersten, der es verraten hatte?
Vielleicht. Das war denkbar. Er bezweifelte nicht, dass ihm noch Spuren dessen
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