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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ist…
    Du bist imstande, Schreckliches zu tun.
    Woher hatten der Egger und sogar die Gräuelinger gewusst, wie schlimm sie ihre Gefährten enttäuschen würde?
    Linden schüttelte den Kopf. Genug davon! Sie straffte die Schultern, näherte sich dem Krill und Covenants schlaffer Gestalt und versuchte erst gar nicht, ihr schweres Herz hinter einem Schleier aus Reue und Scham zu verbergen. Wenn sie die Schlange des Weltendes wirklich geweckt hatte, wollte sie die Konsequenzen erdulden, soweit das menschenmöglich war.
    Bhapa und Pahni wichen ihrem Blick aus - während Pahni sich an Liand klammerte und ihren Schock und ihr Entsetzen an seiner Schulter verbarg, betrachtete Bhapa angelegentlich das Gras vor seinen Füßen, als fürchtete er, unter Lindens Blick in Tränen auszubrechen. Der Verband über Mahrtiirs Augen hingegen war zu schmal, um seinen wilden Zorn verbergen zu können.
    Stave hatte seinen Gleichmut zurückgewonnen - oder ihn nie verloren. Seine Haltung war fragend, nicht ablehnend. Aber die anderen Gedemütigten waren weniger zurückhaltend. Unter ihrer vertrauten Dienstbarkeit ließ ihr Wunsch, sich auf Linden zu stürzen, sie erzittern. Covenant hatte die Haruchai angewiesen, sie, Linden, zu beschützen. Aber sie schienen nicht länger bereit zu sein, auf ihn zu hören. Die Ranyhyn hingegen hielten sich bereit, Linden erneut zu verteidigen. Als sie sich ihnen näherte, wieherte Hyn leise, sorgenvoll und resigniert, als machte die Stute sich Vorwürfe. Trotz allem, was Linden getan hatte, hielten die Pferde ihr weiter die Treue. Falls sie Infelizitas oder den Egger für das Schicksal des Landes verantwortlich machten, ließen sie es sich nicht anmerken.
    Doch von all ihren Freunden war es allein Liand, der sie ansah und mit ihr sprach. Jede Spur jugendlicher Würde war aus seinem Gesicht verschwunden und das Selbstbewusstsein als Steinhausener war verflogen. Den Sonnenstein hatte er in seinen Beutel gesteckt und ließ ihn auch jetzt dort. Linden hatte ihn noch nie so klein und mutlos gesehen. Die pechschwarzen Bogen seiner Augenbrauen unterstrichen seine Unsicherheit.
    Sie erwartete, dass er eine Erklärung, eine Rechtfertigung einfordern, ihr Vorwürfe machen würde. Er und alle anderen hatten sich dieses Recht verdient. Aber das tat Liand nicht. Stattdessen fragte er mit vor Mitgefühl heiserer Stimme: »Willst du ihn nicht heilen?« Er deutete hilflos auf Covenant. »Linden, die Schmerzen seiner Wiedergeburt zerreißen ihn. Er kann die Größe seines Geistes nicht bewahren. Und er leidet an einer weiteren Krankheit, die ich nicht verstehe, obwohl sie im Vergleich zu seinem gestörten Geist unerheblich zu sein scheint. Der Stab des Gesetzes liegt dort.« Liand zeigte auf den mit Eisen beschlagenen und mit Runen verzierten Ebenholzstab. »Willst du ihm nicht die Wohltat seiner Flamme gönnen? Er hat mehr erlitten, als ich mir vorstellen kann. Willst du seinen jämmerlichen Zustand nicht lindern?«
    Es lag kein Vorwurf in Liands Stimme, aber trotzdem schüttelte Linden den Kopf. Sie war zu bestürzt, und die Fertigkeit, überlegt zu handeln, kehrte erst allmählich zurück.
    »Findest du nicht«, hakte Liand nach, »dass ich schon genügend Schaden angerichtet habe?«
    Linden dachte nach. Covenant wurde von keiner Macht beschützt, die ihre Berührung hätte zurückweisen können, aber sie konnte seinen Geisteszustand nicht beeinflussen, ohne mit ihrem Gesundheitssinn in ihn einzudringen. Von ihm Besitz zu ergreifen. Vor langer Zeit hatte sie solche Dinge getan; seither wusste sie, dass dieses Eindringen so schlimm wie eine Vergewaltigung war. Außerdem konnte sie nicht voraussehen, wie irgendwelche Veränderungen von Covenants beeinträchtigter Transzendenz sich auswirken würden. Langjährige Erfahrung hatte sie gelehrt, dass jedes Bewusstsein, das sich nicht selbst heilte, vermutlich für immer gestört war. Und was dieses Thema betraf, hatten die Ranyhyn sie deutlich genug gewarnt. Sie hatten ihr gezeigt, wie es vermutlich enden würde, wenn sie Covenant ihren Willen aufzwang. Oder auch Jeremiah.
    Manche Übel ließen sich auf keine Weise so verdrehen, dass sie anderen Zwecken als ihren eigenen dienten. Manipulierte sie Covenant in diesem Zustand zu ihrem Vorteil, war sie nicht besser als der scheußliche Sukkubus, der sich an Jeremiahs Hals festgesaugt hatte. Vielleicht würde irgendein hartnäckiger Überlebenstrieb Covenant helfen, sich im Labyrinth seines von Rissen und Spalten durchzogenen

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