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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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konnte.
    Beruhigt wandte sich Linden wieder Infelizitas und dem Egger zu und richtete ihre Antwort an Stave und die Elohim: »Das macht mir keine Sorgen. Täuscht er sich und kann die Schlange nicht aufhalten, stirbt er wie wir alle. Aber vielleicht behält er recht. Er hat nicht so lange und angestrengt auf diese Sache hingearbeitet, nur um ein paar Tage lang eine inhaltslose Überlegenheit genießen zu können. Und ich werde meinen Sohn befreien. Ich kann nichts anderes bewirken, aber ich kann zumindest versuchen, seine Leidenszeit zu beenden und ihn noch einmal in den Armen halten, ehe die Schlange uns verschlingt. Wenn wir am Ende beide sterben müssen, so soll zumindest sein letzter Gedanke sein, dass ich ihn liebe.«
    Stave betrachtete Linden mehrere Herzschläge lang forschend, dann nickte er: »Dann bin ich zufrieden.«
    »Aber ich nicht!«, kreischte Infelizitas - ein seltener Gefühlsausbruch, der Linden an Esmer erinnerte. »Weißgoldträgerin, du bist die Fleisch gewordene Verwüstung. Deine Narretei ist zu groß, um anders bezeichnet zu werden. Begreifst du nicht, dass der Egger den Elohim ein Schicksal zugedacht hat, das weit schlimmer ist als bloße Vernichtung?«
    Noch ehe sie weitersprechen konnte, lachte der Egger verächtlich. »Du irrst dich, Elohim, wie es deine Gewohnheit ist. Habe ich erlangt, was ich begehre, bleiben du und deinesgleichen unbelästigt und können ihre Insolenz auf jede Weise ausleben, die ihnen gefällt. Ich werde siegen oder untergehen. Unterliege ich, bleibt eure Notlage unverändert. Siege ich, erhaltet ihr euren rechtmäßigen Platz im Leben auf der Erde zurück. Aus deinen Klagen spricht nichts als Engstirnigkeit und Selbstmitleid.«
    »Glaubst du etwa«, fragte Infelizitas hitzig, »dass dein Wort in solchen Dingen Gewicht hat? Das hat es nicht. Diese Sache ist nichts als eine komplizierte Schikane, die dir deine Wünsche erfüllen soll. Du bist sterblich, Insequenten Dein Menschenverstand kann den wirklichen Umfang deines aussichtslosen Unterfangens nicht ermessen.«
    Linden holte tief Luft, aber noch ehe sie Infelizitas und den Egger anweisen konnte, die Klappe zu halten, hörte sie Covenants Stimme.
    Die Flammengeister hatten ihn wiederbelebt. Während sein Kopf noch auf Mahrtiirs Schienbeinen ruhte, sprach er leise: kaum mehr als ein Hauch in der ruhelosen Nacht. Dennoch trug seine Stimme, als besäße er die Autorität, über das gesamte Tal zu gebieten.
    »Hat jemand von euch eine bessere Idee?«
    Linden fuhr herum, als hätte er die Hand ausgestreckt und sie am Arm gepackt. Die um ihn versammelte Menge war zurückgewichen, und die Flammengeister umtanzten ihn noch immer. Trotz der Entfernung zwischen ihnen sah Linden sein blasses Gesicht erschreckend deutlich. Weder Aliantha noch die Flammengeister hatten seine grundlegenden Defizite beseitigen oder seine Krankheit heilen können. Er glich weiter einem Invaliden, der zu gebrechlich war, um stehen zu können; vielleicht sogar zu geschwächt, um klar denken zu können. Mit ihrem Gesundheitssinn konnte Linden fast die Bruchlinien erkennen, von denen ausgehend Risse das Muttergestein seines Verstands durchzogen.
    Trotzdem behielten Covenants Gesichtszüge ihre zwingende Strenge. Fast erschien er ihr wie ein gefallener Prophet, der niedergestreckt worden war, noch ehe er das Schicksal des Landes verkünden konnte.
    Unter seiner weißen Mähne leuchtete einer Anklage gleich die Narbe auf seiner Stirn. Siehst du?, schien sie zu sagen. Dies ist meine Sterblichkeit. Mein Schmerz. Und du bist schuld daran.
    Während Linden ihn betrachtete, wanderte Covenants Blick von einem der Umstehenden zum anderen. Alle - selbst die Gedemütigten - schwiegen. Covenants Autorität hielt sie ebenso in Schach, wie sie die Atmosphäre des kleinen Tals beherrschte.
    »In diesem Fall …« Er schien sich seiner Sache trotz seiner Schwäche sicher zu sein. »… sollten wir die Führung Linden überlassen, denke ich. Sie kann diese Art Entscheidung treffen. Wir anderen können es nicht.« Er holte tief Luft und sammelte sich, ehe er hinzufügte: »Mhorham wäre damit einverstanden.«
    Aus Infelizitas’ Mund stieg ein verzweifelter Klagelaut aus der Senke hinaus in die Nacht; dann verschwand sie, als hätte Covenant sie verbannt; als wäre ihre Sache ohne die Unterstützung des Zeitenherrn verloren.
    Ein leises Lachen lenkte Lindens Aufmerksamkeit auf den Egger, dessen Züge beim Verschwinden der Elohim vor selbstgefälligem Triumph strahlten.

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