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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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gelegen, eher eine Art Ehrfurcht, die er vor ihr empfand. Er hatte sie über den gesamten Bogen der Zeit hinweg geliebt, und sie hatte sich die Fähigkeit erworben, über das Schicksal von Welten zu bestimmen.
    Getan, Zeitenherr?, hatte Infelizitas gefaucht. Sie hat die Schlange des Weltendes geweckt. Aber aus Infelizitas hatte er sich nichts gemacht; ihn interessierte lediglich das Schicksal ihres Volkes. … alle Elohim werden verschlungen werden. Unwillkürlich erinnerte er sich an seine eigenen Sünden, und sie erschienen ihm realer als die Menschen oder Lebewesen, die ihn umgaben.
    Obschon er unter keinen Umständen mit ihr hatte reden dürfen, hatte er Linden gesagt Vertrau auf dich selbst, Du brauchst den Stab des Gesetzes und Tu etwas Unerwartetes. Durch Anele hatte er sogar mit ihren Freunden gesprochen, deren Namen und Bedürfnisse nun bereits wieder in den Spalten seines Bewusstseins versickert waren. Und er hatte an Linden appelliert, ihn zu finden, hatte Linden entgegen aller Notwendigkeiten, die Erde und Land zusammenhielten, dazu getrieben, die unbeschreibliche Katastrophe seiner Wiederauferstehung zu ermöglichen.
    Noch immer begriff er nicht recht, was Lindens Gefährten taten. Seit seinem Hinscheiden war sein Verstand niemals auch nur eine Sekunde lang getrübt gewesen; jetzt aber bewegten Menschen sich aus Gründen, die ihn verwirrten.
    »Schänderin!«, brüllte einer der Haruchai und wollte sich auf Linden stürzen. Er hätte ihr mit einem einzigen Faustschlag den Schädel zertrümmern können. Aber ein anderer Haruchai - der Mann, der ein Auge verloren hatte - fing den Angreifer ab und zwang ihn mit einem Hagel von Fausthieben zum Rückzug.
    Auch die beiden anderen Haruchai wollten sich auf Linden stürzen, doch der erste von ihnen brach unter einem Ansturm der Ramen und des Steinhauseners zusammen, und der Hufschlag eines falben Hengstes der Ranyhyn traf den dritten Haruchai an der Brust und ließ ihn zurücktorkeln.
    »Ja!«, rief Kevin Landschmeißer. »Mordet sie! Sie hat den Tod verdient!«
    Aber Berek Halbhands machtvolle Stimme widersprach ihm: »Halt! Beherrscht euch, Haruchai! Zwischen dem Zeitenherrn und der Auserwählten gehen Dinge vor, die ihr nicht begreifen könnt. Damit habt ihr nichts zu schaffen!«
    »Diese Nacht ist heilig«, fügte Dameion Riesenfreund ruhiger hinzu. »Euer Streben ist unziemlich. Sogar mächtigere Wesen würden sich hier nicht einmischen.«
    Elena schien geweint zu haben. Caer-Caveral stand etwas von ihr entfernt, als wollte er sich von ihrem Unglück distanzieren.
    Und tatsächlich stellten die Haruchai ihren Angriff ein - vielleicht aus Respekt vor den Hoch-Lords, vielleicht aus irgendeinem persönlichen Grund.
    Covenant verstand das nicht. Er hätte leichter erklären können, weshalb die Flammengeister nicht interveniert hatten. Aber die Haruchai waren einfach zu menschlich und für die Verteidigung Andelains unentbehrlich. Trotzdem schwieg er weiter. Sein eingeschränktes Wahrnehmungsvermögen reichte für nichts und niemanden außer Linden aus.
    Auch sie bewegte sich jetzt, als hätte der Angriff der Haruchai sie aus ihrer Erstarrung geweckt. Jede Faser ihres Körpers schrie vor Schmerz und Zorn, als sie jetzt rasch auf ihn zutrat. Ihre Leidensgestalt schien über ihm aufzuragen, als sie den Arm hob, und als sie dann zuschlug, war er zu verwirrt, um den Kopf wegzudrehen oder sich zu verteidigen.
    »Zum Teufel mit dir!«, schrie sie, und das Leid in ihrer Stimme berührte ihn. »Warum hast du nichts gesagt? Du hättest es mir sagen können …!«
    Während Covenant vor Staunen über das vergessene Gefühl körperlicher Schmerzen nach Luft schnappte, sank Linden vor ihm auf die Knie, schlug die Hände vor das Gesicht, schluchzte und weinte, als risse eine unbekannte Macht sie mitsamt ihrer Wurzeln aus sich selbst heraus.
    Er kannte den Grund ihrer Qualen, und sie schmerzten ihn, aber was ihn endlich zu vollem Bewusstsein in seinem Menschenkörper brachte, war das feurige Brennen nach ihrem Schlag. Erstmals seit seinem qualvollen Tod und seiner Verklärung nahm er die sanfte Frische von Andelains Luft wahr, die ihm in der über den Hügeln liegenden Dunkelheit kühl und würzig erschien. Sie hätte beruhigend wirken sollen, aber das tat sie nicht.
    »Oh, Linden«, keuchte er leise. Obwohl er fürchtete, sie könne seine Berührung zurückweisen, versuchte er, die Arme um sie zu legen. Seine Bewegungen waren eingerostet, unbeholfen, schwach, fast

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