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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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überraschte, sie fast zusammenzucken ließ, wurden Covenants Pupillen klar. Er reckte das Kinn leicht vor, was seine strengen Züge und die Dringlichkeit seines grauen Blicks unterstrich. Noch ehe sie reagieren konnte, knurrte er unwillig: »Nein, verdammt noch mal!«
    Linden glaubte, aus seinem Tonfall barsche Zuneigung herauszuhören.
    »Nachdem du dir solche Mühe gegeben hast, mich wiederzuerwecken«, verkündete er, »musst du mich jetzt wenigstens mitnehmen. Ich bin vielleicht nicht sehr ansehnlich, aber du brauchst mich. Und ich brauche weiß Gott dich. Vorläufig bin ich noch zu verwirrt, um selbstständig handeln zu können. Nur du kannst es schaffen, mich zusammenzuhalten. Jeweils immer für ein paar Minuten. Und wir haben reichlich Zeit…«
    Die Meister reagierten prompt. Galt baute sich zwischen Linden und Covenant auf, als wollte er verhindern, dass sie den Zweifler für sich beanspruchte. Branl und Clyme packten Covenant von beiden Seiten am Arm.
    »Ur-Lord, nein.« Eine fast unterschwellige Andeutung von Gewaltbereitschaft beeinträchtigte Galts sonstigen Gleichmut. »Das werden wir nicht zulassen. Das dürfen wir nicht. Die Not des Landes erfordert, dass du bleibst.«
    Die Ramen waren spürbar angespannt, und auch Liands Herzschlag flatterte; die Schwertmainnir ballten die Fäuste. Doch niemand sprach oder bewegte sich. Auch Stave intervenierte nicht, obwohl er gewusst haben musste, was die Gedemütigten tun würden. Lindens übrige Gefährten schienen auf ein Zeichen von ihm oder Linden zu warten - oder von Covenant.
    …du brauchst mich.
    Linden schlug das Herz bis zum Hals. Covenants Worte lösten eine Flut von Emotionen aus, die ihre Verteidigungslinie einzureißen drohte. Ihr lag so viel daran, dass er sie begleitete, wie sie wollte, dass er in Andelain blieb. Bitte, versuchte sie zu sagen. Das brauchst du dir nicht anzutun. Aber ihre alte Sehnsucht nach seiner Nähe und seinem unwiderstehlichen Mut ließen sie schweigen.
    »Ihr habt unrecht«, erklärte der Zweifler Galt. »Habt ihr nicht zugehört? Ich habe es euch gesagt. Müsst ihr wählen, sollt ihr sie wählen.« Er wehrte sich nicht, aber aus seinem Tonfall sprach keine Zuneigung mehr. Seine Stimme klang rau, wie von der Schwierigkeit, seine auseinanderstrebenden Gedanken zu kontrollieren, aufgeschürft. »Ich weiß, dass ihr den Insequenten nicht traut. Das solltet ihr auch nicht. Aber ihr glaubt, weitere Verstöße gegen eure Verpflichtungen vermeiden zu können, wenn wir zu viert hierbleiben. Tut mir leid, das wird nicht funktionieren. Ab jetzt wird alles noch schlimmer. Wollt ihr mit darüber entscheiden, was anderswo passiert, müsst ihr euch die Hände schmutzig machen.
    Könnt ihr nicht sehen, dass ich zerbrochen bin? Wir sind alle irgendwie beschädigt. Zerbrochen oder verstümmelt. Bis ins Mark verletzt. Bleiben wir hier, können wir nichts heilen, nichts verhindern.«
    Galt trat nicht zur Seite; Clyme und Branl ließen Covenants Arme nicht los. Aber als Galt zu sagen begann: »Die Meister …«, quiekste seine Stimme, sodass er eine Pause machen und trocken schlucken musste. »Die Meister«, wiederholte er, »haben beschlossen, vorerst nicht über Linden Avery zu urteilen. In dieser Phase der Unsicherheit sollten wir Gedemütigten jegliche Entweihung verhindern. Dabei haben wir versagt. Erfahren unsere Stammesgenossen, was sich hier ereignet hat, werden sie uns verurteilen, wie wir uns selbst verdammen. Nun werden wir den Preis für unser Versagen bezahlen. Gehört dazu, dass wir uns deinem Willen entgegenstellen, Zweifler…« Ihm stockte erneut die Stimme. »Sind wir gezwungen, wegen unserer Überzeugung zu handeln, dass Linden Avery jetzt der Verderbnis dient… Dann werden wir tun, was getan werden muss, um eine weitere Schändung zu verhindern.«
    Vor endlos langer Zeit hatte Lord Foul Linden versichert: Die Haruchai dienen mir, wenn auch unwissentlich.
    »Höllenfeuer, Galt!«, erwiderte Covenant, ohne zu zögern. »Du hättest Cail begleiten sollen. Du hättest ihn mit dir reden lassen sollen.
    Habt ihr euch je die Mühe gemacht, euch zu fragen, weshalb Lord Foul und Kastenessen und der verdammte Egger und sogar mein verlorener Sohn es auf Jeremiah abgesehen haben? Seid ihr nie auf die Idee gekommen, dass er entscheidend wichtig sein muss? Ist euch nicht klar, dass die Tatsache, dass nicht einmal die Elohim ihn ausfindig machen können, bedeuten muss, dass hier Kräfte im Spiel sind, die ihr nicht verstehen könnt?

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